1860 II:Krisenstimmung beim Verfolger

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„Mal sehen, wie wir da wieder rauskommen“: Pullachs Trainer Frank Schmöller ist nach fünf sieglosen Spielen in Serie bitter enttäuscht. (Foto: Claus Schunk)

Während der SV Pullach nach der 1:3-Pleite gegen TSV 1860 II alle Titelambitionen begräbt, sehen die Löwen wieder Land im Abstiegskampf. "Das war eine super Woche", sagte Trainer Christian Wörns.

Von Raphael Weiss, Pullach

Auch lange nach dem Abpfiff suchte Christian Wörns seine Umgebung ab. Die Augenbrauen konzentriert zusammengekniffen schritt er auf und ab. Zuvor hatte der Trainer des TSV 1860 II neunzig Minuten lang ununterbrochen an der Seitenlinie gestanden, das Spiel analysiert und bei jedem Ballbesitz des Gegners seinen Spielern Anweisungen gegeben. "Helmbrecht! Jetzt", hörten die Zuschauer, sobald Pullachs Torwart den Ball abgeschlagen hatte und der Außenstürmer auf seinen Gegner schieben sollte. Nun, zwanzig Minuten nach Spielende, suchte Wörns keine Fehler mehr. Und diesmal entspannten sich seine Augenbrauen, sobald er entdeckte, wonach er gesucht hatte: den Wirt der Pullacher Sportanlage. Seine Mannschaft hatte sich einen Kasten Bier verdient.

Die kleinen Löwen holten zuletzt sechs wichtige Punkte im Abstiegskampf gegen Teams vom anderen Ende der Tabelle. Am Mittwoch gegen den TSV Rain/Lech und nun beim 3:1-Erfolg gegen den SV Pullach. "Das war eine super Woche. Es war wichtig für die Moral, dass wir uns für zwei gute Spiele selbst belohnt haben", sagte Christian Wörns und schob nach: "Aber im Abstiegskampf ist noch nichts entschieden."

Seine Mannschaft hatte das Spiel beim SV Pullach mit einem Dreifachschlag kurz vor der Pause entschieden. Der Gastgeber hatte sich anscheinend schon in der 42. Minute in die Halbzeit verabschiedet. Nach einem guten Dribbling von Okan Memetoglou hatte die Pullacher Verteidigung den Ball schon zweimal gewonnen, doch anstatt ihn wegzuschlagen, versuchte sie, die Situation spielerisch zu lösen. So kam Memetoglou wieder in seinen Besitz und bediente Nicholas Helmbrecht, der aus sieben Metern nur einschieben musste.

Helmbrecht und Memetoglou, zwei der insgesamt sieben Spieler aus dem Kader der ersten Mannschaft, die gegen Pullach aufliefen, waren auch beim 2:0 eine Minute später beteiligt: Nach einem Ballverlust Pullachs fand Helmbrechts Pass - schön durchgelassen von Leon Klassen - Memetoglou, der aus 13 Metern zunächst an Torwart Marijan Krasnic scheiterte, dann am Pfosten, um im dritten Versuch das Tor zu treffen (43.). Den Schlusspunkt setzte Dennis Dressel mit einem Schuss von der Strafraumkante, unhaltbar für Krasnic (45.). Drei Tore in vier Minuten. "Ich weiß einfach nicht, warum wir so verteidigen. Wir haben in dieser Phase alles aus der Hand gegeben", sagte Pullachs Trainer Frank Schmöller und fügte an: "Sechzig war besser. Wir haben uns viel zu wenig bewegt, da wird es gegen so hervorragend ausgebildete Spieler schwer."

1860 war von Anfang an überlegen. Die junge Mannschaft spielte extrem konzentriert, arbeitete diszipliniert und engagiert gegen den Ball und schaltete schnell um. Die erste gute Chance hatte trotzdem der SV Pullach. Nach einem eigentlich viel zu kompliziert gespielten Konter bekam Lukas Dotzler den Ball im Strafraum, fummelte ihn durch die Verteidigung zu Daniel Leugner, der aus zwölf Metern unbedrängt über das Tor schoss. In der Folge wurde 1860 II stärker, Krasnic verhinderte durch starke Paraden den Rückstand. Dann kam die Schlussphase der ersten Halbzeit und das Spiel war entschieden.

Auch in der zweiten Halbzeit dominierten die Gäste, ließen kaum Chancen zu und kamen immer wieder gefährlich vor das Tor - scheiterten aber an Krasnic. Wörns war auf der Trainerbank der Verzweiflung nahe, die Aufholjagd der Pullacher fürchtend: "Wir haben heute gegen eine gute Mannschaft mit guten Einzelspielern gespielt, da kann es ganz schnell 3:2 stehen und dann wird's eng", sagte Wörns nach dem Spiel. Doch die Sorge war unbegründet. Zwar verkürzte Pullachs Max Zander, nachdem er einen weiten Ball schön mitgenommen hatte und flach abschloss, auf 1:3, doch das Tor in der 74. Minute blieb die letzte gefährliche Aktion des Tabellendritten bis zum Schlusspfiff.

Für den SV Pullach war es das fünfte sieglose Spiel in Serie. Vom Tabellenführer Heimstetten trennen ihn nun 12 Punkte, wobei Pullach drei Spiele weniger absolviert hat. Zu viel, wenn es nach Frank Schmöller geht, der die Titelhoffnungen nach der Pleite gegen Sechzig II für beendet erklärte: "Wenn man fünfmal in Folge nicht gewinnt, braucht man nicht mehr über die Meisterschaft reden. Wir sind in einer veritablen Krise. Mal sehen, wie wir da wieder rauskommen." Am besten mit einem Sieg im Verfolgerduell gegen Kottern am Dienstag.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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