Volitigerverein Ingelsberg:Atemberaubende Akrobatik

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Die Ingelsberger Voltigiererinnen freuen sich über ihre Auszeichnung. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Junior-Team übt sich im Titelsammeln: Die Athleten sind oberbayerische Meister und seit eineinhalb Wochen auch Deutsche Meister. Im Herbst wird hoch zu Ross um die Weltmeisterschaft geturnt

Von Karin Kampwerth

Gut, dass sie nicht ihre Pferde Lazio und Adlon mit zur Talentiade-Preisverleihung gebracht haben, sondern nur einen mit rotem Samt bezogenen Holzbock. Der nämlich ist für die atemberaubende Akrobatik, mit der das Juniorteam des Voltigiervereins Ingelsberg das Publikum begeistert, ein wenig zu groß geraten - oder die Decke des SZ-Konferenzsaales ein wenig zu niedrig. Doch die Ingelsberger lassen sich von kleinen Widrigkeiten nicht den Spaß an ihrem Sport nehmen: Kurzerhand werden die vier Stahlbeine um je ein Glied gekürzt. Was die sechsköpfige Teamauswahl dann an turnerischen Meisterstücken präsentiert, lässt manchen Besucher bei der Vorstellung, dass das im Wettkampf auf einem galoppierenden Pferd geschieht, nicht nur wegen der sommerlichen Temperaturen nach Luft schnappen.

In seiner Laudatio hat SZ-Sportredakteur Andreas Liebmann das Publikum allerdings schon auf Höchstleistungen der Voltigierer vorbereitet, zu denen Julia Sperl, Louisa Hölzl, Lisa Ostermaier, Caro Wenzel, Gregor Klehe, Carlotta Wolf, Elena Thauer, Noelle Dogan und Trainer Alexander Hartl gehören. "Nicht alle Talentiade-Gewinner legen eine Weltkarriere hin", sagt er. "Die Ingelsberger schon." Teams aus der Talentschmiede, die ihr Zuhause auf dem Haglhof in Vaterstetten hat, wurden bereits dreimal Weltmeister und einmal Europameister. Und es ist gerade etwas mehr als eine Woche her, da haben die Talentiade-Gewinner in Krumke in Sachsen-Anhalt den Deutschen Meistertitel geholt. Nicht nur das: Mit dem Gewinn des Wettkampfes lösten die Ingelsberger gleich das Ticket zur Weltpremiere einer U-18-WM im Herbst in den Niederlanden mit. Gregor Klehe, der einzige Junge im Team, sicherte sich mit dem Vizemeister-Titel im Einzel darüber hinaus einen Startplatz in dieser Disziplin.

Dass die Ingelsberger, deren Name noch aus ihrer Gründerzeit 1983 auf einem kleinen Reiterhof im gleichnamigen Zornedinger Ortsteil stammt, dort erfolgreich abschneiden können, daran zweifelt beim Festabend am Mittwoch wohl niemand angesichts der Akrobatik aus anmutigen Figuren, gewagten Pyramiden und halsbrecherischen Sprüngen. Viel Lob gibt es dafür auch von Rodel-Weltmeisterin Natalie Geisenberger, die den Talentiade-Preis an die Ingelsberger verlieh. "Ich bin ein Fan, ich habe als Kind auch einmal voltigiert", sagt die sympathische Sportlerin.

Ganz ungefährlich ist Voltigieren natürlich nicht, vor allem für die Jüngsten und Leichtesten, die so genannten Obermänner, geht es auf dem Pferd hoch hinaus. In bis zu fünf Metern Höhe werden sie gelupft, gewirbelt und gedreht. "Aber wir fallen eh fast nie runter", beruhigte die Kleinste im Team, Noelle Dogan, im Sieger-Interview.

Dass alles verletzungsfrei klappt, daran haben die Pferde freilich einen wesentlichen Anteil, sagt Dörte Klehe, die nicht nur Sohn Gregor bei seinem für einen Jungen eher außergewöhnlichen Sport unterstützt, sondern auch die Karriere ihrer Tochter als Voltigiertrainerin fördert. Im Juniorteam ist Dörte Klehe für die Turniervorbereitung der Pferde zuständig. Derzeit ist das Adlon, auf dem die erste Turniermannschaft 2008 den Weltmeistertitel und ein Jahr zuvor die Goldmedaille bei den Europameisterschaften geholt hat. Und Lazio, ein dänisches Warmblut, der "wie ein Uhrwerk" läuft, so die Meinung der Ingelsberger. Was darunter zu verstehen ist, erklärt Dörte Klehe: "Das Pferd muss gleichmäßig galoppieren und darf keinen runterbuckeln."

So ein weiteres tierisches Talent wollen sich die Ingelsberger zur Entlastung ihrer beiden Stars suchen. Der Talentiade-Preis bringt den Verein, dessen Sportart zu jenen gehört, die die Athleten sicher nicht reich machen, ihrem Ziel ein wenig näher. "Man kann da schon richtig viel Geld ausgeben", räumt Dörte Klehe ein. Die Ingelsberger allerdings werden ein Pferd kaufen, das zwar eingeritten, aber nicht für den Voltigiersport ausgebildet ist. "Das machen wir selber, da wissen wir, was wir haben", sagt die engagierte Mutter.

Trainer Alexander Hartl kann übrigens bei der Preisverleihung nicht anwesend sein. Hartl, ebenfalls bereits mit einem Weltmeistertitel ausgestattet, trainiert auch die erste Mannschaft des Vereins. So auch am Mittwochabend, denn das nächste Turnier steht an.

Die Ingelsberger, besonders die Mädchen, hätten an diesem Abend ohnehin keine Augen für Hartl gehabt. Sie sind begeistert, Sportstars wie Natalie Geisenberger und natürlich Felix Neureuther und Yasin Ehliz zu treffen. Der Talentiade-Titel sei aber auch eine richtig tolle Sache. Nur an so viel Erfolg wie in diesen Tagen, "da müssen wir uns erst noch dran gewöhnen", sagt Louisa Hölzl.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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