Linksaußen:Präsidiales Erstschlagsrecht

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Warum Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un ausgerechnet Jörn Andersen als neuen Fußball-Nationaltrainer verpflichtet

Von Johannes Schnitzler

Vergangene Woche erregte die Nachricht Aufsehen, der ehemalige Bundesliga-Stürmer Jörn Andersen gehe als Nationaltrainer nach Nordkorea. Zwar gelten Andersens Methoden nicht unbedingt als demokratisch. Aber Trainer in einer Diktatur, die es mit Menschenrechten und Mindestlohn nicht ganz so gewerkschaftlich genau nimmt? Der geliebte Führer Kim Jong-un habe sich nun mal einen deutschen Trainer gewünscht, hieß es. Gut, Andersen ist Norweger. Aber er besitzt einen deutschen Pass. Und wenn Kim sich einen deutschen Norweger wünscht . . .

Über Kims sportliche Vita ist so wenig bekannt wie über sein übriges Leben. Angeblich soll er eine Privatschule in Bern besucht haben, in Sport eine 5 (eine 2 in Deutschland) gehabt haben und Basketball mögen. Vielleicht ist aber auch alles ein Missverständnis. Vielleicht wollte Kim (Nachname) einen Norweger, weil es dort so viele Kims (Vorname) gibt. Auch Pjöngjang (Korea-Nord) wird oft mit Pyeongchang (Süd) verwechselt (Olympia-Fahrer, aufgepasst!). Von dem ghanaischen Fußballer Abédi Pelé heißt es bis heute, er habe nur deshalb beim TSV 1860 gespielt, weil er gedacht habe, ein Vertrag in München sei automatisch einer mit dem FC Bayern. Sechzig who?

Die Erfahrung zeigt: Bei 1860 sind die unglaublichsten Geschichten wahr. Neulich erzielte der A-Jugend-Stürmer Florian Neuhaus ein Tor aus 50 Metern, es war der Siegtreffer im Halbfinal-Hinspiel um die deutsche Meisterschaft. Neuhaus jubelte und winkte seinen Eltern zu: Gelb-Rot, Sperre fürs Rückspiel.

Nicht jeder hat es so leicht wie sozialistische Staatenlenker. Wenn Wladimir Putin etwa Lust auf ein Eishockey-Match hat, trommelt er eben ein paar russische Weltstars zusammen. So wie bei der WM in Moskau und St. Wladimir, äh, Petersburg. Putin spielt gegen Olympiasieger und Weltmeister. Aber der Präsident, dieser Teufelskerl von gerade einmal 63 Jahren, schießt immer die meisten Tore.

Von Kim Jong-uns Vater, dem geliebten Kim Jong-il, ist verbrieft, dass er die erste Golf-Runde seines Lebens 38 (!) Schläge unter Platzstandard abschloss. Dabei gelangen dem Atomwaffenfreund nicht weniger als elf Erstschläge direkt ins Loch, sogenannte Hole-in-ones. Als Zeugen berief Kim seine 17 Bodyguards - wer wollte da widersprechen? Laut gut informierten Kreisen ist nun stündlich mit der Berufung Kim Jong-uns in die nordkoreanische Nationalelf zu rechnen: Der ehemalige Stürmer Andersen komme an Kim einfach nicht vorbei.

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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