Fußball-Regionalliga:Neues vom Improvisationstheater

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Der FC Pipinsried spielt beim Debüt des 19-jährigen Torhüters Hollenzer zu null - vorne wie hinten.

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Es war ein Fußballspiel, bei dem Konrad Höß in der Halbzeit über die Lautsprecher vermutlich auch auf das eigene Team geschimpft hätte. Zudem eines, bei dem er nach dem Schlusspfiff sofort auf den Rasen geeilt wäre, um die allergröbsten Löcher zu verarzten. Doch Höß war nicht da. Am Mittwochabend, im düsteren Nieselregen, fand gegen Wacker Burghausen das erste Heimspiel in der 51-jährigen Klubgeschichte ohne Konrad Höß als Präsidenten statt. Auswärts war das bislang nicht weiter aufgefallen, denn da war Höß zuletzt so gut wie nie mitgereist. "Naa, der kommt nimma", seufzte einer der gut 300 Besucher neben dem Kiosk, in dem Höß' Frau Kathi stets die Wurstsemmeln verkaufte (auch sie fehlte). Und das 0:0 hätte Höß natürlich bestätigt, er hatte nach seinem Abtritt im Februar kein gutes Haar an seinen Nachfolgern gelassen und prophezeit nun den Abstieg.

Im Abstiegskampf der Regionalliga befindet sich das Team von Spielertrainer Fabian Hürzeler tatsächlich mehr und mehr, nach der Winterpause holte es erst zwei Punkte aus vier Spielen. Am Karsamstag besteht allerdings gleich die nächste Möglichkeit: beim TSV Buchbach, der mit 38 gesammelten Punkten selbst aus dem Gröbsten raus ist.

"Zu wenig", das sagte auch Fabian Hürzeler nach dem Spiel über den einen Punkt. Auch das hätte der stets kritische Höß womöglich unter seinen geliebten Rasen gekehrt, aber: Pipinsried war gegen den Traditionsklub von der Salzach die bessere Mannschaft gewesen, hatte mehr Spielanteile und Chancen. Vorne fehlte aber die Durchschlagskraft. Das noch größere Problem besteht darin, dass Hürzeler immer wieder improvisieren muss.

Sie würden Konrad Höß gerne zum Ehrenpräsidenten küren - aber Höß ist eben nicht da

Gegen Burghausen fehlte Stammtorwart Thomas Reichlmayer, der wegen einer Notbremse bei der Partie in Memmingen (1:3) auch noch in Buchbach fehlen wird. Immerhin, seine Vertretung machte trotz nervöser Momente einen "guten Einstand" (Hürzeler). "Das ist schon was anderes, geiles Gefühl", sagte der 19-jährige Sebastian Hollenzer. In der vergangenen Saison hatte Hollenzer noch unter Spielertrainer Sascha Mölders in der Landesliga beim SV Mering gespielt. Mölders sei "die wichtigste Person in meiner bisherigen Laufbahn", sagte der junge Keeper. "Er hat mich vor zwei Jahren von der Kreisklasse in die Landesliga geworfen." Und danach mitgeholfen, dass er bei einem Regionalligisten unterkam. "Eigentlich wollte er heute vorbeikommen, aber er musste ja selber spielen." Mölders gewann mit Sechzig bei Greuther Fürth II 2:0, für Pipinsried keine schlechte Nachricht.

Doch das Improvisieren geht weiter. Nun fehlt auch Philip Grahammer wegen einer Rotsperre, er leistete sich an der Mittelllinie eine unnötige Grätsche gegen Burghausens Stefan Wächter (70.). Auch wenn sich Hürzeler über die Schiedsrichter-Entscheidung ärgerte ("das ist der erste und der letzte Schiedsrichter, der das gibt"), so steht außer Zweifel, dass beim FC oft das Gespür dafür fehlt, was im rustikalen Fußballer-Deutsch gerne "gesunde Härte" genannt wird. In Sachen gelber Karten hat sich der FC vergleichsweise wenig zuschulden kommen lassen (58), bei der Zahl der Platzverweise (sechs) ist er allerdings ganz vorne dabei. Hürzeler selbst hat bereits neun gelbe Karten gesehen. Es könnte hilfreich sein, dass der Mittelfeld-Regisseur in Buchbach, in einem voraussichtlich erneut sehr kampfbetonten Spiel, noch mal dabei sein wird.

Im knallvollen Vereinsheim hieß es nach dem Spiel noch, dass man Höß gerne zum Ehrenpräsidenten küren würde, das hätte er sich ja verdient. Womöglich würde das die Wogen glätten. Aber Höß war eben nicht da. Und einen Ehrenpräsidenten bei Absenz zu küren, wäre dann vielleicht doch ein bisschen zu viel Improvisation gewesen.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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