Josefa Maria Viganò trat 1793 an der Wiener Hofoper eine Welle der Empörung los, mehr noch: Die feine Gesellschaft verfolgte die Darbietung der Ballerina auf der weltbekannten Bühne mit offenen Mündern, glühenden Wangen und rasenden Herzen. Denn Viganò war nackt, wie Gott sie schuf. Dachten zumindest alle. In Wahrheit trug sie als erste Tänzerin einen fleischfarbenen, sehr figurbetonten Anzug. Noch anzüglicher wurde es für konservative Naturen, als Viganò später schwanger wurde - und weitertanzte in ihrem Dress. Viele verzückte Adelsdamen polsterten daraufhin ihren Unterleib aus: die Geburt des so genannten Viganòbauchs. Man ahnt, was die Kirche davon hielt.
Ihre Erfindung revolutionierte jedenfalls die Ballettkunst, Akrobaten, Artisten, Turner und Tänzer übernahmen den frivolen Stoff. Das Trikot (franz. tricoter, stricken) war geboren, das heutzutage in allen Polyester-Facetten die Sportwelt bekleidet. Nun stellt sich die Frage: Hätten Herrschings Volleyballer sich nicht lieber diese grazile Viganò als Vorbild nehmen und dem deutschen Meister Friedrichshafen am Samstag fleischfarben begegnen können? Oder, wie einst der spanische Fußball-Drittligist Cultural y Deportiva Leonesa S.A.D. antrat: im edlen Smoking-Sportdress, mit Hemd, Frack, Fliege?
Stattdessen: pinke (Wiesn-)Trikots! Wie schon der VfL Bochum, der Hamburger SV und Tim Wiese, "Mucki"-Wiese, der aufgepumpte Wrestler mit dem 740-PS-Lamborghini. Die Herrschinger haben ihre Idee etwas spöttisch vom VfB Friedrichshafen abgekupfert, ihrem Gegner. Der wollte in der Hinrunde seine Spieler so lange in solchen Shirts spielen lassen, bis die heimische Arena ausverkauft wäre. Nur gelang das nicht. Erst ein Sponsor zeigte Erbarmen und füllte die leeren Plätze mittels Freikarten, um nur endlich dieses Pink loszuwerden.
Wissenschaftliche Studien belegen mittlerweile übrigens, dass zwischen der (eigenen) Trikotfarbe und der Reaktionsschnelligkeit ein Zusammenhang besteht. Vor allem Glitzerhemden sollen die Reflexe beschleunigen. Herrsching im Elvis-Kostüm? Der GCDW müsste wegen des Fan-Andrangs alsbald in die neue Halle ziehen - wenn er eine hätte.
Nun also pink. "Es wird bewundert, geliebt, gefürchtet, respektiert und gehasst wie kein anderes. Weil wir vom größten Klub der Welt sprechen", heißt es auf der Vereins-Homepage. Von Real Madrid, 2014. Bei der Präsentation der neuen rosa Auswärtstrikots.