Ernährungsexperte:"Vegan per se macht nicht gesünder"

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Professor Dr. Hans Hauner spricht über eventuelle Vorteile und Risiken einer rein pflanzlichen Ernährung für Spitzensportler.

Interview von Sebastian Winter

SZ: Herr Hauner, Leistungssport und vegane Ernährung, geht das gut?

Hans Hauner: Man kann auch mit veganer Kost Leistungssport betreiben und den Energiebedarf decken. Der Körper braucht ja für Muskelarbeit vor allem Fette und Kohlenhydrate als Brennstoff. Er braucht auch Eiweiß, um die Muskelmasse zu erhalten oder auszubauen. Das lässt sich alles über pflanzliche Lebensmittel gewährleisten. Es gibt aber Risiken.

Welche sind das?

Die Vitamin-B-12-Zufuhr liegt de facto bei null, sie ist in veganer Kost nicht enthalten, sondern in Muskelfleisch und in geringerem Umfang in Milchprodukten oder Eiern. Das kann zu einem Mangel an roten Blutkörperchen und letztlich zu einer Blutarmut führen - und damit auch zum Leistungsabfall. Nach drei Monaten ist das aber eher nicht zu erwarten, weil der Körper dort gute Depots hat. Bei einem Mangel sollte man in jedem Fall Vitamin B12 in Tablettenform oder per Spritze als Nahrungsergänzung einnehmen.

Gibt es weitere Risiken?

Man kriegt in der Regel auch viel zu wenig Jod in den Körper, muss sich also überlegen, zusätzlich Jodtabletten einzunehmen, um ein Kropfwachstum zu vermeiden. Das Dritte, was ich den Sportlern raten würde: sich vernünftig mit Eiweiß zu ernähren. Das pflanzliche Eiweiß ist je nach Quelle unterschiedlich wertvoll. Sojaeiweiß ist gut und fast mit dem Eiweiß aus tierischen Produkten vergleichbar. Hülsenfrüchte sind auch ganz gut, aber beim Getreideeiweiß kriegt der Körper nicht alle wichtigen Aminosäuren ab.

Manche Dachauer Spieler sagen nach zwei Wochen, sie können sich besser konzentrieren, sind nicht mehr so müde. Andere haben ein größeres Hungergefühl, fühlen sich schlapper, ihnen geht regelrecht die Energie aus. Ist das normal?

Das ist nicht ungewöhnlich, ich beobachte und erlebe es auch immer wieder mal. Man kann sicher nicht grundsätzlich sagen, dass vegane Kost zu einem besseren Wohlgefühl oder zu Leistungseinbußen führt. Wie man auf bestimmte Nahrungsmittel reagiert, ist schwer objektivierbar und individuell unterschiedlich. Manchen fällt es leicht, sich vegan zu ernähren, andere sagen, ,das halte ich gar nicht mehr aus'. Aber wenn jemand spürt, dass er sich seither schlapp fühlt, rate ich ihm, die Ernährung wieder umzustellen.

Also sollten sich die Volleyballer nicht allzu viele Hoffnungen auf eine plötzliche Leistungsexplosion machen?

Das sind junge, gesunde Männer, bei denen ich mir durch die neue Ernährung weder einen Leistungsgewinn im sportlichen Sinne noch nachteilige Effekte vorstellen kann. Außer, sie haben vorher nur von Hamburgern gelebt. Wenn das der Fall wäre, kann es schon sein, dass man sich besser fühlt und leistungsfähiger wird. Aber dass Dachaus Volleyballer dadurch besser spielen oder schneller aufsteigen, ist nicht zu erwarten. Noch einmal: Vegan per se macht nicht gesünder.

Manche Sportler und Eltern lehnen das Experiment ab, auch weil der Kochaufwand zu groß ist. Nachvollziehbar?

Das kann ich gut verstehen. Ich hätte als Vater auch gesagt: "Wieso machst du das, du hast dich doch bisher gesund ernährt." Dazu kommt der Kostenfaktor. Vegane Ernährung ist deutlich teurer. Außerdem sind die Produkte zum Teil stärker mit Zusatzstoffen versehen, um beispielsweise den geschmacklichen Anhauch von Wurst zu vermitteln. Auch hier hat vegane Kost keine gesundheitlichen Vorteile.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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