Fürstenfeldbrucks Tischtennisspieler:Zimmer mit Aussicht

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Fürstenfeldbrucks Tischtennisspieler votieren mit 26:4 Stimmen für den Umzug vom schuldengeplagten SC zum mächtigen TuS. Ihr neuer Klub freut sich auf den Mitgliederzuwachs - und die Zweitliga-Männer als sportliches Aushängeschild

Von Matthias Schmid, Fürstenfeldbruck

Rudolf Lutzenberger, ein früherer Gymnasiallehrer für Deutsch, kennt sich aus mit rhetorischen Stilmitteln. Bei der Mitgliederversammlung am Montagabend wählte der Chef der Tischtennisabteilung des SC Fürstenfeldbruck also eine schöne Analogie, um die Situation vor der Abstimmung besonders anschaulich zu beschreiben und die Anwesenden für seine Präferenz zu begeistern. Nach der immensen Verschuldung der Fußballsparte "schwankte unser Zimmer im Haus bedrohlich", schilderte Lutzenberger eindringlich. Die Tischtennisspieler fühlten sich nicht mehr sicher, sie hatten Angst, dass das gesamte Gebäude einstürzen, dass der Fehlbetrag der Kicker den SC Fürstenfeldbruck in die Insolvenz reißen könnte. Da bleiben nur zwei Auswege: "Entweder man baut selbst ein neues Haus oder man sucht sich ein neues Zimmer", fügte Lutzenberger hinzu.

Um in seinem Bild zu bleiben: Die versammelten Mitglieder mussten sich also entscheiden, ob sie sich nach der vom SCF-Präsidium bereits genehmigten Abspaltung vom Hauptverein einen Hausbau, also einen neuen Verein mit allen Unwägbarkeiten, antun wollen. Oder ob sie den Umzug in ein angenehmes WG-Zimmer unter dem Dach des TuS Fürstenfeldbruck bevorzugen.

Der ehemalige Lehrer muss ziemlich überzeugend aufgetreten sein, denn mit 26:4 Stimmen bei einer Enthaltung votierten die Mitglieder nach einer fairen und sachlichen Diskussion mit großer Mehrheit für einen Neustart beim TuS zum 1. Januar 2015. "Dann haben wir endlich wieder ein sicheres Dach über dem Kopf", sagte Lutzenberger. Es sei keine einfache Entscheidung gewesen, auch für ihn nicht, betonte er. Lutzenberger besitzt immerhin seit 55 Jahren einen Mitgliedsausweis beim SCF. "Es war ein Akt der Vernunft, nicht des Herzens", gibt Lutzenberger zu.

Die Arbeit wird zunächst nicht weniger werden. Bereits an diesem Donnerstag treffen sich Funktionäre beider Klubs, um sich auf die Neugründung der Abteilung verbindlich zu verständigen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir uns schnell einigen werden", sagt Lutzenberger. Er hatte ja schon vor der Mitgliederversammlung mit TuS-Präsident Herbert Thoma ausführlich über die Einzelheiten gesprochen. Nun, mit dem klaren Auftrag der Mitglieder legitimiert, will er mit seinem Stellvertreter Peter Pfister und seinem Kassierer Werner Schmid noch die letzten Details verhandeln. Die Abordnung hat natürlich auch Forderungen in der Aktentasche. Es geht vor allem um die Kosten der Zusammenkunft - und um ganz praktische Fragen: Zum Beispiel, ob die neuen Mitglieder eine Aufnahmegebühr zahlen müssen, oder wie es sich mit dem Monatsbeitrag verhält. Beim TuS sind die Abgaben der Abteilung an den Hauptverein wesentlich höher; einen Euro musste jedes Mitglied beim SCF an den Hauptverein monatlich zahlen, beim TuS liegt die Abgabe bei 7,50 Euro. Lutzenberger kennt natürlich die Gründe für die Preisunterschiede. Anders als der kleine SCF verfügt der Turn- und Sportverein mit mehr als 3000 Mitgliedern und 22 Abteilungen über eine Geschäftsstelle mit hauptamtlicher Mitarbeiterin. "Hier ist alles professioneller", sagt er.

"Es war ein Akt der Vernunft, nicht des Herzens", sagt Rudolf Lutzenberger, Chef der Tischtennisspieler des SC Fürstenfeldbruck. (Foto: Johannes Simon)

Die Noch-SCF-Funktionäre drängen dennoch darauf, dass sie als neues sportliches Aushängeschild mit den Zweitligaspielern an der Spitze ebenso günstig eingestuft werden wie die TuS-Drittligahandballer. Die Handball-Abteilung mit ihrer guten Nachwuchsarbeit genießt Privilegien, die auch Lutzenberger für seine Tischtennisspieler beansprucht; nach einem internen Bewertungsschlüssel bekommen die erfolgreichen Handballer rund 80 Prozent ihrer Abgaben am Ende des Jahres wieder zurück. "Ich vertraue darauf, dass das Präsidium uns ähnlich behandeln wird", sagt der Pensionär. Der Rest soll dann über einen Förderverein möglichst ausgeglichen werden. Einen solchen Förderverein fordert der TuS von seiner neuen 23. Abteilung, um den Gesamtverein angesichts des Etats für die erste Mannschaft von 50 000 Euro finanziell nicht zu gefährden.

Auch formal gilt es noch einige Dinge zu klären. So müssen 80 Prozent der aktiven Mitglieder der SCF-Tischtennisabteilung bis zum 31. Dezember mit ihrem Namen auf einer so genannten Sportberechtigungsliste des Bayerischen Tischtennis-Verbandes auftauchen, damit die bisherige Ligenzugehörigkeit komplett an den TuS übergeht. Lutzenberger rechnet damit, dass rund 130 Spieler einen neuen Mitgliedsantrag beim TuS unterschreiben werden. Auch der Name auf den Trikots der Zweitligaspieler soll dann ergänzt werden. Bisher steht da nur ein neutrales Fürstenfeldbruck drauf. Ihre Zukunft ist jetzt geklärt. Vom 1. Januar an können sie die Aufschrift um den Zusatz "TuS" ergänzen.

© SZ vom 17.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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