FC Bayern Basketballer:Eimer leer

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Gib mir die Pille: Vladimir Stimac und Paul Zipser (v.l.) rangeln mit Frankfurts Justin Cobbs um das Spielgerät. (Foto: imago/Jan Huebner)

Der FC Bayern gibt in Frankfurt in der letzten Minute einen sicheren Sieg aus der Hand. Beim deutschen Meister glauben sie an einen Betriebsunfall - und daran, dass so etwas in den Playoffs nicht passiert.

Von Ralf Tögel, München

Wie soll er seine Gefühlslage nur erklären? Marko Pesic benutzt ein wunderschönes Bild: "Früher wurden Kühe noch mit der Hand gemolken. Wenn der Eimer voll war und man nicht aufgepasst hat, hat die Kuh den Eimer umgestoßen, und die ganze Milch war weg. So habe ich mich nach dem Spiel in Frankfurt gefühlt", sagt der Sportdirektor. In Frankfurt waren die Basketballer des FC Bayern München zum Bundesligaspiel bei den Skyliners zu Gast, und sie haben die Kuh drei Viertel der Spielzeit nach Kräften gemolken. Der Eimer war schon fast randvoll, doch im letzten Moment hat ihn die Kuh umgestoßen, die Milch war ausgeschüttet. Im Leistungssport-Duktus: München dominierte, München hat sich in den letzten Sekunden den Sieg aus der Hand nehmen lassen, München fuhr ohne Punkte nach Hause.

Dass die Beteiligten recht entspannt mit dem Fauxpas umgehen, hat zwei Gründe. Zum einen war der Trainer mit der Leistung weitgehend zufrieden, gerade die Defense, in dieser Saison eine Achillesferse im Münchner Spiel, habe sich im Vergleich zum Bamberg-Spiel deutlich verbessert, sagt Svetislav Pesic. Zum anderen waren die Aussichten, sich vom dritten Tabellenplatz noch nach oben zu verbessern, schon vor der Reise nach Hessen überschaubar. Nach der Niederlage in Frankfurt erklärt Pesic Platz drei für zementiert: "Wir spielen immer, um zu gewinnen, aber wir sind und bleiben Dritter."

Der Sportdirektor Pesic, bekanntlich der Sohn des Trainers Pesic, will noch nicht so schnell aufgeben: "Es ist schwierig, aber noch möglich Zweiter zu werden." Bamberg (50:10) hat auf München (48:14) vier Punkte Vorsprung und ebenso viele Spiele vor der Brust. Zwei davon in Ulm und Berlin, doch auch im direkten Vergleich haben die Franken die Nase vorn. Also müsste noch eines der beiden Heimspiele gegen Artland und Bayreuth verloren werden, eine vage Aussicht.

FCB-Coach Pesic sieht eher Gefahr nach hinten, Bonn ist erster Verfolger bei sechs Punkten Rückstand. Ein Münchner Sieg könnte diese Spekulationen beenden, am besten gleich am kommenden Freitagabend in Bonn. Einig sind sich Vater und Sohn allerdings darin, dass die Niederlage in Frankfurt die große Schwäche der Mannschaft im bisherigen Saisonverlauf offenbart hat: Es fehlt die Konstanz. Immer wieder hatte der deutsche Meister Aussetzer wie am vergangenen Wochenende, zudem verliefen einige Niederlagen nach dem Frankfurt-Muster: lange geführt, Spiel dominiert, in der Schlussphase verschenkt. Marko Pesic erinnert sich an die Partie in Göttingen oder an das Pokalspiel in Berlin: "Das ist ein bisschen die Geschichte dieser Saison, das stört mich."

Den Trainer stört etwas anderes, Svetislav Pesic hat in Frankfurt festgestellt, dass "wir in den letzten 15 Minuten genau zwei Freiwürfe bekommen haben". Gegen eine Mannschaft, die volles Risiko gehen muss, um einen hohen Rückstand aufzuholen, ist das in der Tat ein erstaunlich niedriger Wert, gleichwohl "keine Entschuldigung für die Spieler", betont Pesic. Er ordnet diesen Umstand vielmehr in das Gesamtbild ein. "Wir haben es einfach nicht geschafft, die Euphorie in der Halle zu stoppen." Pesic meint damit diese für Basketballspiele typische Interaktion zwischen frenetisch anfeuernden Fans und über sich hinauswachsenden Spielern. 48 Sekunden vor Spielschluss war es so weit, die Frankfurter hatten 15 Punkte aufgeholt, gingen das erste Mal in Führung und überrumpelten den Gegner. Dass sich die Skyliners mit diesem Sieg für die Playoffs qualifiziert haben, ist Beleg für deren Qualität, die freilich hinter der des Meisters zurückbleibt.

In solchen Momenten, und daran lässt der Sportdirektor keinen Zweifel, erwartet er sich in der K.-o.-Runde mehr Verantwortung von den Leistungsträgern. Anton Gavel, Dusko Savanovic oder Bryce Taylor kommen dafür in Frage, von jungen Spielern wie Paul Zipser oder Vasilije Micic dürfe man das "noch nicht erwarten", findet der Sportdirektor. Heiko Schaffartzik konnte nicht eingreifen, weil ihm eine Pause gegönnt wurde, und Robin Benzing saß zu diesem Zeitpunkt bereits verletzt auf der Bank. "Er hat sich im Daumen die Bänder gedehnt", sagt Marko Pesic, eine Woche muss Benzing mindestens pausieren.

Das ist die zweite Konstante in dieser Saison, die Verletzungsmisere. Um diesbezüglich seine Gefühlslage zu erklären, dafür verzichtete Marko Pesic auf ein Bild.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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