Meisterliche Schwestern

Alles begann mit einem Weihnachtsgeschenk: einem gebrauchten Einrad, an dem die Zwillinge Lea und Sophie Unz sofort Gefallen fanden. Sie übten und verbesserten sich schnell, mit neun Jahren nahmen sie an ihrem ersten Wettkampf teil, mittlerweile haben die 16-Jährigen für den TSV Gilching-Argelsried (Landkreis Starnberg) diverse Welt-, Europa- und deutsche Meistertitel eingeheimst. Und haben Verstärkung aus der eigenen Familie: Auch die drei Jahre jüngeren Schwestern Saskia und Linda - ebenfalls Zwillinge - haben schon erste Plätze bei Welt- und Europameisterschaften gewonnen.

Die Titelsammlung des Quartetts ist zu lang, um sie detailliert aufzulisten. Möglicherweise wird sie das fünfte Kind der "Unzis", wie sich die Familie selbst gerne nennt, künftig noch verlängern, denn auch die sechsjährige Elina ist - wen wundert's - seit zwei Jahren begeisterte Einradfahrerin. "Als Familie können wir leider nur selten planen", sagt Papa Stefan Unz, "das ist gerade an Wochenenden sehr schade. Aber unsere Mädels sind so begeistert von diesem Sport. Da wollen wir sie unterstützen."

Stefan Unz ist seit einem Motorradunfall im Jahre 1997 querschnittsgelähmt. Er ist Rollstuhltänzer beim USC München. Mama Julia Unz war Hockeyspielerin, bringt also ebenfalls Affinität zum Wettkampfsport mit. Sie schneidert auch die Kostüme für die Auftritte: "Meine Eltern haben sich damals wenig um meinen Sport gekümmert", sagt sie, "das fand ich schade." Julia und Stefan Unz sind mittlerweile gut in die Einrad-Szene integriert, helfen bei der Musikauswahl oder der Zusammenstellung der Kostüme. Die Wettkampfpalette im Einradfahren ist breit gestreut: Freestyle, Trial - also das Springen über alte Autos oder Kisten -, Langstrecke, Sprint, Geländefahren, Hoch- und Weitsprung zählen zum Angebot.

Stellvertretend für das Quartett berichtet Linda Unz, wie viel Spaß ihnen die Wettkämpfe machen. Sie erzählt von tollen Reisen etwa 2014 zur WM nach Kanada oder 2015 zur EM in den Niederlanden. Julia Unz blieb während des Kanada-Trips mit den Jüngsten im heimischen Windach am Ammersee. Papa Stefan reiste mit. Er hatte zuvor nach günstigen Quartiere gesucht, schließlich bestritt die Familie den Wettkampftrip aus eigener Kasse. Und in der Halle war er dann immer wieder mal als Motivator, Betreuer oder auch Mechaniker beschäftigt. Auch die Mädchen selbst hatten zur Aufstockung des Etats beigetragen: Sie verzichteten ein Jahr auf Geschenke und sogar - für ihre Generation definitiv ungewöhnlich - auf neue Handys.

Für ihre Erfolge trainieren die Schwestern fast täglich und sind dankbar, wenn sie die Schulturnhalle ihrer Heimatgemeinde auch zusätzlich zum zweimal wöchentlichen Vereinstraining nutzen dürfen. "Das erspart lange Anfahrtswege", sagt Julia Unz. Die Hausaufgaben, das räumen die vier freimütig ein, werden auch mal im Schulbus erledigt. Lea und Sophie Unz besuchen die zehnte Klasse des Landsberger Ignaz-Kögler-Gymnasiums, zum nächsten Schuljahr wechseln sie ins TUM-Kolleg nach Gauting. Saskia und Linda gehen in Landsberg in die siebte Klasse.

Die beiden Zwillingspaare sind übrigens auch schon gemeinsam aufgetreten - unter anderem gewannen sie 2016 in Nürmbrecht die deutsche Kleingruppen-Meisterschaft. Die Idee entstand, als den Größeren ihre Kostüme zu eng geworden waren und neue geordert werden mussten. Zwei Vereinsauftritte hatten sie auch schon mit Elina als Fünfergruppe. Auch über Fernseherfahrung verfügen die "Unzis": Beiträge über sie liefen im ARD-Mittagsmagazin und in der Sendung "logo". Für Julia Unz steht außer Frage, dass der Sport der Entwicklung ihrer Töchter sehr geholfen hat: "Sie sind extrem selbständig geworden."