Fußball-Regionalliga:Sie nennen ihn Opa

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"Für einen Oberlehrer bin ich noch zu jung": Der Fachinformatiker Karl-Heinz Lappe spricht lieber auf Augenhöhe mit seinen jugendlichen Teamkollegen. (Foto: Johannes Simon)

Karl-Heinz Lappe führt den FC Bayern II im Derby gegen Unterhaching als Kapitän auf den Platz. Als Jugendlicher konnte sich der 28-Jährige bei beiden Klubs nicht durchsetzen, nun leitet er aktiv Talente an

Von Johannes Kirchmeier, München

Bei unzähligen Teenagern platzt jedes Jahr der Traum vom Profifußball an der Säbener Straße auf dem Trainingsgelände des FC Bayern. Philipp Lahm, Thomas Müller oder David Alaba sind die Ausnahmen. Die Geschichte des 14-jährigen Karl-Heinz Lappe ist daher eigentlich eine Randnotiz: Sein Traum, Bayernprofi zu werden, platzte im Sommer 2001. Zu klein war er, seine Entwicklung langsamer als die der Mitspieler. Gründe, die man oft hört, wenn es nicht ganz gereicht hat. Doch anders als der Traum vieler anderer Jungs hat sich der von Karl-Heinz Lappe, 28, noch erfüllt. Auf 44 Zweitligaspiele für den FC Ingolstadt bringt er es. Und inzwischen trainiert er wieder auf dem Gelände des FC Bayern.

Lappe ist Kapitän des FC Bayern II und trifft am Mittwochabend im Regionalliga-Nachholspiel (19 Uhr, Stadion an der Grünwalder Straße) auf die SpVgg Unterhaching. Er wird der erfahrenste Spieler auf dem Feld sein, Bayern-Trainer Heiko Vogel bezeichnete ihn vor der Saison als "Opa" der Münchner. "Da war ich gleich schockiert", sagt Lappe und lacht. "Die anderen Spieler sind halt 19, 20 Jahre alt. Ich bin fast zehn Jahre älter, aber auf dem Platz fühle ich mich nicht als Opa." Und so sei es natürlich auch nicht gemeint gewesen, versicherte Vogel.

Auch beim Gegner Unterhaching hat Lappe gekickt, im Jahr 2001 war das. Allerdings nur zweieinhalb Monate lang nach seiner Jugendzeit beim FC Bayern. Er kam nicht mit dem Trainer klar, spielte wenig. In Lappes Leben steht die Episode für einen Umbruch: Danach entschloss sich der Mann aus München-Lerchenau mit 15 Jahren erst einmal gegen eine Profi-Karriere. Er wechselte nach Starnberg, fing eine Ausbildung zum Fachinformatiker an. Bis heute arbeitet er neben dem Sport.

Seinen Weg in den Profifußball hat Lappe trotzdem gefunden, obwohl er nie der technisch Versierteste oder Schnellste war. Aber er hat einen starken Willen, er hat immer Tore gemacht und war nie schlimm verletzt. Und 2009 wechselte er zum richtigen Zeitpunkt aus der Bezirksoberliga zum ambitionierten FC Ingolstadt.

Als das Team im Sommer dieses Jahres in die Bundesliga aufstieg, wusste Lappe, dass er nur noch geringe Chancen auf Einsätze haben würde. So kam sein Wechsel nicht überraschend, der Schritt in die Regionalliga schon. Er erklärt sich aber auch recht leicht: Lappe ist ein bodenständiger Mensch, sein ganzes Leben hat er in München verbracht. 2013 heiratete er, seit dem vergangenen Jahr ist er Vater. "2001 ist zwar mein Traum ein Stück weit geplatzt. Aber umso schöner war es, dass der FC Bayern wieder an mir interessiert war", sagt er. Seit seiner Kindheit ist er Bayern-Fan.

Und so lange liegt die mit 28 noch nicht zurück, daher sieht sich Lappe mehr als Papa denn als Opa. Schon weil er Fachinformatiker sei, bleibe er "in Sachen soziale Netzwerke auf Zack. Und ich rede mit den jüngeren Mitspielern nicht über meine Probleme, sondern über das, was sie interessiert." Mal spielt er Playstation, mal gibt er Ratschläge: "Aber für einen Oberlehrer oder Besserwisser bin ich selbst noch zu jung. Ich lerne auch noch dazu." Vogel sprach ihm von Anfang an eine zentrale Rolle zu, als Anführer im Sturm. Die Abwehr sollte Nicolas Feldhahn, 29, zusammenhalten, ebenfalls ein gebürtiger Münchner, der im August aus Osnabrück heimkehrte. "Mit ihm verstehe ich mich sehr gut. Aber aktuell ist er mehr auf Reha-Maßnahmen als im Training", sagt Lappe. Feldhahn bestritt wegen Knieproblemen erst zwei Spiele.

Die beiden sind zurückgekommen, um ein Ziel zu erfüllen - den FC Bayern II endlich in die dritte Liga zu hieven. Seit 2011 schrammt die Mannschaft Jahr für Jahr mehr oder weniger knapp daran vorbei. An der Säbener Straße haben sie Angst, dass sie sich zu einem TSV 1860 der Regionalliga entwickelt. Der Lokalrivale mit dem Bundesliga-Anspruch ist mittlerweile ja der dienstälteste Zweitligist.

Derzeit sind die kleinen Bayern jedoch nur Sechster, einen Platz hinter Unterhaching. Vor anderthalb Wochen erlitten sie eine bittere 0:2-Niederlage im Derby gegen den TSV 1860 II. Zum Spitzenreiter Burghausen, der zwei Spiele mehr absolviert hat, fehlen zehn Punkte. Trainer Vogel spricht immer zurückhaltender über die Meisterschaft, Lappe glaubt noch daran. Fragt man ihn, wie er das Spiel gegen Haching sieht, klingt er in etwa so, wie man sich den jungen Karl-Heinz vorstellt, der gerade das Bayern-Gen eingepflanzt bekommen hat: "Wir müssen immer mit einem Sieg rechnen, damit wir unsere Ziele erreichen. Wir müssen auf Platz eins stehen. Das ist mein Ansporn. Darum bin ich beim FC Bayern." Seine Führungsrolle hat er angenommen. Aus dem etwas zu kleinen 14-Jährigen ist einer geworden, der mit Lahm, Müller und Alaba trainiert.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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