Interview zum DEL-Start:"Sich Respekt zu erarbeiten, braucht Zeit"

Lesezeit: 3 min

Eishockey-Nationalspieler Frank Mauer über seinen Wechsel von Meister Mannheim nach München, die Chancen des EHC auf den Titel und seine Rolle in einem Team mit vielen Facetten.

Von Christian Bernhard

Nach zwei kurzen, aber schmerzhaften Playoff-Erfahrungen will der EHC München in der am Freitag beginnenden 22. Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) dorthin, wo Frank Mauer, 27, vor wenigen Monaten schon war: auf den DEL-Thron. Der Nationalspieler gewann mit den Adlern Mannheim, deren Trikot er knapp 20 Jahre lang trug, vergangene Saison den Titel und war mit sieben Treffern der erfolgreichste Playoff-Schütze seiner Mannschaft. Anschließend gab er seinen Wechsel nach München bekannt. Im SZ-Interview erklärt er, was es braucht, um Meister zu werden und was der Anspruch eines EHC-Spielers sein sollte.

SZ: Herr Mauer, beginnen wir mit einer einfachen Frage: Wie wird man Meister?

Frank Mauer: Mit viel harter Arbeit. Der Titel 2015 war mein erster im Profibereich und ich muss sagen: Man weiß erst, was man dafür braucht, wenn man es tatsächlich geschafft hat.

Dann klären Sie uns bitte auf.

Dahinter steckt so viel Einsatzbereitschaft und Wille - und ein riesiger Teamgeist. Wir waren in Mannheim eine eingeschworene Truppe, jeder hat für jeden gespielt. Wir haben uns gegenseitig alles gegönnt und die Schmutzarbeit füreinander gemacht. Alle im Team haben Verantwortung übernommen, wir haben uns nicht auf einzelne Spieler verlassen. So etwas muss im Lauf einer Saison entstehen. Wenn man das, gepaart mit guten Einzelspielern, hat, hat man gute Chancen, Meister zu werden.

"Es sollte der Anspruch jedes Spielers sein, eine Führungsrolle einzunehmen": Frank Mauer, 27, Nationalstürmer und neu beim EHC. (Foto: Imago)

Sehen Sie dieses Potenzial in München?

Absolut, wir haben alles, was man braucht. Wir haben super Torhüter, große, kräftige, spielstarke Verteidiger sowie schnelle, technisch versierte und erfahrene Stürmer. Unser Kader hat viele Facetten, dazu haben wir auch Härte in der Mannschaft. Das sind die Komponenten, die wichtig sind. Jetzt liegt es an uns, den Teamgedanken reinzubringen und zusammen unsere großen Ziele zu erreichen.

Die Mannschaft wirkte in der Champions Hockey League, in der sie alle vier Gruppenspiele gewann, sehr routiniert und abgeklärt.

Ja, das ist überraschend, wenn man bedenkt, wie kurz wir erst zusammen sind. Die Spieler, die letzte Saison schon hier waren, sind vorneweg gegangen und haben uns Neue mitgerissen. Wir haben gute Gegner geschlagen, das gibt Auftrieb. Aber wir haben noch viel Luft nach oben, sowohl individuell als auch als Team.

Im Sommer kamen einige sehr erfahrene Spieler wie Toni Söderholm (37 Jahre), Keith Aucoin (36) und Jason Jaffray (34) zum EHC. Was haben sie mitgebracht?

Wenn Jungs wie Toni etwas sagen, hat das Gewicht. Das braucht man auch. Diesen Spielern bringt man am Anfang noch mehr Respekt entgegen, weil sie schon viel geleistet haben. In schwierigen Spielsituationen bringen sie mit ihrer Erfahrung Ruhe in die Partie, manchmal rütteln sie das Team auch mit einer Aktion wach. Es ist super, dass wir solche Leute haben, aber ich denke, dass das jeder machen kann. Und ich finde es wichtig, dass das auch jeder machen will. Es sollte der Anspruch jedes Spielers sein, eine Führungsrolle einzunehmen. Sich Respekt zu erarbeiten, braucht aber Zeit.

Sie wurden lange als reiner Offensivspieler bezeichnet, haben zuletzt aber betont, ein Allrounder werden zu wollen. Wie weit sind Sie auf diesem Weg?

Ich denke, dass ich letztes Jahr einen Riesensprung in diese Richtung gemacht habe. In der Jugend wollte ich nur ein Offensivspieler sein. Dann fasste ich den Entschluss, meinem Team nicht nur vorne zu helfen. Vergangene Saison habe ich in Mannheim viel Vertrauen bekommen, habe auch in Unterzahl gespielt und wusste, ich bin auch in der Defensive wichtig. Diese Rolle hat mir zugesagt, daran möchte ich anknüpfen.

Welche Rolle hat das Trainerteam in München Ihnen zugedacht?

Es gibt keine festen Rollen. Unsere Trainer erwarten von allen Spielern das Gleiche. Es liegt an dir als Spieler, deine Rolle zu definieren. Es liegt auch an uns, die Rolle zu erweitern. Wenn der Trainer sagt, du spielst dritte Reihe und Unterzahl, solltest du dich damit nicht zufrieden geben und mehr wollen. Darum geht es: sich ständig zu verbessern und die eigene Rolle zu erweitern.

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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