Relegation zur Regionalliga:I werd' narrisch

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Ein Fußballmärchen aus dem Dachauer Hinterland: Der FC Pipinsried gewinnt ein verrücktes Relegationsrückspiel bei Greuther Fürth II nach Verlängerung mit 3:2 und ist Regionalligist.

Von Sebastian Leisgang, Pipinsried

Der Pipinsrieder Fan nahm all seinen Mut zusammen. Er saß auf der Gegengeraden des Sportparks Ronhof, umgeben vom Anhang der SpVgg Greuther Fürth II. Er war auf sich alleine gestellt, als Ruben Popa das Spielfeld betrat. Doch der Mann brüllte dennoch voller Inbrust hinunter auf den Rasen: "Robinho!" Am Ende des Abends war jener Popa einer der gefeierten Pipinsrieder.

Greuther Fürth bietet erst- und zweitligaerfahrene Spieler auf. Pipinsried hat dafür Robinho

1334 Zuschauer waren am Pfingstmontag in den Laubenweg 60 in Fürth gekommen, darunter waren etwa 250 Anhänger des Vereins aus dem kleinen Ort im Dachauer Hinterland. Die Anhänger hofften nach dem 1:1 im Hinspiel, im Ronhof zu Fürth den Aufstieg in die Regionalliga feiern zu können, freilich sprach vieles für die Gastgeber aus Mittelfranken. Doch in der Verlängerung, als sich der größte Coup der Vereinsgeschichte anbahnte, entdeckten die Fans ihre Stimmgewalt. "Wir steigen auf und ihr steigt ab", sangen die Zuschauer im Gästeblock, während die Gegengerade nahezu vollends verstummte. Nach 120 Minuten hatten die Fans und die Pipinsrieder Spieler Gewissheit: In der kommenden Saison spielen sie in der vierthöchsten Spielklasse. "Wir sind über unser Leistungsmaximum hinausgegangen, ich bin so stolz auf die Jungs", jubelte Spielertrainer Fabian Hürzeler nach der Partie, "mit zweimal Training die Woche zwei solche Spiele zu machen und 120 Minuten zu marschieren, das ist unglaublich. Jetzt lassen wir die Sau raus."

"Wir hatten auch Glück. Fürth war ein sehr starker Gegner", sagt FCP-Spielertrainer Hürzeler

Wie schon im Hinspiel hatte die Fürther Zweitligareserve einige Akteure aufgeboten, die über Erfahrung in der ersten und zweiten Bundesliga verfügen, darunter Torwart Sascha Burchert, Mittelfeldmann Tolcay Cigerci und Angreifer Daniel Steininger. Das Kleeblatt tat mehr fürs Spiel, Pipinsried wartete ab, hatte aber durch Atdhedon Lushi die erste Großchance, als dieser eine Flanke von Thomas Berger knapp verpasste (8.). Fürth hingegen mangelte es anfangs an durchschlagender Kraft, bevor Daniel Steininger das 1:0 auf dem Fuß hatte: Der Angreifer zielte aus rund zwölf Metern über das Tor (21.). Gut zehn Minuten später machte es Lukas Gugganig besser: Der Mittelfeldspieler zog aus rund 25 Metern ab und überwand FCP-Schlussmann Thomas Reichlmayer (34.). Pipinsrieds Antwort ließ jedoch nicht lange auf sich warten: Lushi traf nach einer Ecke zum 1:1 (37.).

Nach der Pause erarbeitete sich Fürth weitere Möglichkeiten, doch David Raum scheiterte alleine vor Reichlmayer an ebendiesem (61.), Gugganig traf per Freistoß den Außenpfosten (66.). Auch deshalb räumte Hürzeler nach der Partie ein: "Wir hatten auch Glück. Fürth war ein sehr starker Gegner." Hürzelers Gegenüber, Fürths Coach Timo Rost, klagte derweil: "Wir haben unsere Chancen nicht verwertet. Dann sind wir für unsere Fahrlässigkeit bestraft worden." Die Spielvereinigung zeigte ihr fußballerisches Vermögen, während sich der Pipinsrieder Anhang immer wieder an Grätschen und Befreiungsschlägen ergötzte. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit hatten die Gästefans den Torschrei auf den Lippen, doch Torwart Burchert parierte den Distanzschuss von Sebastian Mitterhuber (84.), ehe Schiedsrichter Christian Dietz zur Verlängerung bat.

In dieser hatte Pipinsrieds Berger die erste Chance: Er fand mit einem Schlenzer seinen Meister in Burchert (95.), bevor er das Tor zur Regionalliga für den FCP weit aufstieß: Mit einem feinen Schuss aus rund 16 Metern ließ er Burchert keine Abwehrchance (108.). Vier Minuten später waren die letzten Zweifel ausgeräumt: Popa, Pipinsrieds Robinho, traf per Foulelfmeter zum 3:1 (112.). So verkam Niclas Egerers Anschlusstreffer zur Makulatur (117.).

Nach dem Abpfiff brachen alle Dämme. Die Pipinsrieder rannten voller Ekstase aufs Feld und streiften sich die gelben Aufstiegsshirts über. "Ich wusste gar nicht, dass wir welche haben", gab Hürzeler später zu, "wir haben auch keine Feier geplant, aber in München wird schon etwas gehen."

© SZ vom 06.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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