Derby in der Fußball-Bayernliga:Grausam effektiv

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Glückwunsch: Dennis Niebauer (li.) und Georg Ball (re.) erzielen gemeinsam fünf Tore. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Garching untermauert seine Aufstiegsambitionen mit einem 6:0-Erfolg in Wolfratshausen

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Das Spiel lief in seinem Rücken weiter, doch Florian de Prato spürte wenig Verlangen danach, sich umzudrehen. Zu deutlich führte sein VfR Garching beim Bayernliga-Rivalen BCF Wolfratshausen, als dass nach seiner Auswechslung noch etwas schief gehen konnte. Also erzählte er lieber: von den Gründen, wieso er nach dem Aufstieg in die Regionalliga vor mehr als einem Jahr seinen Klub verlassen hatte (der Familie zuliebe), wieso er nach dem Abstieg wiederkam, wie er während seiner Auszeit beim Kreisligisten Moosach Pfeiffersches Drüsenfieber erlitt, und vor allem: Wieso er gerade so aussieht, wie er aussieht. 21 Kilogramm hat de Prato, einst die Wunderkugel der Liga, verloren, er hat seine Ernährung umgestellt, der stattliche Vollbart, den der 28-Jährige sich hat wachsen lassen, ist da noch gar nicht mit eingerechnet. Der VfR Garching ist durch die erstaunliche Wandlung seines Rückkehrers noch stärker geworden.

Gastgeber Wolfratshausen bekam das besonders deutlich zu spüren. 0:6 (0:3) unterlag er dem Favoriten, ein in dieser Höhe unerwartetes Debakel. Garchings Trainer Daniel Weber habe den BCF beobachtet, "er hat uns eindringlich gewarnt", verriet de Prato, "das ist eine sehr erfahrene Mannschaft." Und die erfahrene Mannschaft hatte tatsächlich eine Viertelstunde lang alles im Griff, ließ Garching phasenweise alt aussehen. "Wir hatten richtig Probleme, unsere Körpersprache war schlecht", fand de Prato, obwohl er selbst gegen BCF-Antreiber Marco Höferth den Ball ins Aus grätschte und ein Solo von Jona Lehr sogar mit Foul beendete. "Da hätte das Spiel ganz anders laufen können", wusste er. Doch dann fiel durch Garchings ersten Angriff das 0:1. "Einmal kommen die vor das Scheißtor!", brüllte Höferth. Vorausgegangen war ein Fehlpass von Innenverteidiger Vincenzo Potenza, rechts wurde Mike Niebauer geschickt, der mit einer Flanke seinen kopfballstarken Bruder Dennis bediente (14.). "Das war gnadenlos effektiv, im Stil einer Spitzenmannschaft", fand de Prato.

Die Wolfratshauser waren später weniger redselig. Kopfschüttelnd kam Pressesprecherin Hilde Kluge aus der Kabine und überbrachte bedauernd, dass Trainer Reiner Leitl "keinen Kommentar" abgebe - auf die Pressekonferenz war spontan verzichtet worden. Also erläuterte Sportchef Klaus Brand den Ärger, er verwies auf das Fehlen wichtiger Leute wie Stürmer Michael Marinkovic und Abwehrchef Lech Kasperek und darauf, dass die Abwehrschnitzer exakt jene waren, die während der Woche immer wieder angesprochen würden. Und natürlich erinnerte auch Brand daran, dass es eine Viertelstunde lang ganz anders ausgesehen hatte. "Wir hatten den Gegner total im Griff. Aber dann haben wir halt brutale Fehler im Aufbau gemacht und sind bei Standards wieder mal überhaupt nicht gut gestanden." BCF-Coach Leitl hatte sich nur einmal geäußert, nach einer Stunde - indem er seine Innenverteidiger Potenza und Onur Misirlioglu gemeinsam auswechselte. Beide stecken in einem Formtief.

Auf dem Rasen saß nach Abpfiff Wolfratshausens Sebastian Pummer, schüttelte den Kopf und sagte: "Brutal! Fußball kann so grausam sein." Er hatte in der guten Anfangsphase aus kurzer Distanz abgezogen, von der Schulter des Torwarts Stefan Wachenheim war der Ball an die Latte geprallt. "Wir waren super drin", sagte er, "dann haben wir ein Mal gepennt. Die haben zur Pause selber gesagt, dass sie gar nicht wissen, wieso sie 3:0 führen." Doch wenn Garching erst mal führe, sei das halt "eine super Mannschaft". Kurz vor der Pause verpatzte BCF-Innenverteidiger Misirlioglu einen freien Torschuss, und nach Wiederanstoß köpfelte Wolfratshausens Werner Schuhmann knapp vorbei - Garching indes nutzte gnadenlos weiter seine Chancen: Dreimal Dennis Niebauer, zweimal Georg Ball und Mario Staudigl machten die Tore, vor allem die Lufthoheit der Gäste war eklatant - gepaart mit der Qualität von de Pratos Hereingaben. "Er weiß einfach, wo der Ball hingehört", schwärmte sein Trainer Weber. Und wie er die Kugel exakt dorthin bekommt, selbst wenn er sie über das halbe Feld schlagen muss. Außerdem sei sich de Prato "für keinen Meter zu schade", so Weber. De Prato selbst nahm sich auch noch Zeit für etwas Selbstkritik: "Der Trainer will, dass ich noch viel mehr zum Taktgeber werde", verriet er. Das klang wie eine Drohung an den Rest der Liga.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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