Skicross:Lenggrieser Lodern

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Nach ihrem Sturz bei der WM brennt Heidi Zacher auf einen Start im Skicross-Weltcup am Tegernsee. Andreas Schauer wird in Arosa 13.

Von Korbinian Eisenberger

Beim Blick auf die Ergebnisse des Frauen-Weltcups im schweizerischen Arosa musste man lange suchen, ehe die erste deutsche Fahne aufleuchtete. Lediglich die wiedererstarkte Sabrina Weilharter vom Skiclub Traunstein hatte als Zwölfte überzeugt. Ihre Kollegin Heidi Zacher vom SC Lenggries, die sich zuletzt stets verlässlich in den Top Ten eingereiht hatte, fehlte dagegen bereits auf der Startliste. Zacher hat derzeit wahrlich andere Probleme, als Weltcuppunkte zu zählen.

Bei der WM vor zwei Wochen hatte die Lenggrieserin noch Furore gemacht. Ihren starken Auftritt und den fünften Platz in der Steiermark, so war der zuletzt aktuelle Stand, hatte Zacher jedoch mit einer Verletzung und dem Saison-Aus bezahlt. Nach einer Woche Krafttraining sagt die 26-Jährige nun aber, sie habe wieder Hoffnung und ein neues Ziel: Beim Heimweltcup am Tegernsee (21./22. Februar) will sich Deutschlands beste Skicrosserin wieder ein Rennleibchen überstreifen.

"Ausgerechnet jetzt": Bei der WM am Kreischberg vor zwei Wochen gewann Heidi Zacher nach einem Sturz noch das kleine Finale und wurde Fünfte. (Foto: imago/GEPA pictures)

Freitagvormittag, Heidi Zacher sitzt in einem Fitnessstudio in Bad Tölz, in eine Beinpresse gezwängt. Es ist nicht so, dass man es der 26-Jährigen am Telefon anhört, wie folgenschwer die Weltmeisterschaft am Kreischberg für sie ausgegangen ist. "Ich muss schauen, dass nicht alles abmagert, was ich mir an Muskeln antrainiert habe", sagt sie. Zehn Tage nach ihrem jüngsten Sturz klingt Zacher nahezu vergnügt. Im WM-Halbfinale hatte sie der enge Parcours in der Steiermark abgeworfen. "Das war schon bitter", sagt Zacher. "Ohne den Sturz hätte ich eine gute Chance aufs Finale gehabt." Sie rieb sich den schmerzenden Daumen, gewann dann noch schnell das kleine Finale und wurde Fünfte. Die Schmerzen im Sprunggelenk bemerkte sie erst, als sie aus dem Skischuh schlüpfte.

Mit eingegipstem Daumen sitzt die Lenggrieserin in diesen Tagen auf ihrem Ergometer. Leichtes Ausradeln nach dem Rumpftraining. Ob sie ihre Rennskier in dieser Saison noch mal anschnallen darf, könnten ihre Ärzte derzeit nicht sicher sagen. Ein knöcherner Bandausriss am Daumen und eine Knochenabsplitterung am rechten Sprunggelenk, so lautet die Diagnose. "Ausgerechnet jetzt", sagt Zacher und klingt etwas weniger fröhlich. Ganz schön plötzlich sei das alles gekommen. Gerade dann, als die Form zum richtigen Zeitpunkt stimmte, und der Sport auf ihrer Seite zu sein schien. Doch das Glück kann im Skicross in Sekundenschnelle an einem Schneehügel zerschellen. Oder in jener Kurve am Kreischberg, in der die Kanadierin Marielle Thompson auf Zachers Skiern landete. Und Zacher im Schnee.

Andreas Schauer. (Foto: Barbara Gindl/dpa)

Es ist nicht das erste Mal, dass Zacher ihre Rennskier für längere Zeit in den Keller verfrachtet hat. Am Dreikönigstag 2012 hatte sich die Bankkauffrau im Finale von St. Johann bei einem Sturz den linken Unterschenkel gebrochen und eine Schulterverletzung zugezogen. Es folgte eine 13-monatige Verletzungspause. "Echt hart", sagt sie, "im Winter daheim rumzusitzen, während die anderen in der Welt herumfahren." So lange wie vor drei Jahren soll es diesmal nicht dauern. Dass sie sich jetzt Hoffnungen macht, beim Heimweltcup am Tegernsee wieder an den Start zu gehen, hat vor allem damit zu tun, dass Zacher entgegen erster Prognosen nicht operiert werden muss. "Derzeit kann ich schmerzfrei trainieren", sagt Zacher. Wenn auch nur im Kraftraum.

Vor allem bei Skicross-Großveranstaltungen wie zuletzt bei der WM am Kreischberg kommt es immer wieder zu schweren Stürzen und Verletzungen. "Bei einem normalen Weltcup passiert maximal die Hälfte", sagt Bundestrainer Peter Stemmer. Und dennoch, räumt Stemmer ein: "Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie." Tatsächlich verletzte sich jetzt auch noch Zachers Teamkollegin Julia Eichinger. Vor dem Doppel-Weltcup in Arosa zog sie sich während eines Trainingslaufs einen Kreuzbandriss zu. Für die WM-Vierte ist die Saison definitiv vorbei. Daniel Bohnacker (4.), Paul Eckert (7.) und der Lenggrieser Andreas Schauer (13.) sicherten am Freitag zumindest bei den Männern ein standesgemäßes Ergebnis.

Während sich Schauer, Weilharter und Co. bereits für den zweiten Arosa-Weltcup an diesem Samstag einstimmten, strampelte Zacher mit ihrem Physiotherapeuten im Kraftraum. "Ich tue alles Menschenmögliche, dass ich am Tegernsee dabei sein kann", sagt Zacher. Wer die 26-Jährige sprechen hört, spürt das innere Lodern für diesen Sport, den die Athleten bisweilen mit fünfstelligen Beträgen pro Saison selbst mitfinanzieren. Allein 4000 Euro habe sie nach der Vorbereitung an den Deutschen Skiverband überwiesen, sagt Zacher. Mittlerweile hat die Bankkauffrau in Salzburg ein Management-Studium begonnen. Eine Vorsorge für Zeiten, in denen sich Knochen und Bänder nicht mehr so einfach zusammenflicken lassen.

© SZ vom 07.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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