Theresa Stoll:"Sie bringt mich runter, wenn ich Panik mache"

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Gut im Griff: Großhaderns Judotalent Theresa Stoll (re.) bezwingt ihre Berliner Gegnerin Johanna Müller im DM-Finale von Hamburg nach Punkten. (Foto: Erik Gruhn/oh)

Die neue deutsche Judo-Meisterin vom TSV Großhadern über Uchi-Matas, Griffkampf und die Konkurrenz zu ihrer Zwillingsschwester Amelie

Interview von Sebastian Winter

Zur SZ-Talentiade erschien Theresa Stoll 2011 im schwarzen Abendkleid. Damals war die Preisträgerin gerade 15 Jahre alt, eine große Nachwuchshoffnung von Großhaderns Judoka, die von Titeln bei den Erwachsenen träumte. Bei der deutschen Meisterschaft ist Stoll, 20, am vergangenen Sonntag nun Erste geworden. Bei den Erwachsenen. Ihre Ziele? Noch mehr Titel - auch international.

SZ: Deutsche Judo-Meisterin in der Klasse bis 57 Kilogramm: Sind Sie am Sonntag in Hamburg denn gleich noch auf die Reeperbahn zum Feiern gegangen?

Theresa Stoll: Nein, nein, das war alles etwas schwierig. Der Wettkampf ist ja erst Sonntagabend zu Ende gegangen, direkt danach sind wir mit dem Auto nach München gefahren, mit einer kurzen Essenspause an einer Raststätte, weil ich um 8 Uhr schon wieder in die Uni musste. Die Feier haben wir nach hinten verschoben.

Es ist Ihr erster DM-Titel bei den Frauen. Haben Sie mit einem solchen Erfolg gerechnet?

Na ja, ich habe mir jetzt nicht konkret gesagt, ich möchte deutsche Meisterin werden. Aber eine Medaille war schon mein Ziel. Dass es dann so gut läuft, hat mich sehr überrascht. Ich hatte vorher ja viel zu tun mit dem Medizinstudium, gerade ist Prüfungsphase im ersten Semester, Anatomie und Histologie. Die DM bin ich daher eher als schöne Abwechslung angegangen.

Eine Abwechslung, die Sie ins Finale führte. Ihre Gegnerin, die Berlinerin Johanna Müller, bezwangen Sie dann mit Waza-Ari, der zweithöchsten Wertung.

Wir haben zum zweiten Mal gegeneinander gekämpft, vor drei Jahren hatte sie mich bei einer DM noch bezwungen. Ich bin relativ entspannt in den Kampf gegangen, hatte ein gutes Gefühl. Dann habe ich sie mit Uchi-Mata, also einem Fußhebewurf, zu Fall gebracht und den Punktevorsprung über die Zeit gerettet.

Ihre Teamkollegen Julian Kolein und Robert Barwig wurden Zweiter und Dritter, für Ihre Zwillingsschwester Amelie Stoll lief es nicht ganz so gut, sie landete auf Platz fünf. Gönnt sie Ihnen den Erfolg trotzdem oder herrscht dafür im Hause Stoll ein zu großer Konkurrenzkampf?

Der fünfte Platz war schade für sie, aber was soll man machen: Bei uns zweien ist automatisch immer eine besser, weil wir in derselben Gewichtsklasse starten. Das ist der einzige Nachteil, aber ansonsten motivieren und unterstützen wir uns immer gegenseitig. Wir kennen uns in- und auswendig, trainieren zusammen, wärmen uns vor Wettkämpfen gemeinsam auf. Wenn man dann schlechter war und weiß, die andere hat gewonnen, dann ist das auch ein kleiner Trost.

In Hamburg mussten Sie nicht gegeneinander kämpfen. Standen Sie sich vorher schon oft auf der Matte gegenüber?

Früher ganz oft, mittlerweile aber kaum mehr. Ein- oder zweimal habe ich kürzlich gewonnen, viel öfter haben wir auch nicht mehr gegeneinander gekämpft.

Wie würden Sie sich beide beschreiben, auch was den Kampfstil angeht?

Amelie ist eher der Ruhepol, sie bringt mich immer runter, wenn ich mal wieder Panik mache. Wir haben unterschiedliche Spezialtechniken, unser Kampfstil ist auch anders. Meine Stärke ist der Griffkampf, also den Gegner blitzschnell mit den Händen zu packen. Amelie ist speziell beim O-Uchi-Gari stark, einem Beinwurf. Sie sucht auch mehr Körperkontakt als ich.

Bei der Junioren-WM sind Sie im vergangenen Herbst Fünfte geworden, jetzt der DM-Titel. Die Spiele in Rio kommen wohl dennoch zu früh. Wohin führt Sie also Ihr Weg im Olympiajahr?

Es ist ja auch mein erstes Jahr bei den Frauen. In diese Altersklasse möchte ich zunächst mal hineinrutschen, denn zu den Frauen ist es auch international von der U21 noch ein gewaltiger Schritt. Dann bei internationalen Turnieren wie den European Cups Medaillen gewinnen und bei Grand Prix starten. Im Herbst steht noch die U23-EM an. Und in vier Jahren die nächsten Olympischen Spiele, die sind auf jeden Fall ein Ziel von mir.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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