Linksaußen:Mit Haut und Haaren

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Am Donnerstag beginnt die 21. KUCK, die weltgrößte Messe für Kopf- und chimäre Körperkunst. Wohin der Trend bei Welt- und Regionssportlern geht, wird hier im neuen Linksaußen verraten.

Von Johannes Schnitzler

Am Donnerstag - endlich, möchte man aufseufzen - beginnt nun also die 21. KUCK, die weltgrößte Messe für Kopf- und chimäre Körperkunst. Friseurinnen und Friseure sowie Tattoo-Spezialisten rund um den Globus haben ihre neuesten Kreationen nach Russland entsandt, um der Welt bis zum Finale von FIFA's Next Top Model am 15. Juli zu zeigen, wie sich der menschliche Körper im 21. Jahrhundert in Topform definiert. Dass die Modelle nebenbei kicken, betont den sportiven Look.

Was den Kopfputz betrifft, geht der Trend seit Jahren zum barbershopgepflegten Rauhaardackel. War der traditionelle Schnauzer seit den modemäßig etwas dick auftragenden Achtzigern auf dem Rückzug, trägt der Mann von Welt heute Gesichtspelz von Ohr zu Ohr; dafür darf es auf dem Schädeldach etwas luftiger zugehen. Die langmähnigen argentinischen Campesinos von 1978 tragen die Calvaria 2018 kurz geschoren, energetisch nicht mehr zeitgemäße Starkstromfrisuren à la Dante sind dem kunstvollen Minipli eines Neymar gewichen. Mit einem in den Hinterkopf gefärbten Tiger wie Effenberg oder Zieges schwarz-rot-goldenem Irokesen wäre heute kein Innungspreis mehr zu gewinnen. Higuitas schwarzgelockte Pudelmütze könnte östlich des Urals indes noch von Nutzen sein.

Während die Haardesigner auf nachwachsendes Material vertrauen dürfen (an- bzw. ausfällige Exemplare wie Arjen Robben sind nicht zugelassen), nadeln sich die Tätowierer naturgemäß dem Ende der körperlichen Ressourcen entgegen. Wenn jeder Quadratzentimeter Haut mit Farbe getränkt ist, hilft nur noch der Tintentod. Oder der Laserstrahl. Oder - jeder Trend schafft neue Berufe - die Cover-up-Artisten. Das sind jene Übermaler und Lackierer, die welchen, die nicht zufrieden sind mit ihrem Hautbild, ein neues Motiv über das alte stechen, viermal so groß und viermal so teuer. Mehrere Reality-TV-Serien beschäftigen sich ("Oh. My. GOD!") mit verhunzten Krakeleien, die vor allem die Frage aufwerfen, wer von beiden betrunkener war: der Tätowierte, der sich, nun ja, bestochen fühlt, oder der Tätowierer. Zwischen Moskau und Wolgograd werden jedenfalls wieder auf Unterarmen und Sixpacks eingravierte Kindergeburtstage und Glaubensbekenntnisse zu bewundern sein, auf dass man sie in ein paar Jahren im Dschungelcamp noch mal in aller Breite nachlesen kann.

Messer, Nadel, Schere: Wer schön sein will, muss leiden

Die Frauen treffen sich erst 2019 zur nächsten Exhibition auf Rasen. Womit sich die moderne Profisportlerin herumzuschlagen hat, darauf hat Marie Lang, Kickboxerin und Model aus München, dieser Tage schon mal vor ihrem WM-Kampf gegen Lucia Krajcovic aufmerksam gemacht. Lang, so war in einer Pressemitteilung zu lesen, habe sich die Brüste vergrößern lassen. Ob das nicht gefährlich sei im Ring? "Nein", antwortete die 31-Jährige. "Es ist verboten, auf die Brust zu schlagen. Im schlimmsten Fall würde das Implantat platzen oder verrutschen." Nun gibt es auch im Fußball klare Regeln. Andererseits gibt es Sergio Ramos. Aber Lucia Krajcovic, Kampfname "The Pretty Beast", ist eine faire Sportlerin. "Ich werde nicht auf die Brüste schlagen", sagte Krajcovic vor dem Duell: "So was macht man nicht als Frau." Als Mann wäre es demnach okay. Ein Fall für Sergio Ramos.

Wie die Mitteilung weiter mitteilt, hatte Model-Marie Lang bereits vor dem Fight "zu kämpfen", und zwar mit ihrem Gewicht: "Weil die Brustimplantante (sic!) sie 600 Gramm schwerer gemacht haben." Wie hinderlich eine (zu) große Oberweite sein kann, hat die Tennisspielerin Simona Halep in jungen Jahren schmerzhaft erfahren - und sich die Brüste verkleinern lassen. Vergangenes Jahr stieg sie zur Nummer eins der Welt auf. Am Samstag stand sie im Finale von Paris. Halep gewann gegen die Amerikanerin Sloane Stephens, Marie Lang gewann gegen Krajcovic, was zeigt: Klein oder groß sind im Sport keine Kategorien. Es gibt nur gut oder schlecht, wichtig oder unwichtig, egal ob mit der Schere geschnitten, mit der Nadel gestochen oder per Mail verschickt. Womit wir wieder bei den Frisuren wären. Was uns da mal wirklich interessieren würde: Sind Carlos Valderramas Andenalpaka und Marouane Fellainis belgisches Wollschaf eigentlich bei 30 Grad waschbar?

© SZ vom 11.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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