Andechs:Gefragte Bauern

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Landrat Roth wirbt beim Kreisbauerntag in Andechs bei den Landwirten dafür, Flächen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften bereitzustellen und sich aktiv an der Integration der Menschen zu beteiligen

Von Astrid Becker, Andechs

Landrat Karl Roth hat am Dienstag in Andechs den Bauern des Kreises eine gewichtige Rolle in der hiesigen Asylpolitik zugewiesen. Er nutzte den Kreisbauerntag im Klostergasthof dafür, erneut und mit Nachdruck an die etwa 140 anwesenden Landwirte zu appellieren, Flächen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften bereitzustellen und sich aktiv an der Integration der Menschen zu beteiligen, zum Beispiel damit, sie in ihren Betrieben zu beschäftigen.

Roth beging mit seinem Appell im Grunde eine Art Themaverfehlung. Denn diesmal sollte es eigentlich um die "Landwirtschaft in der modernen Medienlandschaft" gehen. Doch das Flüchtlingsthema überlagere derzeit einfach alles, sagte er in seinem Grußwort, - und eines trat dabei deutlich zutage: Das Landratsamt hat offenbar schwer zu kämpfen, um ausreichend viele Grundstücke für den Bau von Unterkünften zu bekommen. "Wir nehmen alles, was wir kriegen können", ist einer der häufigsten Sätze, die in diesen Tagen aus der Kreisbehörde zu vernehmen ist.

Diese Kühe sehen doch ganz drollig aus. Die Landwirte beklagen, dass Nutztierhaltung oft ungerecht kritisiert werde. (Foto: Franz X. Fuchs)

Doch selbst wenn Flächen gefunden werden, ist -so auch Roth am Dienstag - von "vier bis fünf" Grundstücken nur eines geeignet, um darauf Containeranlagen oder die geplanten landwirtschaftlichen Hallen zu errichten. Die Schwierigkeiten ergeben sich dabei offenbar nicht nur der Lage der Grundstücke wegen, sondern auch, weil es "manchmal schwierig ist, diese Flächen aus einem Förderprogramm herauszubekommen." Unterdessen sei davon auszugehen, dass auch in den kommenden Monaten nicht weniger als 53 Flüchtlinge pro Woche in den Kreis kämen, sagte der Landrat, die untergebracht werden müssten - immer im Einvernehmen mit den Kommunen. Roth nannte diesmal sogar zum ersten Mal öffentlich den Pachtpreis, den das Landratsamt für bereitgestellte Flächen bezahle: 30 Cent pro Quadratmeter pro Monat. "Bei 3000 bis 4000 Quadratmetern, die wir für 144 Menschen brauchen, zahlen wir also etwa 14 000 Euro im Jahr", warb er.

Roth dankte den Bauern aber auch für ihre tatkräftige Unterstützung, die sie bisher in diesem Punkt geleistet hätten und verband dies mit der Hoffnung, dass sich landwirtschaftliche Betriebe aktiv an der Integration von Flüchtlingen beteiligten - auch wenn ihm offenbar ganz bewusst ist, dass dies nicht in jedem Betrieb möglich sein wird: "Wir haben noch etwa 400 Betriebe und wissen, dass es bei vielen ohne 2. oder 3. Standbein nicht geht."

Der Landrat spielte damit vor allem auf die schlechten Preise an, die die Landwirtschaft heutzutage mit ihren Erzeugnissen erzielt. Doch die Bauern plagen seit Jahren nicht nur existenzielle Nöte, sondern fühlen sich wohl auch von den Medien nicht ausreichend und korrekt gewürdigt - wohl aus diesem Grund hatte man auch das Thema des diesjährigen Kreisbauerntags entsprechend gewählt. Neu daran war allerdings die Präsentation des Ganzen: Als Gastredner fungierten die Moderatorin von "Unser Land" im Bayerischen Fernsehen, Christine Schneider, und der niedersächsische Agrarstatistiker Georg Keckl, die sich nach ihren Vorträgen noch der Diskussion mit Detlev Steinert stellten, dem Chefredakteur des "dlz agrarmagazins".

In der Klostergaststätte in Andechs treffen sich die Landwirte aus dem Fünfseenland zum Kreisbauerntag. (Foto: Georgine Treybal)

Einige ihrer Aussagen dürften die Landwirte dann doch überrascht haben. Zum Beispiel bezog Schneider klar Stellung zur Rolle der Medien. Es sei nicht die Aufgabe von Journalisten, der Landwirtschaft ein positiveres Image zu verpassen: "Wir sind keine Marketingagentur." Keckl gewährte auf brillante, aber auch sarkastische Weise Einblicke in die Arbeitsweise von Journalisten, sparte dabei aber auch nicht an Kritik am Nachrichtenkonsumenten - zum Beispiel mit einem Zitat von Napoleon: "Das objektive Bild der Geschichte ist die Summe der Lügen, auf die sich die Gesellschaft nach 30 Jahren geeinigt hat." In einem Punkt waren sich Schneider und er dann einig: Wenn die Bauern von den Medien besser behandelt werden wollten, müssten sie selbst offener mit ihnen umgehen.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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