Fußball-Regionalliga:"Wir sind wieder wir"

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Trio in Feierlaune: Doppel-Torschütze Alexander Sieghart jubelt mit den Vorlagengebern Thomas Steinherr und Luca Marseiler (v.l.) über seinen Treffer. (Foto: Claus Schunk)

Die SpVgg Unterhaching münzt die Bayern-Lehre vom unerschütterlichen Selbstvertrauen auf sich um und schlägt Bayreuth 6:1

Von Stefan Galler, Unterhaching

In der ganzen Republik, ach was, in ganz Europa kennt man das Erfolgsrezept des FC Bayern München: Es ist dieses unglaubliche Selbstvertrauen, das den Verein auszeichnet, gegossen in die prägnante Formel "Mia san mia".

In Haching hielten sie sich ja eine Zeit lang so ein bisschen für den kleinen Bruder der Bayern, zumindest als die SpVgg um die Jahrtausendwende zwei Jahre in der Bundesliga spielte. Mittlerweile kickt der Vorortklub in der viertklassigen Regionalliga, aber an diesem Wochenende haben sie sich mal wieder daran erinnert, was das große Vorbild, den Rekordmeister aus Harlaching, auszeichnet. Präsident Manfred Schwabl wählte bei seiner Analyse des schön anzuschauenden 6:1 (2:1)-Kantersiegs gegen die SpVgg Bayreuth ausnahmsweise und für ihn ganz ungewohnt die hochdeutsche Variante: "Gegen Illertissen und Greuther Fürth waren wir nicht wir", sagte er, deshalb habe es weder gegen die Schwaben (0:0), noch gegen die Mittelfranken (1:2) zu einem Sieg gereicht. Unterhachings Trainer Claus Schromm sah es genauso: "Heute haben wir von Anfang an unser Gesicht gezeigt." Und schloss mit der abgewandelten FC-Bayern-Doktrin: "Wir müssen wir sein, dann haben wir in jedem Spiel gute Karten."

Was "Mia san mia" im Hachinger Jargon bedeutet, zeigte die Mannschaft vom Start weg: Sie war sofort präsent, "willig und agil" (Schromm), attackierte den Gegner in dessen Hälfte und kam gut ins Gegenpressing. Schon in der sechsten Minute verwertete Alexander Sieghart eine mustergültige Vorlage von Thomas Steinherr zum 1:0, eingeleitet hatte die Situation der 18-jährige Luca Marseiler. Doch noch hatten die Unterhachinger ihr gesundes Selbstverständnis offenbar nicht dauerhaft verinnerlicht, prompt kamen die schwachen Oberfranken mit ihrer ersten Offensivaktion zum Ausgleich: Nach Eckball von Anton Makarenko köpfte Tobias Ulbricht zum 1:1 ein (14.). Die Hachinger ließen sich aber diesmal nicht ins Bockshorn jagen wie zuletzt gegen Greuther Fürth: Keine Minute später zeigte abermals Sieghart seine Klasse, tanzte zwei Gegner aus und schob flach aus zehn Metern zum 2:1 ein. "Das war ein wichtiges Tor", sagte der Doppel-Torschütze, diesmal im Gegensatz zu vorherigen Partien mehr im Zentrum zu finden. "Dort spiele ich gerne, deshalb freuen mich die beiden Treffer um so mehr", erklärte Sieghart, der auch schon mal für seinen Hang zum Eigensinn kritisiert wurde. Vielleicht auch deshalb unterstrich er den alten Stehsatz, dass das Team "zusammen gewinnt und zusammen verliert".

In diesem Fall wurde das Spiel in der zweiten Halbzeit zum kollektiven Triumphzug. In der 53. Minute leisteten sich gleich drei Bayreuther Verteidiger am eigenen Elfmeterpunkt ein beinahe lächerliches Missverständnis, Markus Einsiedler erfasste die Situation und schoss den Ball in den Winkel - 3:1. Keine zehn Minuten später spielte sich Steinherr bis zur Grundlinie durch, sah den zur Pause eingewechselten Dominic Reisner, der ohne Mühe einschob - 4:1. Die Gäste aus Oberfranken trotteten zum Anstoß, verloren sofort wieder den Ball, Reisner steuerte alleine auf Torwart Andreas Sponsel zu - und der musste abermals den Ball aus dem Netz holen. 5:1 (63.). "Mein erster Doppelpack seit Jahren", jubelte Reisner. "Ich war vielleicht noch ein bisschen mehr motiviert, weil ich von der Bank kam." Auch den Schlusspunkt setzte in Nicolas Hinterseer ein Joker, nach starker Vorarbeit des uneigennützigen Alexander Piller drohte der Österreicher den Ball zu verstolpern, um ihn dann doch noch zu versenken (85.).

An diesem Nachmittag schien den Hachingern alles zu gelingen. "Wir wussten, dass der Gegner müde werden würde, wenn wir unser Tempo gehen", sagte Schromm in Anspielung auf das um vier Jahre höhere Durchschnittsalter der "Altstadt", das dem Spitznamen der SpVgg Bayreuth alle Ehre machte. "Aber das war gar nicht nötig, wir konnten später sogar einen Gang zurückschalten."

Wo könnte eine Mannschaft mit einem derart ausgeprägten Mia-san-mia-Selbstvertrauen besser aufgehoben sein als auf dem Münchner Oktoberfest. Nach dem Spiel setzte sich der Tross in Bewegung Richtung Wiesn, alles organisiert von der Mannschaft, aber selbstverständlich mit dem prächtig gelaunten Präsidenten an der Spitze, der die Bayern-Mentalität ziemlich genau kennt: Dreimal war er als Spieler Meister mit dem FCB. "Das Bier schmeckt mir immer, aber nach einem solchen Sieg noch besser", sagte der 49-Jährige. Schromm ergänzte: "Nach einem so klaren Heimsieg hat man sich das ein oder andere Vitamingetränk verdient." Dann machten sie sich auf den Weg zur Theresienhöhe.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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