Judo-Bundesligist Großhadern:Mitten im Chaos

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Theresa Diermeier, Trainerin der TSV-Judofrauen, hat die Endrunde trotz der schwierigen Saison noch nicht abgeschrieben. (Foto: Imago)

Großhaderns Judo-Frauen gewinnen mit einer Willensleistung 8:6, die TSV-Männer holen im Viertelfinal-Hinkampf ein 7:7

Von Julian Ignatowitsch, München

Manchmal kann eine Niederlage Kräfte freisetzen. Als Tanja Kupschewski ihren Kampf für den TSV Großhadern nach vier harten Minuten in der Judo-Bundesliga verloren hatte, war ihrer Trainerin Theresa Diermeier klar: "Heute gewinnen wir!" Die Zuschauer johlten, das Team klatschte die geschlagene Kameradin energisch ab. Kupschewski, die auf ihrer Position bis 63 Kilogramm eigentlich dritte Wahl ist, hatte nur ganz knapp (mit einer Strafe) gegen ihre favorisierte Gegnerin verloren. "Sie hat sich so reingehängt, hat so gefightet - das hat allen gezeigt: Wir wollen nicht schon wieder als Verlierer von der Matte gehen", sagte Diermeier.

Nach drei Niederlagen in diesem Jahr holte Großhadern gegen den KSV Esslingen mit 8:6 Punkten den ersten Saisonsieg. Die paradoxe Chronologie an diesem Tag wollte es tatsächlich so, dass Theresa Stoll (-57 kg) und Lisa Dollinger (-70 kg) die beiden letzten Kämpfe, die nach Kupschewski kamen, gewannen. Dollinger sagte anschließend selbst: "Tanjas Auftritt hat mir das Gefühl gegeben: Jetzt erst recht." Nach einer langwierigen Knieverletzung sei sie verunsichert gewesen, so Dollinger. Aber diese Unsicherheit war nach der Leistung ihrer Teamkollegin plötzlich wie weggeblasen. Nach nur 30 Sekunden siegte Dollinger im entscheidenden letzten Kampf vorzeitig und sicherte der Mannschaft damit den Sieg - und gleichzeitig die Chance auf die Finalrunde.

"Solange wir theoretisch eine Möglichkeit haben, glauben wir daran", sagte Diermeier, die nach ihrem ersten Erfolg als Trainerin sichtlich erleichtert war. Mit einem hohen Sieg gegen den direkten Konkurrenten JC Leipzig am 19. September ist die Qualifikation fürs Finale der letzten Sechs noch möglich. Dazu darf allerdings auch der JC Wiesbaden nicht gewinnen, Großhadern hat es also nicht mehr in der eigenen Hand. Die Chancen auf die Endrunde sind also eher gering.

Alles in allem ist es schon jetzt eine chaotische Saison für die Frauen, die als Titelverteidiger an den Start gingen. Viele Ausfälle, eine unterbesetzte Position im Leichtgewicht, die zweimal sogar ganz leer blieb, und ein Mangel an internationalen Starterinnen: Großhadern konnte nicht ein einziges Mal in Bestbesetzung auflaufen. "Die Olympischen Spiele werfen ihren Schatten voraus", erklärte Diermeier, die auch selbst Fehler bei der Vorbereitung eingestand. Die Terminflut macht es ihr jedes Mal schwer, eine schlagkräftige Truppe zusammenzubringen. "Ich lerne noch dazu", sagte sie. Im kommende Jahr wolle sie den Kader wieder breiter aufstellen.

Großhaderns Männer könnten da ein Vorbild sein. Sie stehen in der Bundesliga bereits im Viertelfinale der Playoffs, obwohl Ausfälle bei ihnen in dieser Saison ebenfalls zum Tagesgeschäft gehören. Beim UJKC Potsdam errangen die Männer jetzt ein 7:7 und verschafften sich damit eine gute Ausgangsposition für den Rückkampf in München. Dabei fehlten in Niklas Blöchl (-73 kg), Timo Cavelius (-73 kg) und David Karle (-66 kg) die besten jungen Athleten wegen der EM-Vorbereitung sowie die verletzten Bundesathleten Aaron Hildebrand (-90 kg) und Tobias Englmaier (-60 kg). Kurzfristig musste auch Alexander Wieczerzak (-81 kg) krankheitsbedingt passen. Betreuer Gerhard Dempf reiste nur mit zehn Mann nach Brandenburg, dafür immer noch mit einem qualitativ gut besetzten Kader. Die hohe Leistungsdichte zahlt sich für die TSV-Männer aus.

Der WM-Zweite Karl-Richard Frey (-100 kg) gewann seine Kämpfe sicher, Felix Ditschek (-100 kg) überraschte bei seinem erst dritten Sieg im 20. Ligakampf. Großhadern war am Ende sogar nach Wertungspunkten vorne. Die Meisterschaft ist in Reichweite. "Und sie ist das Ziel", betonte Dempf noch einmal. Dass der Rückkampf gegen Potsdam im Zeichen des Wiesn-Anstichs steht, wertete Dempf lachend als Zusatzmotivation.

Großhaderns Frauen und Männer planen, nach dem Kampftag gemeinsam zur Wiesn zu gehen. Bezüglich der Entscheidungen um den Finaleinzug herrscht dann jeweils Klarheit.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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