Christopher Kas, Teammanager des TC Großhesselohe:"Ich halte nichts von Schattenmeldungen"

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Christopher Kas ist Trainer von Tennisprofi Sabine Lisicki und nebenbei Teammanager des TC Großhesselohe. Der Münchner Zweitligist startet am Sonntag in die Saison, Kas spricht über sein Zeitmanagement, Mannschaft und Ziele des TCG sowie Spaß mit Oliver Pocher

interview Von Ralf Tögel

SZ: Herr Kas, Sie gelten als lustiger Zeitgenosse, die Frage muss sein: Wer ist witziger, Sie oder Oliver Pocher?

Christopher Kas: (lacht) Das ist schwer zu beurteilen, Olli ist schon sehr lustig, er ist so, wie man ihn vom Fernsehen kennt. Ob ich jetzt lustiger bin, kann ich selbst natürlich schwer beurteilen, das müssen andere tun. Aber ich glaube, ich habe meinen Meister gefunden.

Also keine Rivalität, wie darf man sich das tägliche Miteinander vorstellen?

Das ist ganz klar abgesteckt. Ich bin der Trainer, Olli ist der Freund von Sabine. Er bringt sich ein, es gibt ja viele Dinge zu erledigen, ich bin für das Sportliche zuständig, dann haben wir den Physiotherapeuten Jochen Amann, jeder hat seinen Bereich, das funktioniert sehr gut.

Vor einem Jahr hätte Sabine Lisicki Wimbledo n beinahe gewonnen, im Vorjahr stand sie im Viertelfinale, heuer war in der dritten Runde Schluss. Da hält sich der Spaß in Grenzen?

Gegen Timea Bacsinszky kann man verlieren, sie steht ja auch in der Weltrangliste klar vor Sabine. Aber natürlich hatten wir uns mehr erhofft. Es ist auch schade, weil die Auslosung danach gut gewesen wäre. Wir haben natürlich das Spiel genau analysiert - uns aber auch zeitnah mit den nächsten Aufgaben beschäftigt.

Was hat denn gefehlt?

Ich möchte jetzt nicht so sehr auf Sabine eingehen, taktische Dinge bleiben im Team. Sabine hat jetzt eine Woche Urlaub, dann geht es weiter.

Man sagt, Sabine Lisicki hat nah am Wasser gebaut, was ist in so einem Moment besser: ein aufmunternder Scherz oder Trost?

Ich habe nicht das Gefühl, dass Sabine nah am Wasser gebaut hat. Im Gegenteil. Natürlich ist man nach so einem Match niedergeschlagen, aber sie ist sofort in der Lage, nüchtern und kompetent zu analysieren, sie ist deutlich stabiler. Wie das früher war, kann ich nicht beurteilen.

Aus Sicht des TC Großhesselohe ist das Ausscheiden, nun ja, nicht so negativ. Sie sind Teammanager, am Sonntag beginnt die Saison mit dem Derby bei Iphitos.

Das war geplant, klar, wir wollten schon länger in London bleiben. Aber auch dann hätte ich garantieren können, dass am Sonntag eine starke, interessante und deutschsprachige Mannschaft auf dem Platz steht. Das kann man auch aus London managen. Ich bin jetzt ein paar Tage früher da, aber viele Einsätze von mir waren nicht geplant. Jetzt freue ich mich einfach auf das Training mit dem Team und auf das Spiel bei Iphitos.

Christopher Kas auf dem Platz wäre aber schon eine Zugnummer.

Wer spielt, will ich aus taktischen Gründen nicht verraten. Damit sich der Gegner nicht auf uns einstellen kann. Aber es werden sechs Einzelspieler auf dem Feld stehen, die definitiv besser sind als ich.

Vielleicht im Doppel? Geben Sie den Fans Hoffnung.

Geht nicht. (überlegt) Gut, sagen wir mal, ich bin der Joker im Doppel. Aber im Ernst, es ist ja nicht so, dass man nach acht Monaten den Schalter umlegen kann und wieder Weltklasse spielt. Vielleicht werde ich im ersten Heimspiel am 17. Juli Einzel spielen, mal sehen. Aber wie gesagt, ich freue mich jetzt erst mal auf das Training und dann sehen wir weiter.

Sie intervenieren nicht, schließlich sind Sie der prominentere Coach?

Keinesfalls, meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir sportlich top aufgestellt sind. Karsten Schulz hat doch viel, viel mehr Erfahrung als ich, wie man eine Mannschaft trainiert. Er macht das seit vielen Jahren auf hohem Niveau, ich bin relativ neu im Geschäft, da kann ich doch auch viel rechts und links lernen. Sollte ich spielen, sitze ich auf der Bank und höre dem Trainer so zu, wie sich das gehört.

Sie sind Coach, Teammanager, Spieler . . .

. . . nicht Spieler . . .

. . . gut, Aushilfsspieler, Joker. Was steht jetzt im Fokus?

Trainer natürlich. Ich bin Trainer von Sabine Lisicki, das ist mein Beruf. Ich bin zwar jetzt am Sonntag und dann zum ersten Heimspiel da, aber dann werde ich mit Sabine Richtung Amerika abdüsen.

Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie in Großhesselohe gelandet sind?

