Landesliga live:Verpuffte Kabinenpredigt

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Wenn auch Bundesliga-Erfahrung nicht weiterhilft: Türkgücü-Torwart Michael Hofmann ist nach der neuerlichen Pleite am Boden zerstört. (Foto: Claus Schunk)

Ligafavorit Türkgücü verliert auch gegen Freising und ist seit fünf Spielen ohne Erfolg.

Von Fabian Swidrak, München

Wer die Bezirkssportanlage Perlach-Nord durch den Haupteingang betritt, läuft gleich rechter Hand an den Umkleidekabinen vorbei. Wer die Anlage direkt vor Fußballspielen betritt, kann daher den Ansprachen der Trainer lauschen - vorausgesetzt die Fenster sind nicht geschlossen. Die Mannschaft des SV Türkgücü-Ataspor München hatte die Kabinenfenster am Sonntag gekippt. Und so war zu hören, wie Trainer Andreas Pummer von seinen Spielern eine positive Körpersprache einforderte.

Ebenjene positive Körpersprache war seiner Mannschaft in den vergangenen Wochen abhanden gekommen. Türkgücü, gespickt mit in höheren Ligen erfahrenen Spielern und planmäßig mit zehn Siegen aus elf Spielen in die Saison gestartet, hatte keines der vergangenen vier Spiele gewonnen, zwei sogar verloren. Nach Pummers Körpersprache-Ansprache folgte dann der nächste Rückschlag: Türkgücü verlor sein Heimspiel gegen Tabellenführer SC Eintracht Freising mit 1:3 (0:1). "Ein Unentschieden wäre verdient gewesen, wenn wir nur nach den Chancen gehen", sagte Pummer anschließend. "Aber uns fehlt zurzeit der absolute Wille, die Tore machen zu wollen."

Nach 16 Spieltagen steht Türkgücü in der Landesliga Südost auf dem dritten Tabellenplatz hinter dem FC Töging und Eintracht Freising. Der Rückstand auf die Tabellenspitze ist durch die jüngste Niederlage auf acht Punkte gewachsen. Der Druck auf Pummer und seine Mannschaft nimmt zu. Pummer hatte vor dem Spiel gesagt, die Vereinsführung habe bislang absolute Ruhe bewahrt. Bleibt das so? Pummer hatte auch gesagt, seine Mannschaft dürfe gegen Freising nicht verlieren.

Als die sportlichen Ziele in der vergangenen Saison früh außer Reichweite gerieten, entließ der Verein Trainer Vitomir Moskovic. Nach sieben Spieltagen hatte Türkgücü zehn Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze. Teammanager Kadir Alkan übernahm, bis der Verein einen Monat später Rainer Elfinger verpflichtete. Auf einige gute Spiele folgten in der Rückrunde vier Niederlagen in Serie, Elfinger bat um Vertragsauflösung. Alper Kayabunar wurde der vierte Trainer innerhalb einer Saison.

Hasan Kivran, der Vorstandsvorsitzende des Vereins, hatte Moskovic damals den Auftrag gegeben, in der Landesliga "mindestens oben mitzuspielen". Bis 2020 will Kivran mit Türkgücü in die Regionalliga aufsteigen. Pummer also ist in dieser Saison noch weit höherem Druck ausgesetzt, als es Moskovic war. Der Aufstieg in die Bayernliga ist beinahe Pflicht, will der Verein sein langfristiges Ziel erreichen. Cemal Günes, ein ehemaliges Vorstandsmitglied, hatte vor der Saison gesagt, alles andere als der direkte Aufstieg in die Bayernliga sei mit dem aktuellen Kader Türkgücüs ein Misserfolg.

Pummer versucht, den Druck auf seine Mannschaft nicht noch zu verstärken. Als Yakub Dora die erste größere Torchance für Türkgücü vergab (11.), brüllte Teammanager Kadir Alkan vorwurfsvoll über den Platz. Pummer dagegen klatschte bei jeder gelungenen Aktion seiner Spieler Beifall. Vom Abschluss einmal abgesehen gab es davon einige. Freisings Trainer Alexander Plabst sagte nach dem Spiel: "Wir müssen uns jetzt nicht für den Sieg entschuldigen, aber in der ersten Hälfte hatten wir Glück, dass sie nicht in Führung gegangen sind."

Freising nutzte dagegen sogar Situationen für Tore, die gar keine Chancen waren. Mesut Toprak erzielte mit einem abgefälschten Distanzschuss den Führungstreffer (36.). Andreas Schredl traf per Direktabnahme, nachdem Routinier Michael Hofmann, den Pummer wieder ins Türkgücü-Tor beordert hatte, einen Kopfball abwehren hatte können (70.). Die Münchner machten im zweiten Durchgang weiter Druck. Pummer sagte: "Ich habe nicht gesehen, dass meine Mannschaft aufgegeben hat." Freising konterte, Andreas Hohlenburger erzielte den dritten Treffer (80.). Dennis Vatany traf zum 3:1-Endstand (83.).

Trotz der nun acht Punkte Vorsprung sieht Freisings Trainer Plabst im SV Türkgücü einen großen Konkurrenten. Er sagt: "Die Truppe ist so stark, die können jeden Rückstand aufholen." Auch Türkgücü-Trainer Pummer wird seine Mannschaft vor dem nächsten Spiel gegen Geretsried am Samstag starkreden. Vorausgesetzt, Teammanager Alkan und Präsident Kivran bewahren Ruhe.

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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