Neues Golfkonzept in Puchheim:Einer für alle

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Golfen am Rande der City: Um dem Sport das Elitäre zu nehmen, sollen die Plätze näher an die Städte heranrücken und die Etikette laxer werden. (Foto: GolfcitY/oh)

Eine neue Golfanlage in Puchheim will den Sport für eine breitere Spielerschicht öffnen. Die 9-Loch-Bahn liegt nah am Münchner Stadtzentrum, die Preise sind günstig, eine strenge Etikette fehlt - nur die Platzreife bleibt

Von Maximilian Ferstl, Puchheim

Drei Herren sitzen an einem Tisch, sie tragen Hemd und Anzug und erzählen stolz, wie sie in 39 Tagen zu einer dreiviertel Million Euro gekommen sind. Klingt nach Al Capone, die Szene stammt aber von einem Golfplatz in Puchheim. Das Geld ist durch Crowdfunding zusammengekommen. Die drei Herren sind die Initiatoren: Ulrich Kastner, Hermann Boegle und Alexander Freiherr von Spoercken. Ihr Projekt heißt Golfcity Puchheim. Ihre Idee: Golf für jeden möglich machen - und es besser mit der Metropole verzahnen. 2008 eröffneten sie ihren ersten Golfcity-Platz in Pulheim bei Köln.

Das Grün der Driving Range beginnt in Puchheim keine zehn Meter entfernt vom Büfett. Die Initiatoren haben zum Frühstück geladen, um ihr Konzept, Golf am Stadtrand anzubieten, vorzustellen. Die Servietten sind akkurat gefaltet, es gibt kleine Gläschen mit Obstsalat, Lachshäppchen, Weißwürste. Von Spoerken erzählt über die Crowdfunding-Kampagne. Privatpersonen haben Beträge zwischen 250 und 50 000 Euro eingezahlt. Das Unternehmen garantiert neben der Verzinsung für die Beteiligung noch Prämien: Wer 500 Euro beisteuert, bekommt einen Greenfee-Gutschein. Für 50 000 Euro gibt es ein lebenslanges Spielrecht und ein Luxuswochenende auf einem Schloss. Die Kampagne lief nur 39 Tage. Am 20. Juli waren die angestrebten 750 000 Euro erreicht. Mit dem Geld wird der nächste Abschnitt gebaut.

Die Golfanlage ist zurzeit noch Baustelle. Sie beginnt zur Linken der Runde: Schotter, Unkraut und Erdhaufen. Sobald alles fertig ist, wird es nur neun statt der üblichen 18 Löcher geben. "Das geht auch schnell vor oder nach der Arbeit", sagt Kastner. 70 Euro - vergleichsweise wenig - kostet die Mitgliedschaft im Monat. Das können sich nicht nur Ärzte oder Wirtschaftslenker leisten, sondern auch Handwerker oder Krankenschwestern. Außerdem verspricht das Unternehmen, "keine strenge Etikette" vorzuschreiben. Spieler dürfen in Jeans oder kurzer Hose golfen - eigentlich ein Sakrileg.

Entscheidend sei der Standort. Puchheim ist von der Münchner Innenstadt aus in einer halben Stunde leicht zu erreichen. Am Spielprinzip ändert sich aber nichts. Weiterhin wird ein kleiner weißer Ball mit möglichst wenigen Schlägen in ein weit entferntes Loch befördert. Die drei gut gekleideten und akkurat frisierten Initiatoren wollen mit ihrem Konzept natürlich Geld verdienen, ihren Sport aber auch erden. "Wenn Golf weiterkommen will, muss man es aus seiner elitären Ecke herausholen", sagt Boegle. Dafür müsse die Hemmschwelle sinken. Jeder kennt das Klischee, das an Golf klebt wie nasses Laub: ein teurer Sport für die Oberschicht zu sein.

Apropos Klischee: Diejenigen, die gerade auf der Driving Range abschlagen, sind im Rentenalter. "Liegt wohl an der Uhrzeit", glaubt Boegle, wer sonst habe am Vormittag Zeit. "Die Hauptzielgruppe sind 30- bis 40-Jährige. Unsere Mitglieder sind vier bis fünf Jahre jünger als der Durchschnitt im Deutschen Golf Verband."

Wie auf Bestellung zieht ein Mann seine Golftasche an der Tischgesellschaft vorbei Richtung Abschlag: Mitte 20, kurze, karierte Hose, bequeme Turnschuhe. So will Golfcity sein. Boegle erzählt auch von zwei amerikanischen Studentinnen: "Die haben je zwei Schläger dabei, im Rucksack. Sie bezahlen ihr Greenfee und spielen." Raus aus der "elitären Ecke", vielleicht gelingt es. Die halbfertige Anlage wirkt aber schon jetzt edel, im Kontrast zu den grauen Hochhäusern im Hintergrund. Wer hier in Zukunft auf der 9-Loch-Bahn golfen will, braucht wie in jedem deutschen Golfklub die Platzreife. Nur die drei Übungslöcher darf jeder spielen.

Die Anlage in Pulheim bei Köln habe mittlerweile 1300 Mitglieder, sagt Kastner. In Puchheim sind aktuell drei kurze und drei lange Bahnen bespielbar, außerdem die halbe Driving Range. Drei weitere Bahnen und die Übungsplätze entstehen bis Ende August. Im Frühsommer 2016 soll die letzte Phase beginnen. Dann verschwinden die Holzhütten, die derzeit als Empfangsraum dienen. An ihrer Stelle soll ein modernes Klubhaus entstehen. Ein Name, der Boegle aber nicht besonders gefällt. Ein Klub, vor allem im Golf, hat ja wieder jene Exklusivität, von der sich Golfcity entfernen möchte.

© SZ vom 02.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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