Fußball-Regionalliga:Euphorisch am Stock

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Der FC Unterföhring erlebt gerade, was es bedeutet, in die vierthöchste Klasse aufzusteigen - einen immensen Aufwand. Größer ist nur die Vorfreude.

Von Stefan Galler, Unterföhring

Nicht, dass Franz Faber zu der Fraktion der ewigen Jammerer gehören würde. Der 57 Jahre alte Präsident des FC Unterföhring zählt vielmehr zu denjenigen, die anpacken, wenn es notwendig ist. Und er ist einer, der Chancen beim Schopf ergreift, wenn sie sich bieten. Deshalb versucht er zu genießen, was ihm und seinem Klub momentan widerfährt - trotz des enormen Stresses, den der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte mit sich bringt. Der Aufsteiger Unterföhring spielt in der neuen Saison, die an diesem Wochenende beginnt, in der Fußball-Regionalliga. Der Boss sagt, er sei "von der Euphorie getrieben", muss aber einräumen: "Ein bisserl gehe ich am Stock."

Es sei einem neutralen Beobachter kaum zu vermitteln, welche Aufgaben und Anforderungen seit Monaten auf die FCU-Verantwortlichen einwirkten: "Erst einmal mussten wir die Voraussetzungen für die Regionalliga leisten, dann die 90-Jahr-Feier unseres Vereins vorbereiten, dann machte die Mannschaft den Aufstieg klar, die Reserve ist auch aufgestiegen, und seither geht es nur noch darum, alles so herzurichten, dass es passt", sagt Faber. Man musste Sanitäts- und Ordnungsdienst für die Heimspiele organisieren, die im Heimstettner Sportpark stattfinden. Zuletzt gab es eine längere Besprechung mit der Polizei und eine Regionalligatagung mit allen anderen Vereinen. "Noch bin ich verheiratet", sagt Faber schmunzelnd. Seine Frau sieht er momentan jedoch nicht all zu oft.

Die Gemeinde hat ihrem FC Unterföhring einen Kuchen spendiert - die Heimspiele finden nach dem Aufstieg aber vorerst in Heimstetten statt. (Foto: Sven Leifer/Imago)

Nach den Auswärtspartien zum Saisonstart in Eichstätt und beim FC Augsburg II geht es dann zu Hause nicht etwa mit einem gemütlichen Testlauf gegen einen Provinzverein los, sondern gleich mit dem Derby gegen den FC Bayern II (30. Juli). "Da erwarten wir 1000 Zuschauer in Heimstetten. So viele hatten wir noch nie", sagt Faber. Auch das Spiel gegen die Löwen am 23. September wirft jetzt schon seine Schatten voraus. "Bei uns werden normalerweise nie Karten geordert. Am Dienstag haben wir alleine 16 Anrufe von Leuten gehabt, die für das Sechzig-Spiel Tickets vorbestellen wollten." Alle im Klub würden derzeit am Limit arbeiten: "Die Ungewissheit ist wie beim Theater während der Proben: Man weiß halt nie, wie die Premiere letztlich laufen wird", sagt der FCU-Präsident.

Und dabei meint Faber mehr den administrativen als den sportlichen Bereich; hier nämlich scheint alles gut zu laufen - was in diesem Maße ob des enormen personellen Umbruchs nicht zwingend erwartet werden konnte. Trainer Andreas Pummer hatte schon im Winter angekündigt, zur neuen Saison zum Landesligisten SV Türkgücü-Ataspor zu wechseln, nach und nach schlossen sich ihm die Spieler Yasin Yilmaz, Christos Ketikidis, Tayfun Arkadas, Uwe Schlottner und Yakub Dora an. "Es hat mich schon geärgert, weil das zum Teil genau die Leute waren, die mich im Winter angefleht haben, den Regionalligaaufstieg anzugehen", sagt Faber. Auch Michael Krabler (Rain) und Torwart Sebastian Fritz (Ismaning) verließen den Klub - die FCU-Verantwortlichen waren also gefordert.

"Es wäre ja dumm, so eine Chance nicht zu ergreifen": Thomas Seethaler wurde von seinem Aufstieg zum Cheftrainer des FC Unterföhring völlig überrumpelt. Er kam aus der Bezirksliga. (Foto: Claus Schunk)

Zunächst brachte Faber die Trainer-Nachfolge ins Trockene, der bisherige Assistent Thomas Seethaler beerbt Pummer auf dem Chefsessel. "Es ist wie ein Traum", sagt der 46-Jährige, der vor der vergangenen Saison nach acht Jahren als Coach des Bezirksligisten SV Nord Lerchenau nach Föhring kam. "Ich hatte mich dort ein bisschen abgenutzt und wollte etwas runterfahren, denn als Chef ist man einfach mehr im Fokus", sagt Seethaler, der dann von den Ereignissen völlig überrumpelt wurde: "Als der Präsident angefragt hat, ob ich in die Verantwortung rücken wolle, habe ich nicht lange überlegt. Es wäre ja dumm, so eine Chance nicht zu ergreifen." Dass er jetzt als verantwortlicher Trainer in einer Liga mit der ersten Garnitur der Löwen spielt, ist für Seethaler kaum zu fassen: "Ein Märchen. Die tollsten Geschichten werden im Fußball geschrieben."

Er selbst hatte als Junior in der Bayern-Auswahl gespielt, später dann lange beim damaligen Bezirksligisten SV Daglfing und schließlich in der Bezirksoberliga beim FC Aschheim unter Trainer Rudi Läng. Ein Bayernliga-Angebot von Falke Markt Schwaben hat er ausgeschlagen, was ihm etwas nachhängt: "Aber ich bin halt eher der treue Typ."

Nun geht es also in die Regionalliga - und zwar mit einer ganzen Reihe neuer Spieler, etwa Stürmer Robert Söltl, den Seethaler schon beim SV Nord trainiert hatte und der sich in der Vorbereitung als äußerst treffsicher erwies. Vom ASV Dachau kommt ein anderer Angreifer, Philipp Schmidt, 25, dem beim 4:1 (0:1) zuletzt im Test gegen den VfR Garching ein Hattrick gelang. Verteidiger Sebastian Hofmaier und der torgefährliche Mittelfeldspieler Andreas Kostorz wurden vom VfB Hallbergmoos losgeeist. Stark zeigten sich in den ersten Wochen der Vorbereitung auch andere Zugänge wie der Japaner Masaaki Takahara (vom FC Deisenhofen), Florian Bittner (TSV Eching) oder Mittelfeldspieler Fabio Sabbagh, der vom TSV 1860 II geholt wurde. "Tolle Anlagen" attestiert ihm FCU-Präsident Faber. "Er hat eine super Ausbildung." Trainer Seethaler ist mit seinem Personal zufrieden: "Ziel war es, Leute für die richtigen Positionen zu holen. Das ist gut gelungen."

Bleibt die große Frage, ob und wenn ja wie schnell man sich an das höhere Tempo und Spielniveau in der Liga gewöhnt. Der Trainer hält sich auffällig zurück: "Mein Anspruch ist es, wie im Vorjahr Garching und 1860 Rosenheim eine gute Rolle in der Liga zu spielen", sagt Seethaler. Alles über dem Strich sei eine tolle Sache. "Aber wenn die anderen deutlich besser sein sollten, dann muss man das einfach akzeptieren."

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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