Fußball-Regionalliga:Der Capo ist zurück

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Kam wieder, traf und siegte: Dennis Niebauer (rechts, umarmt von Tom Zimmerschmied) schoss nach fünfwöchiger Absenz das entscheidende 2:0. (Foto: Sven Leifer/imago/foto2press)

Auch dank Dennis Niebauer, der zuletzt fünf Wochen durch Australien reiste, schlägt der VfR Garching den FC Memmingen 3:0. Die Weihnachtsfeier "könnte ganz lustig werden", sagt der Kapitän.

Von Christian Bernhard, Garching

Die Schiedsrichter, die Trainer, die Spieler - noch hatte sich niemand in die Kälte gewagt. Nur Dennis Niebauer saß bereits warm eingepackt auf der Auswechselbank und zupfte sich die Decke zurecht. War er krank oder angeschlagen? Weder noch, daher eine beim VfR Garching eher selten zu beobachtende Situation. 82 Spielminuten später war Niebauer alles andere als alleine, über ihm türmten sich seine Mitspieler, die ihn am gegnerischen Strafraum jubelnd umgerissen hatten. Es war das Bild zum 3:0-Heimsieg des VfR gegen den FC Memmingen, mit dem sich Garching in die Winterpause verabschiedete. Mit einem richtig guten Gefühl.

29 Punkte aus 20 Spielen bedeuten Rang zwölf und sieben Zähler Vorsprung auf den ersten Abstiegs-Relegationsplatz. Dazu kommen die zwei ausstehenden Nachholspiele gegen den FC Bayern II und die SpVgg Bayreuth. Mit diesen zwei Partien in der Hinterhand "sieht es natürlich sehr gut aus", sagte Niebauer. "Wenn man gut aus der Winterpause kommt, kann man im März schon alles klar machen." An diesem Samstag hatte er alles klar gemacht. Niebauer fing einen verunglückten Querpass ab und überwand Memmingens Torhüter Martin Gruber mit einem gefühlvollen Heber aus 35 Metern zum 2:0. Ein "Niebauer-Tor", frohlockte VfR-Trainer Daniel Weber. Der Kapitän hatte sich "schon irgendwie so was ausgemalt", verriet er hinterher, "besser kann es nicht laufen."

Beide Teams wirken verunsichert, dann trifft Florian Pflügler mit einem wuchtigen Freistoß

Damit lieferte der 30-Jährige die ideale Geschichte zum Garchinger Jahresausklang. Der Capo, wie Dennis Niebauer beim VfR von allen genannt wird, hatte zuletzt fünf Wochen gefehlt, weil er in Asien als Backpacker unterwegs war. Urlaub. Deshalb saß er zu Beginn auch nur auf der Bank, konditionell sei ein Startelf-Einsatz "einfach nicht machbar" gewesen, erklärte der angehende Lehrer. Da es in der ersten Halbzeit gut lief, warteten Weber und Niebauer bis zur 60. Minute mit dem Wechsel. Dass dieser kein normaler sein würde, wusste Garchings Trainer bereits zu diesem Zeitpunkt: Einen Spieler wie Niebauer von der Bank bringen zu können, sei "eine Wucht", sagte Weber.

Der Garchinger Trainer war überrascht, wie viel Ballbesitz die Memminger seiner Mannschaft ermöglicht und wie abwartend sie agiert hatten. "Ich dachte, sie attackieren uns höher und spielen ihre Zweikampfstärke aus, aber sie waren heute sehr verunsichert." Dem VfR war zu Beginn auch anzumerken, dass er aufgrund eines spielfreien Wochenendes und mehrerer Spielverlegungen letztmals vor einem Monat gespielt hatte. Die Gäste waren immer dann gefährlich, wenn Muriz Salemovic den Ball hatte, seine Steilpässe hatten besonders in der ersten Hälfte das Prädikat sehenswert. Florian Pflügler ging in Minute 22 deutlich weniger gefühlvoll zu Werke, brachte den VfR aber in Führung: Sein wuchtiger Freistoß aus rund 25 Metern schlug halbhoch im linken Eck ein.

"Wir mussten uns neu erfinden", sagt Weber, lange stand ein Regionalliga-Verzicht im Raum

Das Tor gab den Garchingern jenes Selbstbewusstsein, um auch das letzte Spiel des Jahres erfolgreich und ohne Gegentor zu bestreiten. "Hinten haben wir nichts zugelassen", fand Weber, "die zwei Dinger, die sie hatten, hat Joey gut gehalten." Gemeint war Keeper Brenner, der bei Memmingens bester Chance ein bisschen Glück hatte, als Furkan Kircicek aus fünf Metern den Ball weit über das Tor drosch (57.). So war es den Niebauers überlassen, das Garchinger Fußballjahr krönend abzuschließen. Erst traf Dennis, dann sorgte Bruder Mike in der Nachspielzeit mit einem platzierten Schuss von der Strafraumgrenze für den 3:0-Endstand. "Eine Top-Leistung vor dem Winter", fand Weber, der nun abwarten muss, wohin das bayerische Kultusministerium den Referendar Dennis Niebauer beordert - Mitte Januar bekommt er Bescheid. Davon wird abhängen, ob er auch in der Restsaison für Garching spielen kann.

Als fast alle Garchinger Spieler schon in der Kabine verschwunden waren, wünschte Weber den wenigen im Stadion noch Anwesenden präventiv schon einmal einen guten Rutsch ins neue Jahr - und betonte noch einmal, dass es nicht in Worte zu fassen sei, was der Verein in den zurückliegenden Monaten geleistet habe. "Wir mussten uns neu erfinden", sagte er mit Blick auf die finanziellen Turbulenzen, die einen Start in die Regionalliga-Saison fraglich gemacht hatten.

Dennis Niebauer war der letzte Garchinger Spieler, der der Kälte trotzte, er scherzte und witzelte währenddessen noch am Spielfeldrand. Dann ging auch er in die warme Kabine, er musste sich schließlich wie alle anderen auch für die teaminterne Weihnachtsfeier bereit machen. Die, so sagte er noch, "könnte ganz lustig werden".

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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