Linksaußen:Schwarmfinanz unlimited

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Beim FC Pipinsried kann jeder mitfinanzieren, als Gegenleistung gibt es etwa Fußballer zum Rasenmähen.

Von Markus Schäflein

Der Begriff Crowdfunding, zu Deutsch Schwarmfinanzierung, mag erst in den vergangenen Jahren in Mode gekommen sein. Dass viele Menschen etwas gemeinsam finanzieren, ist aber ein alter Hut. Im 18. Jahrhundert wurde etwa der Sockel für die Errichtung der Freiheitsstatue durch 160 000 Einzelspenden ermöglicht. Durch das Internet kam das Modell dann zur großen Blüte: Die Band Public Enemy setzte 2010 auf Crowdfunding, um als Rapper im Rentenalter noch mal ein Album zu veröffentlichen - 59 100 Euro kamen zusammen, es folgten vier weitere Platten. Und 15 000 Freunde des Rollenspiels "Shroud of the Avatar" liehen dem Hersteller mehr als eine Million Dollar, um eine Fortsetzung zu ermöglichen.

So viele Leute interessieren sich zwar nicht für den FC Pipinsried, aber offenbar genügend, dass der Dorfklub aus dem Dachauer Hinterland sein mit aufwendigen Stadionbauarbeiten und allerlei anderen Mehrkosten verbundenes Abenteuer Regionalliga durch Crowdfunding mitfinanziert. Viele Fans des TSV 1860 haben zudem angekündigt, sich aus Dankbarkeit über das 1:0 des FCP gegen den Meisterschafts-Konkurrenten FC Bayern II mit einer Spende zu beteiligen (allerdings sollten sich die Pipinsrieder darauf besser nicht verlassen, da bei Sechzig traditionell viel angekündigt und wenig umgesetzt wird).

Ein Pipinsrieder geht für 250 Euro mit zur Shoppingtour

Die Angebote sind vielfältig. Wer sich den Erwerb des Stadionnamens für 30 000 Euro nicht leisten kann - laut dem Bayerischen Rundfunk gibt es bereits einen Interessenten -, findet viele andere reizvolle Möglichkeiten, sein Scherflein beizutragen. Autogramme von Präsident Konrad Höß, auf 30 Stück limitiert, gibt es beispielsweise zum Stückpreis von nur 30 Euro.

Während der Chef lediglich signierte, müssen die Spieler einiges über sich ergehen lassen: Für 50 Euro kann man einem Spieler live bei Facebook zusehen, wie er eine Zitrone verzehrt ("Lemonface"). Nützlicher ist es, sich von einem Pipinsrieder Fußballer nach Wahl zu einem Heimspiel mit dem Auto abholen zu lassen (auch 50 Euro). Für 250 Euro kann man sich von einem echten Regionalligakicker den Rasen mähen lassen, für den selben Preis einen FCP-Akteur zum Anzapfen eines Bierfasses buchen. Äußerst hilfreich, möglicherweise aber auch risikobehaftet: Wer keine Lust hat, mit seiner Frau auf Shoppingtour zu gehen, kann für ebenfalls 250 Euro einen durchtrainierten Fußballer mitschicken.

Das innovative Crowdfunding-System des FC Pipinsried findet nun auch in anderen Sportarten und Klubs Nachahmer. So können beispielsweise Fans die American Footballer der Munich Cowboys oder Baseballer der Haar Disciples inklusive Schläger zur Lösung von Nachbarschaftsproblemen buchen (500 Euro). Basketballer des FC Bayern stehen für 1000 Euro zum Glühbirnenwechsel bereit. Radsportprofis bieten einen besonderen Service für Senioren an: Gang zur Apotheke und anschließendes Einsortieren der Medikamente ins Pillenkästchen (2000 Euro). Und sogar die Bayern-Fußballer betreiben bereits Crowdfunding: Um den James-Transfer zu finanzieren, suchen sie viele Leute, die sich ein Trikot von ihm kaufen.

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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