BCF Wolfratshausen:Kontrolle im Flipper

Lesezeit: 3 min

Ähnliche Frisur, unterschiedlicher Erfolg: BCF-Torschütze Aleksandar Spehar (rechts) feiert gegen Kottern einen wichtigen Sieg. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf seinem engen Kunstrasen beschränkt sich der abstiegsbedrohte BCF gegen Kottern lange Zeit auf stabile Verteidigung. Mit Erfolg.

Von Christian Bernhard, Wolfratshausen

Es vergeht kaum ein Wochenende, in dem nicht auf irgendeinem Fußballplatz der Spruch "Fußball ist ein Ergebnissport" zu vernehmen ist. Am Samstagnachmittag machte dieser Leitsatz auf der Bank des BCF Wolfratshausen die Runde. "Wie Schalke", rief ein Team-Mitglied - und lachte. Die Schalker stehen deutschlandweit derzeit ja sinnbildlich für diesen Fußball-Pragmatismus.

Wolfratshausens 2:1-Heimsieg gegen den TSV 1874 Kottern hätte tatsächlich kaum pragmatischer sein können. Dass gegen den Tabellensechsten 30 Minuten Offensivfußball reichten, um drei Punkte einzufahren, bestätigte den BCF, der sich von Platz 17 auf 15 verbesserte und nun vier Punkte Vorsprung auf den direkten Abstiegsplatz hat. Auf dem engen Kunstrasenplatz bekamen die Zuschauer zwei verschiedene Spiele zu sehen: Eines vor dem 1:1 in Minute 62 und eines danach.

Wenn wir gut stehen, müssen wir nicht immer die spielerischen Glanzpunkte setzen."

Bis zum Ausgleich hatte die Heimmannschaft keine spielerische Lösung gegen die Allgäuer gefunden, die beiden BCF-Stürmer Marian Knecht und Angelo Hauk fanden kaum Anbindung ans Spielgeschehen. Knecht fiel höchstens mal durch Fouls auf. Die hohen Bälle nach vorne, die die Gäste durch ihr aggressives Anlaufen erzwangen, landeten meist beim Gegner oder im Niemandsland. Wenn die Chance auf einen zweiten Ball da war, hatte der BCF fast immer das Nachsehen, da er zu behäbig nachrückte. "Wir müssen schneller hinterher", brüllte Trainer Marco Stier Richtung Spielfeld, wo der Ball flipperartig von einer Seite zur anderen und wieder zurück sprang.

Kotterns Führung in der elften Minute war verdient. Nach einer Ecke hatte BCF-Torhüter Alexander Heep, der aufgrund eines Nasenbeinbruchs mit einer Gesichtsmaske spielte, einen Kopfball von Mario Jokic stark abgewehrt, seine Defensive bekam den Ball aber nicht weg und Marcello Barbera traf aus kurzer Distanz. In Minute 32 hatten die Gastgeber Glück, dass Sezer Yazir freistehend einen Kopfball aus fünf Metern über den BCF-Kasten setzte. Wolfratshauser Torchancen? Gab es nicht. Knechts Tritt gegen den Pfosten des Gästetors Mitte der ersten Halbzeit, nachdem er vergeblich erst einen Kottern-Verteidiger und dann den Torwart angelaufen war, war sinnbildlich für den Frust und den Offensivauftritt der Wolfratshauser.

"Spielerisch relativ arm" sei die erste Halbzeit gewesen, räumte der Mittelfeldspieler und Co-Trainer Michael Rödl später schmunzelnd ein, als er anstelle von Stier die Partie analysierte. Doch das hatten die Wolfratshauser bewusst in Kauf genommen. Nach der "Watschn" (Zitat Rödl) von Sonthofen, wo der BCF in der Vorwoche 0:4 verloren hatte, habe man das spielerische Element hinten angestellt und den Fokus auf das Zweikampfverhalten und eine gefestigte Defensive gelegt. Während der Woche sei "eigentlich nur Zweikampf" trainiert worden. Die defensive Stabilität "war unser primäres Ziel", betonte Rödl, "und das ist uns bis auf das Standard-Gegentor sehr gut gelungen."

Zu Beginn der zweiten Halbzeit stand dem BCF das Glück zur Seite. Nach einem Zweikampf mit Aleksandar Spehar ging Kotterns Gökhan Celik im Strafraum zu Boden (55.), niemand hätte sich über einen Elfmeterpfiff beschweren können. Doch der blieb aus. Fünf Minuten später strich ein Kotterner Schuss von Roland Fichtl knapp am rechten Pfosten vorbei. Dann stand es plötzlich 1:1. Jona Lehr, der schon vor der Pause kaum vom Ball zu trennen gewesen war, nahm einen langen Pass stark an, zog von der linken Seite nach innen und bediente Knecht, der den Ball flach im Tor unterbrachte (62.). "Der Treffer hat uns Aufwind gegeben", sagte Rödl, "wir sind am Ball ruhiger geblieben und das Selbstvertrauen ist gewachsen." Resultat: Der BCF erspielte sich nun Torchancen, Hauk (69.) und Spehar (73.) vergaben sie aber.

In Minute 80 legte sich Spehar etwa 25 Meter vor dem Gästetor den Ball zurecht - und hämmerte den Freistoß zum 2:1 in die Maschen. Der 24-Jährige war im Winter vom Bezirksligisten Phönix München gekommen und fügte sich so wie Innenverteidiger Timon Hummel und Außenverteidiger Marin Culjak, ebenfalls neu, "sehr gut" ein, lobte Rödl. "Wenn er dann noch so ein Ding reinhaut, ist es umso schöner." Sechs Minuten vor Schluss ging ein Kotterner Freistoß an den Außenpfosten, es sollte einfach nicht sein für den TSV. Neben den drei Punkten nahm Rödl eine übergeordnete Erkenntnis mit: "Wir haben heute gesehen: Wenn wir gut stehen, müssen wir nicht immer die spielerischen Glanzpunkte setzen." Darauf werde sich der BCF auch in den nächsten Partien berufen. Kompaktheit, sagte Rödl, sei zurzeit das Wichtigste.

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: