Tennis Herren 30:Entspanntes Nachreifen

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Bis der Ellbogen schreit: Alexander Waske sagt, "ich bin heute ein besserer Spieler - von der Grundlinie". (Foto: Claus Schunk)

In der Senioren-Bundesliga erfahren die ehemaligen Profis Waske und Uebel eine späte Steigerung in ihrem Spiel

Von Matthias Schmid, München

Alexander Waske klopft mit seiner linken Faust auf den Ellbogen seines rechten Schlagarms. Einmal, zweimal, dreimal tut er das. "Ich merke, wie die Muskulatur immer mehr zumacht und sich verhärtet", sagt der Tennisspieler. Waske steht vor dem Klubhaus des MTTC Iphitos. "Setz' dich schon mal, ich lade dich zum Essen ein", sagt Waske zu seinem Athletiktrainer, der am Sonntag extra aus Offenbach nach München angereist war.

Der ehemalige Profi Waske überlässt auch nach seiner aktiven Karriere nichts dem Zufall. Um sich auf die Bundesligarunde der Herren 30 vorzubereiten, hat der 40-Jährige seit Februar gewissenhaft einen Fitnessplan abgearbeitet. Die Plackerei hat sich gelohnt, so viel steht fest. Im ersten Heimspiel des MTTC gewann er beim 7:2-Sieg gegen den SC Frankfurt sein Einzel gegen Jakub Zahlava 6:1, 6:2. "Ich habe super gespielt, das hat richtig Spaß gemacht", sagt Waske. Er ist zufrieden.

Nur sein Arm schmerzt danach. Viermal lag er schon auf dem Operationstisch, um sich das lädierte Gelenk von den Ärzten zusammenflicken zu lassen. "Es geht mir gut", sagt Waske, "nur nach Belastungen schreit mein Ellbogen ein bisschen."

In dieser Hinsicht waren die 150 Aufschläge am Vortag sicher nicht hilfreich, doch was tut man nicht alles, damit Tommy Haas retournieren kann. Waske, Gründer und Chef der Schüttler-Waske-Tennisakademie in Offenbach, ist auch Trainer des ehemaligen Weltranglistenzweiten, der sich in diesen Tagen in Form bringt für seine Rückkehr auf die Profitour nach einjähriger Pause wegen seiner vierten Schulter-OP. Beim Rasenturnier in Stuttgart nächste Woche will Haas wieder antreten. Obwohl er sich zurzeit in München aufhält, verzichtete er darauf, am Sonntag seinem Trainer am Aumeisterweg zuzuschauen. Er weiß auch so, dass dieser noch ordentlich spielt. "Ich bin ein besserer Tennisspieler als zu meinen aktiven Zeiten", behauptet Waske sogar und fügt nach einer Kunstpause hinzu: "von der Grundlinie".

In der Tat war es erstaunlich, wie gut er gegen Zahlava, den Cheftrainer seiner Akademie und ehemaligen Top-200-Spieler, den Ball traf. Wuchtig aufschlagen und gefühlvolle Flugbälle spielen konnte Waske schon immer, er war im Doppel stets stärker als im Einzel, wo er es immerhin bis auf Rang 89 der Weltrangliste geschafft hat. Aber erst nach seinem Karriereende vor drei Jahren begann er, seine Grundlinienschläge präziser und härter zu treffen. Manche Zuschauer am Sonntag waren so überrascht davon, dass sie ihre Mobiltelefone zückten und seine Schläge filmten, andere wiederum raunten: "So gut hat der früher nicht gespielt." Ein Phänomen, das häufiger zu beobachten ist.

Auch der ehemalige Weltklassespieler und dreimalige Davis-Cup-Sieger Carl-Uwe Steeb, der seine Rückhand als Profi meist als Slice, also mit viel Unterschnitt spielte, begann erst anschließend die Rückhand mutig durchzuschwingen. Auch Lars Uebel stellt fest, dass "manche Dinge einfacher gehen, seit ich meine Karriere beendet habe". Uebel ist Mannschaftskollege von Waske bei Iphitos und gewann gegen Frankfurt ebenso sein Einzel. Er trainiert mittlerweile die bayerischen Tennisprofis Matthias Bachinger und Peter Gojowczyk. "Ich treffe heute bessere Entscheidungen auf dem Platz als früher und ziehe aggressiver durch", gibt Uebel zu, "weil ich weniger angespannt bin." Und das, obwohl er kaum noch trainiert. Nur einmal hatte er vor der Bundesligarunde Zeit gefunden, um mal ein Match zur Übung zu spielen. Ansonsten schlägt er hauptsächlich locker ein paar Bälle mit Bachinger und Gojowczyk. Sätze spielt er gegen sie nicht, "außer vielleicht mal einen Elfer ohne Aufschlag von der Grundlinie." Aber trotz fehlenden Trainings will der ehemalige Weltranglisten-242. ebenso wenig auf richtige Matches verzichten wie Waske. "Es ist schön, diese Anspannung in den Punktspielen wieder zu spüren", sagt der 34-Jährige.

Anders als sein Teamkollege hat er sich freilich nicht die Mühe gemacht, nach dem Karriereende seine Technik noch einmal neu zu erlernen. Waske nahm seine Grundschläge auf Video auf und änderte Kleinigkeiten an der Ausführung, weil er beim Bemühen um bestmögliche technische Unterstützung für seine Schüler merkte, dass er selber viel falsch gemacht hatte. "Ich will ihnen schließlich ein gutes Vorbild sein", sagt Waske.

Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum er so intensiv geübt hat: seine große Klappe nämlich. Seine hochbegabten Jugendlichen, 17 Jahre alt, beginnen allmählich damit zu prahlen, dass sie ihn schlagen würden in diesem Jahr. Er habe natürlich dagegengehalten, erzählt Waske. "Aber ich müsste jetzt gegen sie spielen, solange ich noch so gut in Form bin." Denn nach der Bundesligarunde wird ihm der Ansporn fehlen, sich zu quälen. Er wird sich dann wieder etwas gehen lassen, viel essen, wenig Sport. "Ich kann nicht nur zum Spaß trainieren", sagt Waske, "selbst im Urlaub beim Beachvolleyball muss es bei mir um etwas gehen." Und das beste Training ist immer noch der Wettkampf.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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