Camper in Andechs:Die Freiheit am Heiligen Berg

Lesezeit: 2 min

Der Campingplatz für Wohnmobile am Kloster Andechs ist sehr beliebt. Seit das Areal besseren Komfort bietet, müssen Urlauber einen Obulus zahlen. Das gefällt nicht allen. Ein Besuch

Von Lilly Werny, Andechs

Wilhelm Ploetz sitzt auf einem Campingstuhl in der Wiese. Er greift in die Saiten seiner Gitarre und stimmt ein Lied von Reinhard Mey an: "Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein..." Die Freiheit, das ist für Ploetz das Schöne daran, mit seinem Wohnmobil und seiner Frau Maie in Urlaub zu fahren. Eine Nacht verbringen die beiden auf dem Stellplatz am Kloster Andechs. "Man ist so ungebunden. Wenn es einem gefällt, bleibt man, wenn nicht, fährt man wieder", sagt Ploetz.

Die Leidenschaft für das Campen versteht auch Dominic Cloudt gut. Der 25-jährige Betriebswirt ist seit April Pächter des Wohnmobilstellplatzes am Kloster Andechs. Schon als Kind haben ihn seine Eltern zum Campen mitgenommen, später unternahm er auch alleine Touren. Früher war er auch schon in Andechs zu Gast. In Erinnerung geblieben sind ihm von jenem Stellplatz vor allem Probleme: Die Urlauber parkten kreuz und quer, entleerten ihre Toilettenabfälle und ihren Müll in der Natur und grillten mitten auf dem Parkplatz.

Heute sieht das anders aus: In einer Reihe stehen etwa 30 Wohnmobile auf dem Schotter-Parkplatz, etwa zehn Plätze sind noch frei. Die Fahrer tanken neues Wasser, entleeren ihre Toilette in der Abwasserstation und verteilen ihren Müll in die Papier-, Bio- und Restmülltonnen. Dafür müssen die Urlauber, ausgenommen Tagesgäste, seit diesem Jahr aber zahlen: Zwölf Euro kostet eine Nacht auf dem Stellplatz ohne Strom, 15 Euro mit. Enthalten ist ein Gutschein von 3,20 Euro für das Bräustüberl - doch ob man das auch nutzt? Ein Ehepaar aus Hessen verneint. Sie finden die Gebühr zu hoch und den Schotter-Parkplatz zu staubig. Ein bisschen mehr Grün wäre auch schön. Ihr Wohnmobil steht auf der grauen Seite des Stellplatzes, die an den großen Parkplatz am Fuß des Heiligen Berges grenzt. Die andere Seite des Stellplatzes säumen Bäume und eine Wiese, einen kleinen Kräutergarten gibt es auch.

Hier sitzt das Ehepaar Ploetz. Der Preis sei gemessen an den Serviceleistungen gerechtfertigt, finden sie. Strom, eine ordentliche Mülltrennung, frisches Wasser und die Entsorgungsstation für Chemietoilettenabfälle sind ihnen das Geld wert. Diese Dinge "sind sehr angenehm", sagen beide. Zum Bezahlen müssen die Camper ein Gerät bedienen, das wie ein gewöhnlicher Parkscheinautomat funktioniert. "Es ist alles sehr modern und sinnvoll", sagt auch Martin Niebauer.

Manches muss sich noch ändern, meint Cloudt selbst. Zum Beispiel soll es bald einen anderen Untergrund geben, vielleicht Rasen oder feinen Kies. Auch an der Beleuchtung müsse man noch arbeiten. "Mir ist wichtig, dass alle Parteien zufrieden sind" - damit meint er die Gäste, sich selbst, aber auch das Kloster Andechs. Mit Christian Rieger, dem kaufmännischen Leiter der klösterlichen Wirtschaftsbetriebe, funktioniere die Zusammenarbeit sehr gut. Man habe überwiegend positive Rückmeldungen erhalten, sagt Cloudt. Negatives Feedback für das neue Konzept kam vor allem von Gästen, die seit vielen Jahren nach Andechs kommen und vorher nie dafür zahlen mussten. "Man muss sehen, was hier investiert wurde", sagt er. Leben kann er nicht von der Arbeit, er leitet den Stellplatz nebenberuflich. Doch er ist davon überzeugt, dass sich das langfristig ändern wird. "Im August und im Juli hatten wir fast 20 Prozent mehr Besucher als in den vergangenen Jahren."

Am Parkscheinautomat scheint es Probleme zu geben: Ein Gast versteht nicht, wie das Gerät funktioniert. Cloudt ist schnell da und erklärt es ihm. Feierabend hat er noch nicht. Die anderen Camper genießen indes das schöne Ambiente. Und das Wetter soll auch besser werden.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: