Handball-Absteiger Fürstenfeldbruck:Schlechte Träume

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Ab in die dritte Liga Ost? Fürstenfeldbrucks Spielmacher Falk Kolodziej hat offenbar keine große Lust mehr auf Bayernliga-Handball. (Foto: Johannes Simon)

War es das schon wieder mit der Handball-Euphorie im Münchner Raum? Dem TuS Fürstenfeldbruck droht nach dem Abstieg aus der dritten Liga der Weggang einiger hoch talentierter Schlüsselspieler.

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Martin Wild hat in der Nacht kaum ein Auge zugetan. Auch am Morgen danach schwirren ihm noch so viele Gedanken durch den Kopf, dass er sie kaum in eine überschaubare Ordnung zwängen kann. "Wenn wir ein Spiel mehr gewinnen", sagt er leise, "dann wären wir Elfter und nicht 14. und hätten dieses ganze Thema jetzt nicht." Wild ist Lehrer, gleich muss er in den Unterricht, er hat sich aber vorher noch ein bisschen Zeit genommen. Denn Martin Wild ist auch Trainer der Handballer des TuS Fürstenfeldbruck, und die sind das am höchsten notierte Team weit und breit. Noch. Denn am Wochenende hatte der TuS sein letztes Saisonspiel in der dritten Liga, einer Spielklasse, die am Profisport kratzt. Bruck hat gewonnen, gegen den TV Germania Großsachsen, mit 32:30 Toren. Gereicht hat das für den Klassenerhalt aber nicht.

Nach Lage der Dinge müssen die Brucker in der kommenden Saison wieder in der Bayernliga antreten. Zwar steht noch eine Relegation aus, doch die erscheint als Muster ohne Wert. Die vier Drittletzten der jeweiligen Gruppen Süd, West, Ost und Nord spielen eine Rangliste aus, für den Fall, dass für die dritte Liga bereits qualifizierte Teams noch zurückziehen sollten. Das ist in der Vergangenheit zwar schon mal passiert, derzeit gibt es aber diesbezüglich keinerlei Signale. Zudem hat im West-Vertreter VfL Gladbeck bereits ein Teilnehmer abgesagt, folglich kommt es am 30. Mai zu einem Dreier-Turnier. Doch auch das könnte noch kurzfristig vom Deutschen Handballbund storniert werden, was offenbar im Ermessen der DHB-Funktionäre liegt.

Wild hält diese Relegation allein schon wegen des Zeitpunkts für eine "sehr unglückliche Sache", ihm bleibt aber nichts anderes übrig, als sich an diesen Strohhalm zu klammern. Das aber ist nicht der Grund für das "Gefühls-Wirrwarr" im Kopf des Brucker Trainers, vielmehr sind es die Neuigkeiten, die er in diversen Besprechungen und Einzelgesprächen mit Spielern am Montagabend bekommen hat. Man habe sich zu einem Abschlusstraining versammelt, erzählt Wild, nach dem er seine Spieler in eine zehntägige Trainingspause entlassen wollte. Ohne freilich zu versäumen, mit seinen Akteuren über die nahe Zukunft noch ein paar Worte zu wechseln. In so einem Gespräch eröffnete ihm Kreisläufer Markus Dangers, der mit Spielgestalter Falk Kolodziej ein ebenso junges wie kongeniales Duo gebildet hatte, dass er beim Drittligisten Balingen-Weilstetten II unterschrieben hat. Auch sein bester Torschütze Johannes Stumpf habe noch nicht final zugesagt, so Wild. Stumpf, der vor der Saison vom Bayernligisten Ismaning kam und eine bemerkenswerte Entwicklung in dieser Saison genommen hat, sei noch unentschlossen. Der TuS-Trainer selbst traut dem Rückraumspieler sogar die zweite Liga zu, hofft aber auf eine Verlängerung der Zusammenarbeit. Zu weiteren abspenstigen Spielern wollte sich Wild nicht äußern, nach SZ-Informationen trägt sich aber auch Spielmacher Kolodziej mit Abwanderungsgedanken, er wird mit dem Drittligisten HSC Bad Neustadt, dem Neunten der Ost-Gruppe, in Verbindung gebracht.

Mit dem Trio, alle drei Spieler sind gerade einmal 21 Jahre alt, würde Wild auf einen Schlag seine wohl talentiertesten Akteure verlieren, die zudem ausschließlich Schlüsselpositionen besetzen. Spieler, die auch im Kollektiv große Lücken hinterlassen würden, der größten Stärke der Brucker. Damit wäre auch die Idee zertrümmert, in der kommenden Runde mit nahezu unverändertem Kader eine Art Zwischensaison einzulegen. Denn mit dieser Mannschaft, so Wild, "bin ich tausendprozentig sicher, dass wir sofort wiederaufsteigen". Dass der reaktivierte Abwehrchef Andreas Krauß, Korbinian Sparn und Rückraumwerfer Maximilian Dück, der ohnehin die gesamte Saison verletzt gefehlt hat, aufhören, war einkalkuliert.

Doch nun? Noch sei nicht alles entschieden, hofft Wild, er gibt sich kämpferisch: "Rückschläge wären nichts Neues." Die schnelle Rückkehr in Liga drei dürfte sich so dezimiert indes nicht gerade leicht gestalten, zumal es in Mitabsteiger Friedberg und vor allem dem Bayernliga-Zweiten Waldbüttelbrunn, der seit Jahren mit Macht nach oben strebt, starke Konkurrenten gibt.

Die dritte Liga bleibt dennoch das große Ziel des TuS, dort will sich der Klub nachhaltig etablieren. Dass Bedarf im Großraum München nach Handball dieser Qualität herrscht, das hat die abgelaufene Saison gezeigt. Der Zuschauerschnitt wurde in Bruck von 300 aus der Vorsaison auf 800 Besucher fast verdreifacht, erinnert der Trainer. Wild übertreibt keineswegs, wenn er sagt: "Wir haben hier eine Handballbegeisterung entfacht."

Er hofft auch, dass dies gute Argumente auf der Suche nach Geldgebern für die kommende Spielzeit sind, denn der Etat, der etwa bei 85 000 Euro lag, war in der Drittklassigkeit einer der niedrigsten. "Bei den Aufwandsentschädigungen anderer Klubs können wir nicht mithalten, klagt Wild, "das ist ein altes Brucker Problem". Andererseits sei gerade die entstandene Euphorie ein großer Anreiz, möglichst schnell in die dritte Liga zurückzukehren. Ein schöner Gedanke.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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