Herrschings Volleyballer:Appetitanreger Steuerwald

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Volleyball-Erstligist Herrsching plant ein "bayerisches Nationalteam".

Von Sebastian Winter, Herrsching

Den Auftakt bildete ein kleines Salätchen, Fisch oder Rind wurden als Hauptgang serviert, zum Abschluss gab es Eis mit Erdbeeren. Die Gönner der Herrschinger Volleyballer ließen es sich schmecken am vergangenen Donnerstagabend im Andechser Hof beim Sponsorentreffen mit dem Klub. Die TSV-Delegation versäumte auch nicht, ihnen ein kleines Amuse-Gueule aufzutischen, der Appetitanreger hatte einen besonders wohlklingenden Namen: Patrick Steuerwald.

Der 120-malige deutsche Nationalspieler, der bis vor ein paar Wochen noch Zuspieler des französischen Erstligisten Saint-Nazaire war, ist nach München zurückgekehrt und wird nicht mehr in Frankreich spielen. Denn sein Klub zieht sich aus finanziellen Gründen zurück, die ganze Liga hat ziemliche Probleme. Steuerwald, der ehemalige Hachinger, ist schon länger im Gespräch bei Herrsching. Er wäre der Traumzuspieler, den Trainer Max Hauser bräuchte, um ein konkurrenzfähiges Team aufzubauen, er könnte zugleich eine Werbefigur sein, um neue Spieler anzulocken.

Der 29-Jährige hat seine Dienste aber noch nicht zugesagt am Donnerstag, Steuerwald weiß, dass es sich manchmal lohnt, zu warten. Er sondiert seine Optionen, aber Interesse hat er schon: "Wir sind in Verhandlungen, und prinzipiell kann ich mir vorstellen, für Herrsching zu spielen", sagt Steuerwald, aber: "Die Rahmenbedingungen müssen passen." Steuerwald meint gar nicht unbedingt das Geld, "finanziell könnte man sich schon finden, es ist ja klar, dass Herrsching nicht das bezahlen kann, was ein ausländischer Klub zahlt". Außerdem ist er jetzt fast 30, sein Studium nähert sich dem Ende, mit seiner Freundin wohnt er in München nun wieder zusammen. Aber eines verlangt der 1,80 Meter große Profi, der mit Haching drei Mal den deutschen Pokal gewonnen und mit dem Nationalteam an der WM, EM und der Weltliga teilgenommen hat: "Die Mannschaft sollte schon einigermaßen aussehen."

Zum jetzigen Zeitpunkt sieht der Kader jenem aus der abgelaufenen Saison noch zum Verwechseln ähnlich, Mittelblocker Thomas Ranner und Libero Sebastian Prüsener sind gegangen, dafür haben die Mittelblocker Michael Wehl und Jan Wenke sowie Angreifer Julius Höfer bereits einen neuen Vertrag unterschrieben. Wenke und Wehl passen dabei ziemlich exakt in das Profil, das Herrsching für seine Spieler künftig vorsieht: Sie sind dann (eher mäßig bezahlte) Vollprofis, die acht- bis neunmal pro Woche trainieren und nur noch nebenher, wenn überhaupt, studieren. Bislang bestand Herrsching aus Studenten und Berufstätigen, die nebenher noch sehr ambitioniert Volleyball spielten.

"Mir schwebt eine Art bayerische Nationalmannschaft vor", so umreißt Teammanager Fritz Frömming das neue Konzept, das bessere Trainingsbedingungen und eine höchst professionelle medizinische Betreuung einschließt. Und womöglich hat der TSV noch weitere Spieler auf seinem Zettel, deren Verpflichtung nach dem Aufstieg vor einem Jahr noch undenkbar gewesen wäre.

Ferdinand Tille, der beim polnischen Spitzenklub Skra Bełchatow wegen fehlender Spielanteile nicht zufrieden ist, überlegt, wieder nach Deutschland zurückzukehren - der 26-jährige Mühldorfer hat mit Steuerwald jahrelang in Unterhaching gespielt und das Trikot der Nationalmannschaft noch öfter getragen als der Zuspieler. Tille, der vergangenen Herbst WM-Dritter mit Deutschland wurde, könnte den starken Prüsener als Libero ersetzen und der neue Fels in der Annahme werden, die vergangene Saison immer auch Herrschings Problemzone war. Außerdem ist Nationalspieler Lukas Bauer, in Schwandorf geborener Mittelblocker und wie Steuerwald zuletzt für Saint-Nazaire aktiv, auf Vereinssuche. Wenn Herrsching auch nur einen dieser Hochkaräter verpflichten könnte, wäre das ein großer Gewinn.

Den Haushaltsplan haben sie jedenfalls längst abgegeben, der Etat soll zumindest auf 450 000 Euro steigen. Und die Gönner? Sie schienen am Donnerstag nach fünf Stunden satt und zufrieden. Man darf gespannt sein, wie sie jetzt den Hunger des Klubs stillen.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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