Linksaußen:Roter Umweltengel

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In Zeiten, da orangefarbene Staatsoberhäupter Witzchen über die Erderwärmung machen, kann es nicht verkehrt sein, ein Zeichen für den Schutz dieser Welt zu setzen. Wie der FC Bayern, der 70 000 alte graue Plastik-Schalen ersetzt - durch 70 000 rote.

Von Ralf Tögel

In Zeiten, in denen Staatsoberhäupter Witzchen über die globale Erwärmung machen, kann es nicht verkehrt sein, ein Zeichen für Schutz und Erhalt dieser Welt zu setzen. "Es schneit und friert in New York. Wir brauchen globale Erwärmung!" Hihihihi. Noch nicht lange her, dass der orangefarbene und ponymähnige Präsident der Vereinigten Staaten den depperten Scherz in die Welt getwittert hat, was umgehend von der Klimaschutzexpertin (kein Witz) der AfD flankiert wurde. Denn die irrlichternde Beatrix von Storch erklärte, man müsse ihr erst mal beweisen, dass die globale Erwärmung mit Urwaldrodungen, Kohlekraftwerken oder CO₂-Ausstoß zu tun habe. Ein Ammenmärchen, Schuld habe schon eher die Sonne, die brenne halt heißer als früher.

Doch es gibt auch vernünftige Stimmen. Wie jene beim FC Bayern. Der Klub wird "als Ergebnis einer engen Zusammenarbeit mit Bayerns Umweltministerium nächste Saison in der Allianz Arena auf Mehrwegbecher umstellen". Bravo, sind doch gerade mal zwölf Jahre nach dem ersten Spiel vergangen. Gut Ding hat Weile, außerdem erinnert Vorstandschef Rummenigge daran, dass man lange nicht so konnte, wie man wollte. Doch kaum sind die Löwen ausgezogen, ist das passende System parat, schließlich muss jeder Becher entgegengenommen und Pfand ausgegeben werden. Alles nicht so einfach, vielleicht wäre eine Nachfrage bei den Basketball-Kollegen dienlich gewesen, die schenken seit Inbetriebnahme ihrer Halle im Hartplastikbecher aus. Hatten aber auch keinen unliebsamen blauen Untermieter an der Backe. Was sofort eine spannende Frage aufwirft: Wie wird das in der neuen Halle, die man sich mit den Eishockeyspielern des EHC Red Bull teilen muss? Zweierlei Wegwerf-Geschirr mit dem jeweiligen Vereinslogo? Flüssiges nur noch in bunten Blechdosen (mit Pfand und recycelbar natürlich)? Sollte man langsam mal drüber nachdenken, denn zwölf Jahre Bedenkzeit werden sicher nicht bleiben, höchstens vier, ist zu hören.

70 000 alte Schalensitze raus, 70 000 neue rein: Bilanz neutral

Der Umweltschutz jedenfalls bleibt "ein wichtiges Thema, der FC Bayern München möchte dazu seinen Beitrag leisten", erklärte Rummenigge, wohl deshalb wird demnächst weiteres Plastik aus der Arena entfernt. 70 000 graue Schalensitze nämlich, die dem traditionsbewussten Verein schon lange ein Dorn im Auge sind. Ob die Nachfolger aus kompostierbaren Kokosfasern, Kork oder aus unbehandeltem Kiefernholz (für die VIPs natürlich Mahagoni) gefertigt werden? Mal sehen. Nur eines steht fest: Sie werden rot sein. Wann und wie genau das umweltschädliche Plastik rauskommt, wird derzeit - unter Beteiligung einer Fan-AG - diskutiert. Auch hier könnte ein Gedankenaustausch mit den Basketballern vorteilhaft sein. Die haben Kontakt zu einer Gruppe junger Männer aus Istanbul, die kostenlos und in mühsamer Handarbeit die Sitze reihenweise rausreißen. Der jüngste Einsatz des Galatasaray-Fantrupps im Eurocup ist erst ein paar Wochen her.

Eingebaut wurden natürlich rote Sitze, was im Dome gar nicht arg auffällt: Die Originale sind orangefarben. So orange wie der Teint des amerikanischen Witz-Präsidenten.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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