Basketball-Bundesliga:Münchner Guerilla-Basketball

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Die Bayern-Basketballer zeigen die Zähne: Wie Maximilian Kleber (oben) und Kollegen Ludwigsburg am Boden hielten, war für Royce O'Neale beeindruckend. (Foto: Imago)

Mit einem famosen Sieg in Ludwigsburg deutet der FC Bayern an, dass er rechtzeitig zur Meisterrunde seine Bestform erreicht. Selbst der sonst so kritische Cheftrainer Svetislav Pesic gerät angesichts der Leistung seiner Spieler ins Schwärmen

Von Matthias Schmid, Ludwigsburg

Mitte des zweiten Viertels traf Nihad Djedovic einen irrwitzigen Dreier im Fallen. Der Flügelspieler des FC Bayern lag plötzlich vor der eigenen Bank und streckte alle viere von sich. Einige seiner Mitspieler schreckten von ihren Sitzen auf und beugten sich weit nach vorne, um Djedovic einerseits zu huldigen und andererseits nachzusehen, ob er okay war. Dabei kippte die LED-Werbebande um - alles erlosch, alles war schwarz, das Bundesligaspiel zwischen den Riesen Ludwigsburg und München musste kurz unterbrochen werden. In diesem Moment mögen sich ein paar Riesen wohl gewünscht haben, dass das Spiel nicht mehr angepfiffen wird.

Zu überlegen spielten die Münchner, Ludwigsburg war an diesem Tag chancenlos. "Jeder hat gesehen, dass wir heute ein exzellentes, ein perfektes Spiel abgeliefert haben", lobte der sonst so kritische Bayern-Trainer Svetislav Pesic nach dem 100:71 (56:35)-Sieg beim Tabellenfünften.

Mit dem sechsten Sieg in Serie verteidigte sein Team den zweiten Platz vor Oldenburg, das überraschend die imposante Serie von 20 Spielen ohne Niederlage des deutschen Meisters Bamberg beendete. In der Form dieser Tage sind die Münchner nach den Enttäuschungen im Pokal und in den internationalen Wettbewerben wieder zu einem ernsthaften Herausforderer der Bamberger um den Titel erwachsen.

In der ersten Hälfte hatten die Zuschauer den Eindruck, als ob die Bayern einen Spieler mehr auf dem Parkett hätten. Immer wieder kam ein Akteur frei zum Wurf. Schon nach dem ersten Viertel hatten sie 30 Punkte gesammelt und mit deren sieben geführt. Und sie vergrößerten ihren Vorsprung kontinuierlich: Vor allem bei Center John Bryant und Kapitän Bryce Taylor schien es fast so, als wären ihre Körbe groß wie Schwimmbäder, sie trafen aus allen Lagen, sie trafen jeden ihrer Würfe, ihre Quote lag bei 100 Prozent. "Wir sind mit sehr viel Aggressivität aus der Kabine gekommen", erklärte Taylor, der am Ende als bester Bayern-Spieler auf 23 Punkte kam. Der Amerikaner und seine Mitspieler verteidigten so lästig und penetrant, dass die Ludwigsburger nie zu ihrem frechen, überfallartigen Guerilla-Basketball finden konnten, mit dem sie in dieser Saison die Großen der Liga aufgemischt haben. Es waren die Münchner, die noch schneller, überraschender und überfallartiger spielten, als hätte Trainer Pesic vor dem Spiel eine Extraprämie für Geschwindigkeit ausgelobt. "Wir haben einen richtig guten Job gemacht", fand Taylor. Und das erstaunliche trotz des Tempobasketballs war, dass sie sich im gesamten Spiel nur fünf Ballverluste erlaubten. Diese Zahl imponierte auch Pesic: "Das ist Rekord für uns in dieser Saison und das gegen eine Mannschaft mit einer aggressiven Defensive."

Das Spiel war eigentlich schon zur Pause entschieden, als München mit 56:35 führte. "Wir haben einfach einen guten Eindruck hinterlassen", sagte Pesic. Das galt fast ausnahmslos für den gesamten Kader. Die Fortschritte nach intensiven Übungswochen werden immer offensichtlicher, vor allem die Variabilität der Bayern-Spieler ist verblüffend, der Gegner kann sich kaum darauf einstellen, weil die Münchner spontan und situativ entscheiden, wie sie ihre Spielzüge abschließen. Sie haben dabei tausend Möglichkeiten zu punkten. "Wir können uns aber noch verbessern", hob Taylor hervor. Für die Konkurrenten dürfte das vier Spiele vor Ende der Hauptrunde recht einschüchternd klingen. Auch, weil Cheftrainer Pesic in Ludwigsburg zum zweiten Mal in dieser Saison seinen kompletten Kader hatte aufbieten können. Er konnte sich sogar erlauben, einen seiner wichtigsten Profis, Deon Thompson, vor dem nächsten Wochenende mit den Spielen am Freitag in Crailsheim und am Sonntag zu Hause gegen Bamberg zu schonen. "Hoffentlich bleiben alle gesund, weil wir jetzt endlich auch im Training mit hoher Intensität spielen können", sagte Taylor.

In der Tat deutet im Moment vieles darauf hin, "dass wir zu den Playoffs unsere Bestform erreichen werden", wie es Taylor ausdrückte. Nach den leichteren Siegen zuletzt gegen Bonn, Hagen und Tübingen hatten die Münchner ganz offensichtlich richtig Lust darauf, gegen eine Playoff-Mannschaft den Ernstfall zu proben. "Die Spieler brauchten wieder eine richtige Herausforderung", bestätigte Pesic.

Den ersten Stresstest haben sie mit Bravour bestanden. "Man konnte den Eindruck haben, es sei schon Playoff-Zeit", fügte der Serbe hochbeglückt an. Das konnte man von seinem Pendant auf Ludwigsburger Seite, John Patrick, wahrlich nicht behaupten. "Ich bin enttäuscht, dass nur vier, fünf Spieler bereit waren, dieses große Spiel zu spielen. Wir hatten einige, die Angst hatten vor den Bayern." Da passte es perfekt in die Münchner Choreografie, dass Chad Toppert mit der Schlusssirene die 100 Punkte voll machte.

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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