Linksaußen:Wilder Joker

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Die Wildcard stammt eigentlich aus der Welt des Pokers - eingesetzt wird sie aber auch oft im Sport. Hachings Volleyballer könnten davon nun am meisten profitieren. Denn die Liga vergibt seit dieser Saison netterweise Wildcards für die erste Liga.

Von Sebastian Winter

Erfahrene Pokerspieler kennen sie gut, meist in Form eines Jokers, als Hofnarr getarnt: die Wildcard. Je nach Spielvariante kann sie beliebige Karten ersetzen oder ergänzen. Rommé, Canasta, Buraco, überall mogelt sie sich ins Blatt - und treibt die Gegner zur Verzweiflung. Zuallererst 1857 von Samuel Hart (nicht Heart!) in New York dem Spiel London Club Pack beigefügt, wanderte die wilde Karte 1880 nach Europa aus - und bereichert dort noch heute Casinos und Wohnzimmer-Spielrunden.

Besser bekannt ist die Wildcard im Sport. Es gibt sie im Tennis, Golf, Basketball, Hockey oder Biathlon. Und zwar immer für Athleten oder Teams, die es nicht regulär ins Turnier oder die nächsthöhere Klasse geschafft haben. Aber manchmal treibt diese Karte auch seltsame Blüten. Dass ausgerechnet (die peinlicherweise nicht qualifizierten) Deutschen bei der Handball-WM in Katar 2015 mit Wildcard spielten, hatte eher (sport-)politische Gründe. Welcher Scheich möchte schon auf ein Zugpferd verzichten, das im Stall der weltbesten Liga steht und viele Fans mitbringt?

Bei den Volleyballern, die trotz aller Ackerei noch keinen Zugpferd-Status haben, geht es noch wilder zu im Jokerbusiness. Drittligist Unterhaching, mangels Hauptsponsor 2014 aus der ersten Liga ausgeschieden, darf nun mittels einer Wildcard wieder ins Oberhaus. Und überspringt einfach mal, falls die Liga grünes Licht gibt, eine Klasse. Selbst Kreisligisten oder gerade gegründete Freizeitklubs können so emporklettern - Hauptsache, sie haben Geld und eine große Sporthalle. Die leicht verzweifelte Liga (es will ja kein Zweitligist aufsteigen) verlangt für den Joker übrigens 52 500 Euro. Viel Geld für Volleyball, im Fußball für manchen gerade mal ein Tagessatz.

Apropos Fußball, muss man sich mal vorstellen, nur so rein theoretisch: Die klamme SpVgg Unterhaching könnte einfach per Wildcard wieder Erstligist sein. Die Stadt böte den Sechzigern endlich eine Wildcard fürs Olympiastadion. Und die Bayern-Basketballer ziehen als Jolly Joker direkt ins Euroleague-Finale ein. Moment, das gibt's beim Volleyball ja auch: Der Ausrichter des Champions-League-Final-Four ist per Wildcard gesetzt. Das sollten sich Hachings Zocker gut merken, nur so für die Zukunft.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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