Pferdesport:Premiere auf der großen Bühne

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Victoria Michalke gehört zu den Top-Talenten im deutschen Dressurreiten. In Aachen misst sie sich nun mit den Besten

Von Fabian Swidrak, Isen

Victoria Michalke kennt die Kulisse. Zweimal ging sie mit ihrem Rappwallach Dance On bereits beim wichtigsten deutschen Reitturnier an den Start. Und dennoch sei die Atmosphäre dort immer wieder aufs Neue beeindruckend, sagt Michalke. Mehr als 6000 Zuschauer fasst das Dressur-Reitstadion im Aachener Sportpark Soers, es ist das weltweit größte seiner Art. Den Nationenpreis der U-25-Reiter hat Michalke mit der deutschen Mannschaft beim Concours Hippique International Officiel (CHIO) in Aachen schon gewonnen. An diesem Mittwoch, 18 Uhr, beim Grand Prix de Dressage, der zweitschwersten internationalen Dressurprüfung, und am Samstag, 21.30 Uhr, beim Grand Prix Kür gehört die 26-Jährige nun erstmals zum Starterfeld der Senioren.

"Ich weiß, dass ich als Nachwuchsreiterin noch nicht ganz vorne mitreiten kann", sagt Michalke, die ein Ergebnis über 70 Prozent anpeilt, also eine durchschnittliche Bewertung durch die Wettkampfrichter von mindestens sieben von zehn Punkten. Zum Vergleich: Die besten Starter in Aachen schaffen Werte deutlich über 80 Prozent. Michalke ist gut in Form, ihr Ziel daher realistisch. Mit einem Ergebnis von 72,925 Prozent wurde sie Anfang Juli Vierte in der Kür bei einem Vier-Sterne-Turnier in Wattens (Österreich). Die Wildcard für die Wettkämpfe in Aachen löste sie mit guten Ergebnissen bei den deutschen Meisterschaften im Juni.

"Immer wieder beeindruckend": In Aachen gewannen Victoria Michalke und ihr Rappwallach Dance On bereits den U-25-Nationenpreis. (Foto: Eibner/Imago)

Für zahlreiche deutsche und internationale Reiter ist das Turnier in Aachen einer der Höhepunkte des Jahres, auch weil die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) nur einen CHIO pro Land erlaubt. Für die Deutschen ist Aachen in diesem Jahr zudem die letzte Sichtungsstation vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Am Sonntag benennt das Deutsche Olympische Komitee für Reiterei seinen Kader. Für Michalke kommt Rio zu früh. 2020, wenn die Sommerspiele in Tokio stattfinden, will auch sie dabei sein. "Das ist ein Ziel", sagt sie. "Wenn man mit Tieren arbeitet, ist es aber schwer, vorherzusagen, ob das klappt." Hoffnung macht Michalke vor allem die zehnjährige Stute Novia, ein weiteres vielversprechendes Pferd in ihrem Stall, mit dem sie 2012 bereits Zweite beim Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde wurde. Novia verfüge für ihr Alter über eine enorme Bewegungsqualität und habe genug Potenzial, um einmal noch besser zu werden als Dance On, sagt Michalke.

Zum Dressursport kam Michalke erst vergleichsweise spät. Weil es keinen Reitstall in der Nähe gab, ritt sie in ihrer Kindheit nur in den Schulferien. Mit zwölf Jahren lernten ihre Eltern dann Züchter kennen und Michalke bekam ihr erstes Pferd. 2006 wurde sie in den Bundeskader der Junioren berufen, ein Jahr später wurde sie deutsche Junioren-Meisterin und gewann Mannschaftsgold bei den Junioren-Europameisterschaften. Seit 2013 gehört sie zum Bundes-Perspektivkader Dressur und hat nicht mehr nur eines, sondern einen ganzen Stall voller Pferde. Zusammen mit ihrer Mutter Susanne baute sie in Daxau bei Isen im Landkreis Erding ein eigenes Reitsportzentrum auf. Dort reitet die viermalige bayerische Landesmeisterin täglich bis zu zehn Pferde. Weil die meisten wichtigen Turniere im Nordwesten Deutschlands stattfinden, zieht es zahlreiche Reiter aus Bayern weg. Michalke, die gerade an ihrer Bachelor-Arbeit schreibt, will jedoch auch nach Abschluss ihres Sportmanagement-Studiums an der FH Erding in der Region bleiben. "Bayern ist meine Heimat. Natürlich ist die Anfahrt oft länger als aus der Mitte von Deutschland, aber daran bin ich gewöhnt", sagt sie.

Bis vor wenigen Wochen trainierte sie dennoch ein halbes Jahr lang in Füchtorf bei Warendorf (Nordrhein-Westfalen), wo Bundestrainerin Monica Theodorescu ihren Stall hat. "Um weiterzukommen, wollte ich mal weg vom eigenen Hof", sagt Michalke. Zu Hause habe sie in den vergangenen Jahren immer auf die Entwicklung der Pferde geachtet. "Jetzt hatte ich mal Zeit für mich selbst, für ein bisschen Feinschliff." Vor allem an ihrem Sitz im Sattel habe sie gearbeitet. Dass sich die Zeit bei der Bundestrainerin gelohnt hat, kann Michalke nun zeigen: von Mittwoch an beim CHIO in Aachen.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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