Fußball-Bayernliga:Süß, Süsser - und jede Menge Saures

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Im geballten Sonntagsprogramm jubeln Pipinsried und Wolfratshausen über späte Tore. Echte Leckerbissen bekommt aber niemand zu sehen

Die Sache ist die: An Allerheiligen wird hierzulande (der Name lässt es kaum vermuten) aller Heiligen gedacht; selbst solcher, die gar nicht heilig gesprochen sind. Die Gedanken kreisen also um eine Vielzahl von Personen, von Polykarp von Smyrna über die Jungfrau Maria bis hin zu Franz Beckenbauer. Weil Gedanken besser kreisen, wenn es leise ist, gilt Allerheiligen als stiller Feiertag. Öffentliche Tänzchen sind verboten, Gerumpel ebenso - weshalb ungeachtet ihrer zu erwartenden Güte am Samstag keinerlei Bayernliga-Fußballspiele ausgetragen wurden. Auch hatte sich niemand getraut, am Halloween-Freitag zwischen Untoten, Vampiren und ähnlichen Wesen herumzukicken. So kam es zu einem geballten Sonntagsprogramm.

TSV Dachau vs. SV Pullach

Beim 2:0-Sieg im Derby beim TSV Dachau 1865 spukte mal wieder das Pullacher Strafraumgespenst Orhan Akkurt. Allerdings erzielte der Mittelstürmer seine Saisontore 20 und 21 jeweils vom weiß geschminkten Elfmeterpunkt. Zunächst nach 39 Minuten, nachdem Dachaus Torwart Maximilian Mayer SVP-Spieler Andreas Roth unfair am Verlassen des Strafraums gehindert hatte. Den zweiten Strafstoß holte Akkurt dann selbst heraus, seinem Antritt hatte TSV-Verteidiger Franz Hübl nur ein Foul entgegenzusetzen - dafür gab es neben dem Strafstoß auch noch die Ampelkarte für den früheren Ismaninger. "Das war kein gutes Spiel von uns", bilanzierte SVP-Trainer Frank Schmöller hinterher. "Wir hatten keine einzige richtige Torchance, aber wenn du oben stehst, gewinnst du so ein Spiel." Er werde in dieser Woche im Training "den Finger in die Wunde legen", kündigte der frühere Profi vorsorglich an. Dennoch musste Schmöller einräumen: "Die Serie mit sechs Siegen und acht Spielen ohne Niederlage ist schon gigantisch." Bei den 65ern herrscht nach acht sieglosen Partien dagegen Trauerstimmung: "Zumindest in der ersten Halbzeit waren wir ebenbürtig", fand Teammanager Konrad Kirschberger.

BCF Wolfratshausen

Das Gastspiel des BCF Wolfratshausen beim TSV Schwabmünchen hätte durchaus bereits an Halloween stattfinden dürfen, möglichst in irgendeinem düsteren Eck, zwischen Spinnweben und vor sich hin modernden Kürbissen. Denn es war über weite Strecken grausig anzusehen. "Viele Fouls, schlechter Platz, kaum zusammenhängende Spielzüge", fasste Wolfratshausens sportlicher Leiter Klaus Brand zusammen - mehr gab es auch in allergrößter Ausführlichkeit nicht zu berichten über die ersten 92 Minuten. Doch dann durchdrang ein Lichtstrahl die spielerische Finsternis. Aris Akgün habe noch ein wenig umhergedribbelt, "alle hatten sich längst auf das 0:0 eingestellt", da sah er den ebenfalls eingewechselten Yusuf Catal, der noch frisch war. Akgün passte und Catal beförderte den Ball in Allerseelen-Ruhe ins Tor - mit der Pike. "So ist es halt, wenn man einen Lauf hat", stellte Brand fest und jauchzte: "Das war Wahnsinn!"

SpVgg Unterhaching II

Nein, es handelte sich diesmal nicht um junge Internats-Zöglinge aus Bad Aibling, die im Namen der SpVgg Unterhaching zum TSV Landsberg zogen, um dort "Süßes oder Saures" zu verlangen. Es waren tatsächlich die gestandenen Jungprofis der SpVgg Unterhaching selbst, die sich nach den ersten zwei Saisonsiegen eine herbe 0:5-Klatsche leisteten. Unmittelbar vor dem 3:0 der Gastgeber in der 74. Minute sah zudem Hachings Kenny Redondo Gelb-Rot, danach fing sich die Mannschaft innerhalb einer Viertelstunde drei weitere Treffer ein. Unterhaching II ist und bleibt in dieser Saison eine süß-saure Wundertüte, auch über Halloween hinaus.

FC Unterföhring

Bei strahlendem Sonnenschein waren sie in Unterföhring losgefahren, doch in Eichstätt erwartete die Mannschaft von Trainer Andreas Pummer Friedhofswetter, passend zu Allerheiligen: Dichter Nebel, der ebenso wenig zur Stimmungsaufhellung beitrug wie die Leistung des FCU. Am Ende hieß es 0:3 (0:3), und Manager Manuel Prieler musste bei seinem Fazit schlimme Formulierungen verwenden: "Eine katastrophale Leistung, jenseits von Gut und Böse, das war eines Bayernligisten nicht würdig", schimpfte er. Und dann lief im Bus auf der Heimfahrt auch noch laute Popmusik. "Da meint man, wir sind auf einem Faschingsumzug", so Prieler. "Aber das spiegelt meine Stimmung nicht wider." Bis zur Pause hatten sich die Föhringer gar nicht so schlecht verkauft, die besten Chancen vergaben Dominik Hofmann und Efkan Bekiroglu kurz vor der Halbzeit. Dann jedoch wurde es finster, Stefan Biber per Doppelschlag (47./52.) und Markus Hörmann (75.) nutzten teilweise haarsträubende Schnitzer der Gäste zu den drei Toren für den VfB Eichstätt. "Mir graut vor den letzten vier Spielen in diesem Jahr", so Prieler.

FC Pipinsried

Beim FC Bad Kötzting, einem Kandidaten für die Landesliga-Gruft, wartete ein gar unheiliges Ambiente auf den Spitzenreiter Pipinsried. "Was da von außen an Stimmung ins Spiel getragen wurde. . ." - FCP-Spielertrainer Tobias Strobl wollte den Satz gar nicht beenden. Er und seine Spieler bekamen es jedenfalls mit einem Gegner zu tun, der versuchte, Ball wie Gegner gleichermaßen flach zu halten. Das Konzept ging zunächst auf, Pipinsried fand nicht ins Spiel, die Kötztinger gingen nach einer Balleroberung und einem schnellen Konter durch Matthias Niedermaier in Führung (36.). Doch ganz zum Schluss rächte sich die harte Gangart: Zunächst sah Jakub Süsser vor der Pause Gelb-Rot, in der 88. Minute Matthias Süß. Und dann bekamen die Bayerwalder Saures, ihnen ging die Puste aus, und die Pipinsrieder nutzten die Lücken: Artur Kubica traf in der 89. Minute nach Vorlage von Armin Lange zum Ausgleich, und Manuel Eisgruber köpfelte in der dritten Nachspiel-Minute den 2:1-Siegtreffer. Pipinsried verteidigte so die Tabellenführung, allerdings zogen sich Serge Yohoua und Dominik Schön Knieverletzungen zu. Strobls erste Vermutung: Beide fallen bis zur Winterpause aus.

© SZ vom 03.11.2014 / stga, lib, cal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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