Über einen gemeinsamen Freund von mir und Bernard Eßmann (Präsident des TC Großhesselohe). Bernard Eßmann ist ja enorm engagiert und versucht, den Klub an allen Fronten voranzubringen. Vor allem die erste Männermannschaft ist ihm wichtig und so kamen wir ins Gespräch. Ich reise seit 15 Jahren um die Welt und kenne die Tennisszene gut, kenne die Spieler. Gegen Kevin Krawietz habe ich im vergangenen Jahr noch Doppel gespielt.

Das Credo Ihres Vorgängers Leo Benz, der ja als Präsident auch viele Jahre das Team zusammengestellt hat, war immer, Tennis auf Challenger-Niveau zu bieten. Haben Sie eine andere Philosophie?

Nein, keineswegs. Ich trage auch die Philosophie des Vereins mit, auf deutschsprachige Talente zu setzen. Wie Hannes Wagner, der ja aus der Region kommt und dem wir einiges zutrauen. Oder Lucas Miedler, er ist gerade 19 Jahre alt und das wohl größte Talent in Österreich. Wichtig ist für uns also, dass wir eine sehr sympathische Mannschaft haben und man deutlich die Handschrift des Vereins erkennen kann. Nehmen Sie Marcel Zimmermann, der geht in seine 14. Saison beim TCG, das spricht für die Bodenständigkeit des Vereins und kontinuierliche Arbeit. Wir wollen die Talente entwickeln und in drei, vier Jahren sehen, wo uns das hinführt.

Es gibt auch bekannte Namen, allen voran der Schweizer Davis-Cup-Sieger Marco Chiudinelli. Dann den Schweden Christian Lindell an eins, Nummer 185 der Weltrangliste, den Finnen Micke Kontinen oder den Brasilianer Rogerio Dutra Silva.

Ja, Dutra Silva spielt zurzeit hervorragendes Tennis. Von Leuten wie Chiudinelli kann ein deutscher Nachwuchsspieler enorm profitieren. Mein Ziel war es einfach, in vielerlei Hinsicht ein gutes Team auf den Platz zu stellen.

Leo Benz hat sich oft geärgert, dass hochkarätig besetzte Gegner ihre Topleute selten eingesetzt haben. Wird man Chiudinelli, Lindell oder Dutra Silva sehen?

Das kann man nicht pauschalisieren. Wenn ich einen Spieler aus den Top 50 der Weltrangliste hole, wird der mir erst einmal signalisieren, dass ich ihn gerne melden kann, aber er andere Prioritäten hat. Da wird mir keiner ein Halbfinale bei einem ATP-Turnier absagen, weil Spieltag in der zweiten Bundesliga ist. Es gibt natürlich Vereine, die solche Spieler melden und hoffen, dass die Umstände es zulassen, dass sie spielen. Das ist natürlich für die Zuschauer fantastisch. Aber ich habe mich entschlossen nur Spieler zu melden, bei denen die Chance sehr hoch ist, dass sie spielen. Und die eine große Bereitschaft zeigen. Ich halte nichts von Schattenmeldungen, durch die ich dann Probleme bekomme, wenn sich drei, vier Spieler verletzen.

Ist der Aufstieg ein Thema?

Das ist vielleicht mittelfristig interessant, ich will das auch nicht ausschließen. Aber Stand jetzt ist die zweite Liga genau die richtige für uns. Allein schon, weil sie mit unserer Philosophie zu 100 Prozent zusammenpasst. Da spielen Traditionsvereine wie Iphitos München, Waldau Stuttgart, Bruckmühl-Feldkirchen, das ist auch geografisch relativ überschaubar.

Also deutsche Spieler weiterentwickeln und mittelfristig nach oben schielen?

Wenn Spieler wie Wagner, Miedler, Krawietz irgendwann so gut sind, dass sie erste Liga spielen können, in drei, vier Jahren, dann werden wir uns ernsthaft damit auseinandersetzen. Ich habe das sicherlich im Hinterkopf, aber nicht kurzfristig.

Vergangene Saison wollte Großhesselohe vorne mitspielen, das hätte beinahe in der Regionalliga geendet. Sind Sie gewarnt?

Wir wollen eine gute Rolle spielen, aber es ist nicht unser Ziel aufzusteigen. Nach drei, vier Spieltagen werden wir wissen, in welche Richtung es geht, für ganz vorne wird es im Normalfall nicht reichen.

Das klingt nach einem langfristigen Engagement.

Die Vereinbarung gilt ganz klar für dieses Jahr, nach der Saison werden wir uns zusammensetzen und analysieren. Man muss sehen, wie es mit dem zeitlichen Aufwand läuft, aber wenn alle Seiten zufrieden sind, warum nicht länger? Es ist definitiv etwas, was mir sehr viel Spaß macht, eine unheimlich interessante Aufgabe.

Sie sind 35, noch sehr gut in Form und momentan auch wieder im Training. Mit Sabine Lisicki haben sie bei den Olympischen Spielen in London im Mixed knapp die Bronzemedaille verpasst. Zeit für ein Comeback?

Im Mixed mit Sabine?

Ja klar.

Ich habe es zwar nicht im Hinterkopf, aber ich habe gelernt, dass man im Tenniszirkus nie etwas ausschließen sollte.

© SZ vom 11.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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