Andechs:"Den Mönchen geht es um Qualität"

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Betriebsleiter Alexander Reiss präsentiert seine neueste Kreation. (Foto: Klosterbrauerei Andechs)

Das Weißbier sollte wie gewohnt nach Banane und Nelken riechen und die bekannte Bitterkeit haben, aber alkoholfrei sein. Der Andechser Braumeister Alexander Reiss erklärt, wie aufwendig die Produktion ist

interview Von Astrid Becker, Andechs

Weißbier liegt schon seit Langem im Trend. Eine Tatsache, die sich auch in den Verkaufszahlen der Klosterbrauerei Andechs niederschlägt. Auch dort rangieren die Weißbiere mittlerweile noch vor den Bockbieren. Nun wagen sich die Mönche aber auch noch an die Produktion von alkoholfreiem Weißbier. Vom 19. März an soll es auf dem Heiligen Berg ausgeschenkt werden und dann wenig später auch in den Handel kommen. Für eine Brauerei mit etwas mehr als 100 000 Hektolitern Bierausstoß ist dies recht ungewöhnlich - noch dazu, weil für die Entalkoholisierung ein Verfahren zum Einsatz kommt, das bei einem Mittelstandsbetrieb wie Andechs bislang weltweit einzigartig ist. Die SZ sprach darüber mit Braumeister Alexander Reiss.

SZ: Sie sind ganz schön wagemutig. Wie kamen Sie denn auf die Idee, nun alkoholfreies Weißbier zu brauen?

Alexander Reiss: Ach, die Idee reicht schon lange zurück. Sie müssen ja sehen, dass unsere letzten Produktinnovationen zwei Jahrzehnte zurückliegen - das war mit Abt Odilo Lechner Anfang der Neunzigerjahre das helle Weißbier, 1997 dann das dunkle Weißbier. Damals wurde viel diskutiert, ob denn ein Weißbier überhaupt zu einer Klosterbrauerei passt, die ja eigentlich für starke und untergärige Biere steht. So muss man sich das auch jetzt vorstellen: Wir Brauer sind für die Technologie zuständig, die Mönche allerdings entscheiden über Strategie und Konzept. Und da stellt sich natürlich die Frage, ob ein alkoholfreies Bier zu uns passt und auch für uns ökonomisch ist.

Nun allerdings wurden gleich mehrere Hunderttausend Euro genau in diese Sorte investiert.

Ja, aber genau das will gut überlegt sein. Wir sind ja keine Großbrauerei, die jeden Hype mitmachen kann. Beispielsweise Biermischgetränke - um sie herzustellen, brauchen sie spezielle Maschinen, die viel Geld kosten. Flacht so ein Trend dann nach zwei, drei Jahren ab, werden sich die Investitionen dafür nie amortisieren. Für Mittelständler, wie wir es sind, unmöglich. Also haben die Mönche sich viel Zeit gelassen mit ihrer Entscheidung, den Markt ganz genau beobachtet, bis dann klar war: Der Gesundheitsgedanke, die Fitness, die Alkoholkontrollen und viele andere Faktoren machen alkoholfreies Weißbier nicht nur vorübergehend, sondern nachhaltig interessant.

Sie setzen auf ein - im Bereich mittelständischer Brauereien - recht aufwendiges und vor allem bislang einzigartiges Verfahren. Warum?

Für uns war ganz klar eines wichtig: Wir wollten nicht irgendein alkoholfreies Weißbier brauen, sondern unser alkoholfreies Weißbier. Also eines, das wie unser normales Weißbier schmeckt, aber eben keinen Alkohol hat. Es sollte auch wie unser Weißbier riechen, nach ein wenig Banane und Gewürznelke, und es sollte das Bittere haben, das der Konsument von unserem Weißbier kennt. Das ist allerdings gar nicht so einfach hinzubringen, zumindest nicht so, wie wir uns das vorstellen. Es gibt ja verschiedene Verfahren.

Erklären Sie uns das doch bitte mal.

Grundsätzlich gibt es da zwei Wege: Entweder man lässt große Mengen Alkohol gar nicht erst entstehen, oder aber man entzieht ihn nachträglich. Bei ersterem wird die Gärung gestoppt - was man durch die Drosselung der Temperaturen im Gärtank erreicht. Der Nachteil daran ist aber, dass die Hefe nur kurz aktiv ist. Sie ist aber für Aromen verantwortlich, auf die wir nicht verzichten wollen. Diese Biere schmecken meist ein wenig süß - was daher kommt, dass diese Biere ja nicht durchgegoren werden. Die Alkoholbildung verringern kann man aber auch, indem man zum Beispiel bei höheren Temperaturen den Alkohol nachträglich verdampft. Aber auch hier würden uns zu viele Aromastoffe verloren gehen. Teilweise können diese Geschmacksstoffe dann nachträglich wieder zurückgeführt werden. Das wollten wir so aber auch nicht. Der andere Weg führt über die Umkehrosmose, mit der man Alkohol bei sehr niedrigen Temperaturen entzieht.

Und Sie haben sich dann für Umkehrosmose entschieden?

Ja, aber für die neueste Technologie in diesem Bereich. Bei der Umkehrosmose werden durch eine feine Membran Wasser und Alkohol dem Bier entzogen, während die Geschmacksstoffe weitestgehend drinbleiben. Was aber, vereinfacht gesagt, bedeutet, dass am Ende weniger alkoholfreies Bier dabei herauskommt, als am Anfang hineingeflossen ist. Normalerweise wird die fehlende Flüssigkeit dann wieder, ebenfalls vereinfacht gesagt, mit Brauwasser ersetzt. Das aber wollten wir auch nicht.

Und wie geht das nun bei Ihnen?

Wir nehmen es in Kauf, dass am Ende weniger alkoholfreies Bier herauskommt, was die Herstellung allein der Rohstoffe wegen teurer und aufwendiger macht. Denn wir brauen ja erst mal unser ganz normales Weißbier, dem wir eben dann den Alkohol mithilfe des Prinzips Umkehrosmose entziehen. Aber bei der Technologie, die wir nun anwenden, geschieht dies bei Temperaturen von weniger als zehn Grad Celsius. Durch diese niedrigen Temperaturen bleiben Aroma und die charakteristischen Eigenschaften unseres Weißbieres weitgehend erhalten. Allerdings dauert das Ganze: Wir schaffen so nur etwa fünf Hektoliter in der Stunde.

Ist das denn rentabel? Ja, das kostet schon Zeit, passt aber zu uns: Denn bei uns geht es zum Glück nicht um die Menge, sondern um Qualität. Dazu gehört auch, dass wir das Kohlendioxid, das bei der alkoholischen Gärung entsteht, dann aber beim Entziehen wieder verloren geht, über unsere eigene Kohlendioxid-Rückgewinnungsanlage wieder zusetzen können. Das ist nachhaltig. So ein Verantwortungsgefühl wird auch von den Leuten erwartet - gerade auch, weil wir eine Klosterbrauerei sind.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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