SZ-Talentiade:"Der Preis hat mich riesig gefreut"

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Die Biathletin Hannah Schlickum vom SC Hochvogel München zählt zu den größten Talenten und hat jetzt denselben Trainer wie ihr großes Vorbild.

Von Ralf Tögel

Am 1. Juni sind die Würfel gefallen, die Fachjury - bestehend aus Horst Sigl, Leistungssport-Referent des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV), Bernhard Slawinski, Münchens Kreis-Vorsitzender des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) und Arno Hartung, Geschäftsführer der Dr.-Ludwig-Koch-Stiftung - hat neun Sportler und Vereine gekürt, die im Rahmen der 9. Talentiade, dem Nachwuchspreis der Süddeutschen Zeitung für junge Sportler, für ihr Engagement ausgezeichnet und von der SZ vorgestellt werden.

Wo Hannah Schlickum davon erfahren hat, dass sie zu den neun Preisträgern der SZ-Talentiade zählt? "Beim Training", erzählt ihre Mutter, das "natürlich" schenkt sie sich. Und weil Sina Brübach-Schlickum ihre Tochter ausnahmsweise einmal nicht selbst zum Üben nach Kaltenbrunn bei Garmisch-Partenkirchen chauffiert hatte, rief sie diese gleich an. "Das hat mich riesig gefreut", sagt die 15-Jährige, für die der Preis eine weitere Bestätigung auf ihrem Weg zur Spitzen-Biathletin ist. Die Mama hatte die Neuigkeit recht schnell erfahren, "ich war schon sehr neugierig", gibt Sina Brübach-Schlickum gerne zu. "Ich wusste ja, dass die Jury am 1. Juni tagt, also habe ich gleich am nächsten Tag nachmittags ins Internet geschaut und tatsächlich war die gute Nachricht von der SZ dann schon online zu finden." Auch die Gratulation von Hannah Schlickums Heimatverein SC Hochvogel München, wo sie Langlauf trainiert, ließ nicht lange auf sich warten.

Es sind aufregende Tage für die hoch talentierte Biathletin, nicht nur wegen der SZ-Auszeichnung. Vor einer Woche hat Hannah ihr erstes Kleinkalibergewehr bekommen, das auch den Sprung von der Schüler-Altersklasse in die Jugend dokumentiert, die Schüler schießen beim Biathlon mit einem Luftgewehr. Weil Biathlon-Trainerlegende Bernhard Kröll, der nahezu alle Topathletinnen von Uschi Disl über Martina Glagow und Magdalena Neuner bis hin zu Miriam Gössner und Laura Dahlmeier geformt hat, im Pfingsturlaub weilte, blieb es seinem Co-Trainer Albert Neuner, der Großcousin von Magdalena Neuner, vorbehalten, ihre Waffe zusammenzubauen. Die hat im Übrigen die Oma spendiert, immerhin 3000 Euro muss man für so ein Gewehr hinlegen. Selbstverständlich wurde sie umgehend am Schießstand ausprobiert: "Ich habe von den ersten 20 Schuss nur einmal nicht getroffen", erzählt Hannah freudestrahlend, "ich war schon zufrieden." Der Trainer auch, ist anzufügen, er sprach von einem guten Schussbild.

Es ist ein rasanter Weg nach oben, den Hannah Schlickum hinter sich hat, und ein Ende ist nicht in Sicht. Bei einem Weltcup-Rennen in Ruhpolding wurde sie mit dem Biathlon-Virus infiziert, das war vor vier Jahren, und fortan stand für sie fest: "Das will ich auch einmal machen." Im Sommerbiathlon ist die Gymnasiastin in Deutschland in ihrer Altersklasse bereits ganz oben angekommen, fünf Mal hat sie die nationale Meisterschaft gewonnen. Der Fokus aber liegt ganz klar auf der winterlichen und damit deutlich populäreren Variante, bekräftigt die 15-Jährige entschieden. Dort ist sie mittlerweile ebenfalls zu einer Siegläuferin gereift, aktuell wurde sie Dritte in der Gesamtwertung im Deutschen Schülercup (DSC), wobei sie in Oberhof ihr erstes Einzelrennen gewonnen hat. In Buntenbock im Harz war sie Zweite in der Verfolgung geworden und im thüringischen Oberhof holte sie Silber im Massenstart. Ein weiterer Podiumsplatz gelang der bayerischen Kaderathletin als Dritte im Cross-Komplex im sächsischen Schmiedeberg. Mit der Bayern-Staffel wurde sie zudem Zweite bei der deutschen Meisterschaft, als Startläuferin.

Und all das hat sie erreicht, obwohl sie mit einem Standortnachteil zu kämpfen hat: "Sie ist halt ein Stadtkind", sagt ihre Mutter, umso bewundernswerter schätzt sie die Leistungen der Tochter ein. Denn die beiden Konkurrentinnen, die derzeit knapp vor Hannah rangieren, haben beide ein Leistungszentrum vor der Türe, Anna Laube in Oberhof und Lena Hartl in Ruhpolding. "Die können dann nach der Schule direkt in den Schnee zum Trainieren", erklärt Brübach-Schlickum.

Den Standortnachteil macht Stadtkind Hannah mit viel Leidenschaft für den Sport wett

Doch der Abstand schrumpft, nicht zuletzt seit Hannah dem Jugend-Kader von Bernhard Kröll angehört. Zwei- bis dreimal wöchentlich ist Training, Hannah kann gar nicht genug trainieren, wie sie erzählt: "Vergangene Woche bin ich bei einer Freundin geblieben, damit ich gleich am nächsten Tag wieder trainieren kann." Wie ehrgeizig Hannah ist, kann man derzeit gut beobachten. "Seit sie das Gewehr hat, macht sie auch Trockentraining." Eine eher wenig beliebte Form des Übens, es geht darum, mit der etwa vier Kilogramm schweren Waffe die Schießposition zu trainieren. "Das macht sie jeden Tag", erzählt die Mama, die im Übrigen auch die sogenannte Waffensachkundeprüfung ablegen musste, "weil ich sie ja transportiere".

Auch hier habe Hannah Neuland betreten, erzählt ihre Mutter, "bei der Stadt hat sich noch kein Kind unter 18 Jahren für den Waffenschein angemeldet". Auch diese Klippe haben die Schlickums souverän umschifft, es kann ihr gar nicht schnell genug gehen, bald wieder im Schnee zu trainieren. Ob es ihr denn nie zu viel werde? Hannah Schlickum versteht die Frage gar nicht so recht: "Trainieren", sagt sie dann sehr bestimmt, "das macht doch immer Spaß."

© SZ vom 08.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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