Stadt am Rand:Ernüchterung im Bierzelt

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Beim Keferloher Montag fordert Markus Söder eine Begrenzung der Zuwanderung

Von Martin Mühlfenzl, Grasbrunn

Eigentlich ist der Keferloher Montag, einst der größte Viehmarkt im Freistaat, ja ein Tag der Landwirte - und des Bieres. Und so erfahren Bauern und Brauer am Montagnachmittag im mit etwas mehr als 2000 Interessierten gefüllten Festzelt ihre Würdigungen. Letztere allerdings spart Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), der Alkohol ungefähr so schätzt wie die Grüne Claudia Roth, aus. Dafür hält er zu Beginn ein kurzes, entschlossenes Plädoyer für Bayerns Bauern: "Wir wollen keine Agrarmanager wie im Norden und Westen, sondern Landwirte."

Da bricht im Keferloher Festzelt das erste Mal Jubel aus. Den zweiten Begeisterungssturm erntet der Heimatminister, als er das derzeit bestimmende politische Thema mit der Landwirtschaftspolitik verknüpft. Söder, der - obwohl Franke - wie kaum ein anderer Gespür für die Bierzelt-Atmosphäre besitzt, kann das. Es dürfe doch nicht sein, sagt der Finanzminister, dass Landwirte an der Bürokratie nahezu erstickten und "Menschen seit einem Jahr ohne Nachweis ins Land kommen".

Schnell ist klar, dass ein Mann auf der Bühne steht, der sich selbst zu Höherem berufen fühlt. Dass sein Einzug ins Festzelt vom bayerischen Defiliermarsch begleitet wird, bezeichnet Söder als "Formfehler"; denn der stehe ja nur dem Ministerpräsidenten zu. Er selbst, sagt Söder, komme damit mental aber zurecht.

Erstaunlich ist indes, dass Söder einen Tag nach der heftigen Klatsche für die Merkelsche CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern die Kanzlerin nur am Rande attackiert. "Wer immer sagt, sein Kurs sei alternativlos, darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen einer Alternative für Deutschland zuwenden." Und: "Ein Weiter-so darf es nicht geben." Der Begriff "Obergrenze" aber fällt diesmal nicht. Vielmehr wiederholt Söder mantraartig, dass die unbegrenzte und unkontrollierte Zuwanderung "der falsche Weg" sei, dass Sicherheit der eigenen Bürger oberste Priorität habe. "Nicht zu wissen, wer im Land ist, geht nicht mit Sicherheit zusammen", sagt der Staatsminister.

Dann wird deutlich, wie ernst Söder seinen neu geschaffenen Teilzeitjob als Heimatminister nimmt. Die Menschen in Bayern, sagt er, "wollen nicht, dass ihr Land anders wird". Der Islam gehöre kulturgeschichtlich nicht zu Deutschland. Zu den Wahrheiten gehöre, dass die Integration schon heute in manchen Gegenden nicht gelungen sei: In westdeutschen Großstädten gebe es Viertel, in die man nachts nicht gehen sollte. "Inseln des rechtsfreien Raums", nennt sie Söder. In Bayern sei so etwas unvorstellbar. Hier investiere der Staat in die Sicherheit und die Polizei, in anderen Regionen der Republik würden Polizisten beschimpft.

Söder gelingt es aber, die Stimmung nicht zu überhitzen - trotz Kritik am Länderfinanzausgleich, an den Südeuropäern, die sich Reformen verweigern würden, und einer Erinnerung an die Vorfälle auf der Kölner Domplatte an Silvester. "Wer vor Gewalt flieht, dem Frieden angeboten wird und selbst Gewalt anwendet, hat hier keine Zukunft." Der Finanzminister erinnert auch daran, wie "verdammt gut" es den Deutschen - und gerade den Bayern - gehe. An dieser Stelle verweist er auch auf die enorme Hilfsbereitschaft, mit der die Bürger vor einem Jahr der Herausforderung des "Flüchtlingsstroms" begegnet sind. "Was humanitär geleistet wurde, war beeindruckend. Wir haben uns in der Welt gut präsentiert."

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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