Linksaußen:Des Kaisers neue Kleider?

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Was Karl Lagerfeld mit der Freien Sportgemeinschaft Amperland zu tun hat

Von Ralf Tögel

Der Mode entkommt man nicht. Denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode." Dieser Satz, nein, dieses Bonmot, dieses Aperçu geht zurück auf die lebende Modedesigner-Legende Karl Otto Lagerfeld. Der Mann, der aus einer riesigen Blondine namens Claudia Schiffer die Mannequin-Prinzessin Klodia schuf, der sich wie ein Wirbelwind durch die französische Haute Couture fächerte, dieses zeitlose Wesen, das nach eigenem Bekunden gar nicht weiß, was Stress ist ("Ich kenne nur Strass").

Kaiser Karl, wie ihn sein Gefolge ehrfürchtig nennt, kann aber viel mehr als gelangweilt durchs Leben stolzieren. Düfte erfinden, fotografieren, als Gastprofessor der Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst in Wien unterrichten oder Choupette einen Twitter-Account einrichten. Choupette im Übrigen ist des Meisters Katze. Und erst sein Outfit, wen wundert's, o là là. Gepudertes Zöpfchen am schlohweißen Schopf, Stehkragen aus Marmor, lichtabweisende Sonnenbrille: morbide Rokoko-Eleganz in Schwarz. Erinnert ein wenig an einen Untoten, vielleicht macht Karl der Große ja deshalb so ein Geheimnis um sein Alter, weil er seit Jahrhunderten die Modewelt aufmischt und sich vom Blut seiner Gemeinde ernährt? Späßchen.

Im Ernst, es gibt nur ein Feld, auf dem der Modezar gar keinen Kreuzstich macht: den Sport. Klar, wenig möglich in diesem Bereich, wie er schon festgestellt hat: "Heute sehe ich überall Sportmode. Alle tragen Lila oder grau-grüne Anoraks. Man bekommt das Gefühl, dass ein großer Bergsteigerverein die Stadt besichtigt." Da hat er aber nie ein Spiel der FCB-Amateure gesehen, allein die Schühchen ein Augenschmaus: neongelb, blau, weiß, pink, schreiend orange. In die Herrschinger Nikolaushalle sollte sich Lagerfeld besser nicht verirren, er würde wahrscheinlich sofort erblinden. Denn dort spielen die ortsansässigen Volleyballer in der Karikatur eines Trikots - mit Trachten-Applikationen.

Bei der Freien Sportgemeinschaft Amperland wäre selbst Lagerfeld allerdings machtlos. Während die Mixed-Mannschaft in Japan kürzlich den Weltcup gewann, geht ein Teil der FSG in Emmering seinem keiner Mode unterworfenen Hobby nach: Sie spielen Nackt-Indiaca.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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