Andechs:Andechser planen für die Zukunft

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Im Rahmen einer Bürgerwerkstatt diskutieren etwa 90 Interessierte, wie die drei Ortsteile sich entwickeln sollen

Von Ute Pröttel, Andechs

An drei großen Tischen wird heftig diskutiert. Immer gut zwanzig Bürger drängen sich um eine großformatige Landkarte auf jedem Tisch, die die drei Ortsteile der Gemeinde Andechs abbilden. Es werden Flächen schraffiert, Wege eingezeichnet und Blitze gemalt, dort wo es Konfliktpotenzial gibt. Ganz so friedlich wie es scheint, war es anfangs allerdings nicht: Eine Handvoll Andechser hatte kurz zuvor den Saal des Erwin-Rauscher-Hauses unter Protest verlassen. Sie wollten sich nicht der Reihe nach in Dreiergruppen einteilen lassen. Fast wäre die Bürgerwerkstatt, zu der der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München Süd und die Gemeinde Andechs eingeladen hatten, daran gescheitert. Doch Susanne Bauer, Christian Schwander und Matthias Goetz vom Planungsverband ließen sich nicht beirren, sie bestanden auf der Gruppenarbeit. Und nachdem die Fronten geklärt waren, funktionierte diese auch gut. Etwa 90 Andechser waren nach Frieding gekommen, um sich Gedanken über die Zukunft des Ortes zu machen. Die Gemeinde hatte sie aufgefordert, Wünsche und Anregungen für die Überplanung des aktuellen Flächennutzungsplans zu äußern. Der Planungsverband nennt das "Entwicklungsziele erarbeiten".

Herbert Strobl findet gut, dass die Gemeinde die Bürger zur Ortsentwicklung befragt, hat aber Angst, dass zu wenige Alteingesessene ihre Meinung kund tun. Er stammt aus einer sehr aktiven Unternehmerfamilie im Ort. Deshalb plädiert der 39-Jährige dafür, dass genügend Gewerbeflächen für handwerkliche Betriebe eingeplant werden. Martin Kiesewetter ist sogar von Sachsenkam im Landkreis Bad Tölz herübergefahren. Der 45-jährige Physiotherapeut ist in Frieding aufgewachsen, musste als Junge jedoch mit der Familie Frieding verlassen, da die Eltern sich ein Haus schon Ende der 1970er Jahre nicht leisten konnten. "Frieding ist für mich gleich bedeutend mit einer glücklichen Kindheit. Ich habe hier noch Cousins und Cousinen, plane derzeit aber nicht zurückzukehren." Trotzdem findet er es sehr wichtig, dass auch in Zukunft der besondere dörfliche Charakter erhalten bleibt und "nicht ein moderner Starenkasten neben den anderen gestellt" wird.

Walter Kellner aus Erling kritisiert, dass der Flächennutzungsplan eine der größten Herausforderungen der Zukunft, die Energiewende weitestgehend ignoriert. Seit 2007 engagiert er sich beim Verein Energiewende Starnberg. Er vertritt die Meinung, dass ein Flächennutzungsplan sehr wohl die Nutzung von erneuerbaren Energien für neue Siedlungsgebiete festschreiben könnte. Auch die Frage nach dem Klimawandel und dem Verkehr steht im Raum. Das mögen übergeordnete Interessen sein und doch stellt sich in der Gruppenarbeit heraus, dass für eine zukünftige Umfahrung von Erling durchaus schon heute ein Korridor im Flächennutzungsplan freigehalten werden könnte.

Martin Stiller ist einer der jüngsten im Saal. Der 23-Jährige studiert Bauingenieurswesen und beobachtet amüsiert das offene Arbeiten der älteren Mitbürger an den Gruppentischen. "Ob das effizient ist, weiß ich nicht. In jedem Fall ist es richtig, den Planern zu zeigen, was erhaltenswert ist", sagt er.

Während den ganzen Nachmittag lang wild geplant und hitzig diskutiert wird, sammelt Bürgermeisterin Anna Neppel Kaffeetassen und Kuchenteller ein. Sie und ihre Stellvertreterin Christine Hirschberger sind zwar da, sie halten sich aber im Hintergrund. "Ich bin erstaunt, dass so viele Bürger Interesse an unserer Bürgerewerkstatt zeigen", sagt Neppel.

Die Ergebnisse der Bürgerwerkstatt werden von den Profis vom Planungsverband in den kommenden Tagen mit dem bestehenden Flächennutzungsplan abgeglichen. Im April wollen sie die Details in drei einzelnen Ortsteilversammlungen vorstellen.

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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