Münchner Leichtathletik:Vielfältige Vorwürfe

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In der LG Stadtwerke rumort es weiter: Die Athleten fordern mehr Transparenz - und die Funktionäre plädieren für eine neue Struktur.

Thomas Hahn

Es läuft nicht schlecht für den Stabhochspringer Malte Mohr in dieser Hallensaison. Am Samstag in Stuttgart hat er 5,84 Meter geschafft und den französischen Europameister Renaud Lavillenie geschlagen, am Dienstag in Liévin war er Zweiter mit 5,75. Man kann sagen: Wenn sein Verhältnis zu seinem Verein, der LG Stadtwerke München, zurzeit so gut wäre wie er selbst in der Leichtathletik-Arena, hätte er kein Problem. So ist es aber nicht.

Er geht gern seine eigenen Wege: Norman Feiler (Mitte), Geschäftsführer für die LG Stadtwerke. Als Teilnehmer des Oberland-Halbmarathons 2009 zwischen Geretsried und Wolfratshausen hat er zum Beispiel die Startnummer mit seinem persönlichen Sponsor überklebt. (Foto: Manfred Neubauer)

Mohr und das LG-Stabhochsprungteam mit Tim Lobinger, Fabian Schulze und Trainer Chauncey Johnson wissen immer noch nicht, wie ihr Klub auf ihre harte Kritik an dessen Geschäftsgebaren reagiert. Am Montag bekam es zwar eine E-Mail von Norman Feiler, dem Geschäftsführer des LG-Vermarkters SAM GmbH, ("Sehr geehrtes Stabhochsprungteam") mit dem Terminvorschlag Freitag, 11. Februar, für ein Gespräch. Der Termin aber stellt das Team vor ein Problem, das Feiler hätte kennen müssen, wie das Team in seinem Antwortbrief ausführte: "Vor Weihnachten ging auf Druck der SAM GmbH und als positive Antwort bzgl. einer weiteren gewünschten Zusammenarbeit von Seiten der Springer der Wettkampfplan dieser Hallensaison bei Ihnen ein. Für den 11.02. steht das Meeting in Düsseldorf an."

Es steckt noch immer viel Zank in der LG Stadtwerke München, auch wenn ein bisschen etwas in Bewegung geraten ist, seit Altmeister Tim Lobinger und der Rest des Stabhochsprungteams mit dem Hallen-WM-Zweiten Malte Mohr kraftvoll die Zahlungsmoral im Verein gegeißelt und über falsche Versprechungen geschimpft haben. Wenn man in den Verein hineinhört, Athleten und andere Vereinsmitglieder erzählen lässt, gibt es die Probleme keineswegs erst, seit Mohr wütend um Vertragsauflösung gebeten und Lobinger sich in einem SZ-Interview gegen Norman Feiler gerichtet hat - der diesen Vorwürfen widerspricht.

In der Tat gibt es Beschwerdebriefe an den Hauptsponsor Stadtwerke München vom Januar, die nicht nur von den Stabhochspringern unterschrieben sind, sondern auch von der deutschen Halbmarathon-Meisterin Ingalena Heuck oder dem deutschen 60-Meter-Meister Tobias Unger. Die Vorwürfe sind vielfältig, sie reichen von schlechter interner Kommunikation bis zu Verzögerungen im Zahlungsverkehr.

Sie richten sich teilweise persönlich gegen Feiler, aber auch gegen die Struktur der LG, die allzu sehr auf den nebenamtlichen Geschäftsführer Feiler zugeschnitten zu sein scheint und ehrenamtliche Vereinsfunktionäre in die Pflicht nimmt, die wegen ihrer beruflichen Belastung offensichtlich überfordert sind mit einem ehrgeizigen, rasant gewachsenen und teuer verstärkten Leistungssportverein wie dem ihren. André Green, früherer Spitzenläufer und heutiges LG-Mitglied, sowie der regionale Altersklassen-Spitzenläufer Jürgen Sonneck haben zuletzt auf einer Abteilungsleitersitzung "mehr Transparenz" angemahnt. Auch Wolfgang Stengel, Abteilungsleiter des LG-Vereins Post SV, hat schon Vorschläge gemacht für eine überarbeitete LG-Struktur.

Über Monate schwelten die Probleme im Untergrund, jetzt sind sie am Licht, und hinter den Kulissen gibt es Sondersitzungen, Gespräche, wohl auch die ein oder andere Überzeugungsarbeit. Einzelne Spitzensportler sind schon befriedet, am Montag sprach der Vorstand mit dem Läufer Sebastian Hallmann und seiner Disziplin-Kollegin Ingalena Heuck. "Das war, glaube ich, ganz konstruktiv", sagt Feiler, und demnächst soll auch das Stabhochsprung-Team drankommen, das den Konflikt zur Eskalation gebracht hat, weil es sich von Feiler verprellt fühlt, das sich erst intern umtat, dann demonstrativ bei den Bayerischen Hallen-Meisterschaften nicht startete und sich schließlich in Interviews erklärte. Allerdings ist das Verhältnis so zerrüttet, dass schon die Terminsuche nicht ganz einfach ist.

Von der LG-Führung selbst ist wenig zu hören gewesen in den vergangenen Tagen, aber mittlerweile berichtet Norman Feiler, dass man in Dan Lorang einen Leistungssportkoordinator eingestellt habe. Am 31. Januar gab es eine Abteilungsleitersitzung, bei der auch der Lobinger-Eklat auf der Tagesordnung stand, und die Erkenntnisse der Versammlung hat Feiler in einem Brief an die Abteilungsleiter zusammengefasst. "Für meinen Teil habe ich die Probleme teilweise gesehen und versucht sie mit zu lösen, was mir als Ausführungsorgan nur bedingt möglich ist", heißt es in dem Brief, und später: "Aus meiner Sicht macht ein nebenamtliches Engagement in dieser Weise keinen Sinn mehr. Deshalb werde ich die Aufgabe als Geschäftsführer der SAM GmbH nach Vertragsende unter diesen Bedingungen nicht mehr fortführen."

Was das heißt? Zwei oder drei hauptamtliche Geschäftsführer solle die SAM GmbH bekommen, sagt Feiler, er selbst werde "nicht hauptamtlich arbeiten". Was aber auch niemand falsch verstehen soll, er will bei der LG aktiv bleiben. "Für mich bedeutet das keinen Rückzug oder eine Aufgabe. Das ist eher eine Erleichterung."

© SZ vom 10.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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