Volleyball-Aufsteiger Unterhaching:Der Dirigent und das Monster

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"Er ist der Beste, definitiv": Hachings Spielertrainer Dejan Stankovic (Nummer neun) ist begeistert von Regisseur Georgi Topalov (Mitte). (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Bulgaren Georgi Topalov und Vasily Petrov machen den Drittliga-Kader der Hachinger Volleyballer noch stärker. Im Spitzenspiel gegen Niederviehbach deutet Topalov an, wieso ihn sein Trainer für den besten Zuspieler der Liga hält

Von Max Ferstl, Unterhaching

Georgi Topalov reißt lachend die Arme auseinander. Wie ein stolzer Fischer, der die Größe seines jüngsten Fangs veranschaulichen will, dreht sich Hachings Zuspieler zu seinen Kameraden. Soeben ist ihm eine schwierige Vorlage gelungen: Im Vorwärtslaufen hat er den Ball überraschend nach hinten manövriert und so den Block des TSV Niederviehbach genarrt. Aus dem Jubel spricht Selbstvertrauen. "Ich bin ein bisschen wie Zlatan Ibrahimovic", sagt Topalov am Sonntag nach Hachings 3:1-Sieg (25:12, 19:25, 25:21, 25:20).

Optisch hinkt der Vergleich mit dem schillernden Stürmer, der sich gelegentlich mit Gott gleichsetzt - Topalov trägt als einzige Extravaganz eine schlichte Kette. Doch er meint ja seine Art zu spielen, den festen Glauben, dass sein geplanter Spielzug der richtige ist: "Wenn ich diese eine Idee habe, dann bringt mich nichts davon ab", sagt er. Selbst, wenn sie nicht zündet.

"Ein Zuspieler muss so denken", glaubt Dejan Stankovic. Hachings Spielertrainer ahnte schon vor einigen Wochen, dass er in dem Bulgaren den vielleicht besten Zuspieler der Liga hinzubekommen hat. Inzwischen ist er sich sicher: "Er ist der beste, definitiv." Und, bei allem Selbstvertrauen: ein sympathischer Kerl. Das Team war schon erfolgreich, ehe Topalov vor fünf Wochen zum Kader stieß. Doch ein zweiter Zuspieler fehlte. Der junge Alexander Brandstetter schulterte die gesamte Last, die ihn am vierten Spieltag in einem hitzigen Spiel gegen Gotha fast erdrückte. Haching verlor zum bisher einzigen Mal in dieser Saison.

Im Gegensatz zu den anderen können Zuspieler Schwächen kaum kaschieren. Wackelt ein Annahmespieler, machen sich die Nebenleute breiter. Beim Zuspieler landet jeder zweite Ball, er muss das Spiel lenken. "Er ist der Kopf der Mannschaft", weiß Stankovic. Topalov ist zwar erst 23, hat aber bereits große Erfahrung: Er spielte in Schweden, Lettland, Kasachstan, und eine Zeit lang in Katar, wo das Einkommen hoch ist und der Wohlfühlfaktor niedrig. Eigentlich wollte er diese Saison in Belgien spielen, doch den Klub plagten finanzielle Probleme. Also rief er Mihai Paduretu an, Hachings Geschäftsführer, der noch immer einen Namen hat im europäischen Volleyball. Paduretu zögerte nicht, Topalov ist für einen Drittligisten ein großer Fang.

Mit viel Übersicht orchestrierte er Hachings Angriffe gegen den Tabellendritten Niederviehbach. Er variierte, leistete sich kaum Ungenauigkeiten, auch als die Partie Anfang des dritten Satzes hektisch wurde und die Ballwechsel fast an Tennis erinnerten. "Ihn stört das nicht", lobte Stankovic. "Er macht auch aus schlechten Bällen viel."

Ein Beispiel aus dem vierten Satz: Diagonalspieler Jan Danielowski baggert einen leichten Ball über das Netz, die Zuschauer stöhnen, weil sie einen Fehler vermuten. Da windet sich Topalov schnell neben der Seitenlinie unter dem Netz hindurch, und befördert den Ball in hohem Bogen zurück - Haching holt kurz darauf den Punkt.

Die Hachinger haben nun gegen die Rivalen Deggendorf und Niederviehbach gewonnen und führen die Tabelle weiter an. Die Verfolger sind sich einig: "Der erste Platz geht nur über Haching", glaubt Daniel Kosnar, Niederviehbachs Trainer. "Das sind beinahe Profis: Zweitliga-Niveau, mindestens." Paduretu nennt das Team lieber "leistungsorientiert", weil die Spieler arbeiten oder studieren. Die Konkurrenz sei zudem noch in Schlagdistanz: "Wir sind Mitfavorit, aber wir müssen nicht unbedingt aufsteigen." Paduretu weiß freilich, dass kein anderes Team ähnlich hochkarätig besetzt ist. Ein Talent wie Brandstetter muss sich seine Chance deutlich härter erarbeiten als anderswo. Paduretu glaubt: "Meister wird der, der die beste Bank hat."

So gesehen sind Hachings Chancen kürzlich erneut gewachsen. Da kam Vasily Petrov, Mittelblocker. Der Bulgare, der am Sonntag verletzt fehlte, ist 2,15 groß. "Er ist ein Monster", sagt Topalov, der den Kontakt herstellte. Beide spielten zusammen in Sofia, nun teilen sie sich eine Wohnung. "Er wird dem Team weiterhelfen." Topalov streckt einen Arm aus, zur Decke, wo ein Plakat mit den Erfolgen der goldenen Zeit hängt: "Das Potenzial hier ist so groß."

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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