Linksaußen:Kampfkoloss aus der Hölle

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SZ-Grafik (Foto: N/A)

Warum Wildschwein nicht gleich Wildschwein ist - und furchterregender sein kann als jeder Löwe

Von Andreas Liebmann

Man darf es an dieser Stelle ruhig einmal zugeben: Die tierischen Vereinsnamen im Sport wurden einzig für Journalisten erfunden (allenfalls dezent unterstützt von der Plüschmaskottchen-Industrie). Denn es klingt einfach aufregender, wenn unsereins über Wölfe und Zebras schreiben kann; wenn dank animalischer Synonyme aus einem öden Unentschieden so unvergleichliche Überschriften-Brüller entstehen wie: "Spechte luchsen den Luchsen einen Punkt ab." Auch aus Pflanzennamen kann man zur Not etwas machen ("Lilien geknickt!"), aber wer außer Darmstadt 98 nennt sich schon wie ein Zwiebelgewächs?

Genauer hinterfragen sollte man die Beinamen besser nicht. Kein Schwein weiß, was Panther, Adler oder Haie auf Eis zu suchen haben, wo sie sich kaum geschickter fortbewegen als die sprichwörtliche Kuh. Gleiches gilt für Löwen, aber das wird weder im Tölzer Eishockey berücksichtigt, noch haben sie an der Grünwalder Straße offenbar darüber nachgedacht, dass der männliche Löwe ein ausgesprochen träger Geselle ist, der zwar furchterregend aussieht und klingt, aber seine Frauen zur Jagd schickt und selbst große Teile des Tages verpennt.

Wer Pech hat, wird in der Zeitung auch mal als "Nachwuchs-Wildschwein" tituliert, wie unlängst der Footballer Leon (!) Mehmeti, der an der Junioren-EM teilgenommen hat und für die Fursty Razorbacks spielt. Das klingt weder besonders schmeichelhaft, noch ist es zoologisch korrekt. Zwar tragen die Razorbacks etwas Wildschweinartiges im Wappen, doch das haben sie mit den Baseballern der Baldham Boars gemeinsam. Und sie (also die Boars, nicht die Baseballer) sind die echten Wildschweine.

Bei Razorbacks handelt es sich vielmehr um verwilderte Hausschweine, die sich bisweilen mit echten Wildschweinen paaren und in Teilen der USA vorkommen. (Ob "Verwildertes Nachwuchs-Hausschwein" besser geklungen hätte, sei mal dahingestellt.) Sie gelten als unfreundliche, zähe Wesen, die schon mal über Zäune springen. Berühmt wurde ein Exemplar namens Hogzilla, das nach seiner höchstjägerlichen Exekution im Jahr 2004 vermessen wurden: 2,40 Meter lang, 360 Kilo schwer, 46 Zentimeter lange Hauer. Fast wie in dem Horrorfilm "Razorbacks - Kampfkoloss der Hölle". Nur toter. Merke also: Augen auf bei der Namenwahl! Am Sonntag hätten die Razorbacks in der Regionalliga gerne die müden Feldkirchen Lions zerfleischt. Die Löwen sagten ab. Sicherheitshalber.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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