Segler Valentin Müller:Junger, alter Seebär

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Coole Sache: Valentin Müller und Eishockey-Star Yasin Ehliz. (Foto: Stephan Rumpf)

Der 13-Jährige vom Bayerischen Yacht Club gilt als größtes Talent unter Deutschlands Nachwuchs-Seglern. Eines seiner Erfolgsgeheimnisse liegt in der Fähigkeit, sich voll und ganz auf seine Sache zu konzentrieren

Von Peter Haacke, München

Natürlich war er ein bisschen angespannt angesichts des Publikums im Konferenzsaal des Süddeutschen Verlages, zumal der Programmablauf des Abends klar definiert war: Irgendwo zwischen der Voltigier-Showeinlage und Fünfkämpferin Lea Winkler würde er auf die Bühne müssen, Fragen beantworten sowie 1500-Euro-Scheck nebst Urkunde und Gutschein in Empfang nehmen. Doch Valentin Müller, Deutschlands derzeit bester Nachwuchs-Segler, wusste seine Aufregung zu kaschieren: Souverän ließ der 13-jährige Schüler aus Tutzing, der mit Mutter Eva, Papa Hans Jürgen und Schwester Louisa angereist war, die Huldigung seiner Person über sich ergehen. Das Talent sei ihm quasi "in die Koje gelegt" worden, referierte SZ-Sportredakteur Andreas Liebmann, und präsentierte Auszüge aus der sportlichen Vita des "jungen alten Seebären" vom Bayerischen Yacht-Club in Starnberg: Müller ist Erster der deutschen Rangliste in der Einsteiger-Bootsklasse "Optimist", bestritt 2014 die Opti-Weltmeisterschaft in Argentinien mit einem 14. Rang in der Einzelwertung und dem Titel im Team. Angesichts der jüngsten internationalen Erfolge deutscher Segler - darunter Vize-Weltmeister Philipp Buhl im Laser oder 470er-Europameister Ferdinand Gerz - wollte der Moderator wissen, ob auch Müller Bestandteil der "neuen deutschen Welle" sei. Doch darauf wusste der Geehrte keine rechte Antwort: "Mit Ferdinand auf dem Wasser war ich noch nicht."

Sein erstes Boot hat Müller schon als Sechsjähriger vom Onkel geschenkt bekommen ("Der wollte mich fördern"), sein Vater betreibt in Tutzing eine Segelschule. Das ist zwar keine zwingende Garantie für Erfolg im Sport, aber immerhin eine hervorragende Voraussetzung. Zumal der Starnberger See, ein schwieriges Revier mit oft schwachem oder drehendem Wind, liegt quasi vor seiner Haustür. Im Lauf eines Jahres, so hat es der 13-Jährige selbst ausgerechnet, kommt er auf 220 Wassertage - intensiver kann man kaum trainieren.

Doch auch geballter Trainingsfleiß garantiert noch keinen Erfolg. Das Müller'sche Geheimnis liegt vielmehr in der außergewöhnlichen Einstellung des jungen Mannes zu seinem Sport, wie Jugendobmann Roman Luyken vom Bayerischen YC berichtet: Während andere Nachwuchs-Segler Training und Schulungen im Verein als "erledigt" abhaken, überarbeitet Valentin den Stoff und fragt oft auch "proaktiv" nach. "Da ist eine hohe Eigenmotivation und ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein", sagt Luyken. "Und selbst wenn großer Druck da ist, bleibt Valentin klar im Kopf."

Auch beim Bayerischen Segler-Verband (BSV) schätzt man die Qualitäten des großen Talents vom Starnberger See. Zwar genießt Müller noch keine Projektförderung - die gibt es erst mit dem Umstieg in eine der olympischen Bootsklassen - doch beim Landesverband registriert man durchaus mit großem Interesse den Werdegang des Schülers, der den Sprung in den Landeskader längst geschafft hat. "Er ist sehr zielstrebig", sagt BSV-Jugendobmann Thomas Knöpfle, der aber auch die Gefahren kennt, wenn der Ehrgeiz zu groß wird und Rückschläge, die es immer geben kann, nicht verarbeitet werden: "Er muss auch aufpassen, dass er nicht verbrennt."

Diese Gefahr aber scheint relativ gering zu sein. Denn neben der ganzen sportlichen Förderung setzt Familie Müller auch auf professionelle Unterstützung im mentalen Bereich: Antje Heimsoeth ist Expertin für mentale Stärke und Motivation, die vor allem den Kopf zur "Chefsache" erklärt - auch im Jugendsport. Sie hilft Valentin bei Nachbereitung und Fokussierung auf jene Aspekte des Segelns, die im Wettkampf entscheidend sind. Noch viel entscheidender aber ist, dass Valentin selbst nach Perfektion strebt. Selbst Unbeteiligte wie Rosemarie Merkl-Griesbach, Sportamtsleiterin am Landratsamt Starnberg, spüren Müllers Spaß am Sport. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Eltern, die ihrem Sohn Wettkämpfe auf höchstem Niveau ermöglichen. "Die haben ihren Spaß daran, dass ihr Kind Spaß hat", konstatierte Merk-Griesbach - die es im Übrigen schade fand, dass nicht noch einige Sportler mehr aus dem Fünfseenland ausgezeichnet wurden.

Für den 13-Jährigen stehen die wichtigsten Ereignisse des Jahres noch bevor. Die Versetzung in die achte Klasse hat er trotz einiger wettkampfbedingter Versäumnisse souverän gemeistert, als nächstes stehen zwei wichtige Regatten an: Ende Juli beginnt auf dem Ammersee die Deutsche Meisterschaft, im August folgt die Opti-Weltmeisterschaft in Polen. Auf die Frage nach seinen Erwartungen indes antwortet Müller bereits wie ein Profi: Er will nur seine "beste Leistung abrufen". Was sonst hätte er auch sagen sollen?

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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