Aufgalopp in Riem:Bis zur Erschöpfung

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Nur in Sichtweite: Filip Minarik auf Guiri muss im Gruppe-III-Hauptrennen beim Aufgalopp in Riem am Dienstag den Sieger Eduardo Pedroza mit Royal Youmzain (Zweite und Dritte von links) ziehen lassen. (Foto: Claus Schunk)

Eduardo Pedroza auf Royal Youmzain gewinnt das Bavarian Classics. Altmeister Filip Minarik wird Siebter.

Von Raphael Weiss, München

Filip Minarik sitzt tief gebeugt auf Guiri, dem Dreijährigen, von dem viele in diesem Jahr große Siege erwarten - auch den bei den Bavarian Classics, dem Gruppe-III-Rennen, mit dem der Münchener Rennverein an diesem 1. Mai in die Saison startet. Doch die Konkurrenz ist groß, das Feld gut besetzt. Das Duo Royal Youmzain und Eduardo Pedroza gilt als Favorit. "Die sind schwer zu schlagen. Wenn Guiri heute Zweiter oder Dritter wird, bin ich happy", hat Minarik vor dem Rennen gesagt. Als er nun vor 6000 Zuschauern in den Schlussbogen einbiegt, ist er Zweiter.

Vier Rennen hat Minarik zu diesem Zeitpunkt schon in den Muskeln. Sie liefen nicht so, wie es sich der tschechische Jockey gewünscht hatte. Zwei fünfte Plätze, ein vierter und ein dritter mit dem als hohem Favoriten gehandelten Eclectic Bird, ein extrem enges Rennnen. Minarik wirkte trotzdem entspannt, als er nach dem fünften Rennen von Eclectic Bird abstieg, um sich auf das anschließende Hauptereignis vorzubereiten. Er ist zu lange dabei, um sich von Rückschlägen aus der Ruhe bringen zu lassen. Auch nach dem Hauptrennen wird er noch zwei weitere Male starten.

Bis 50 will er noch weitermachen. Doch die vielen Rennen zehren merklich an der Substanz

Der 43 Jahre alte Tscheche ist einer der besten Jockeys in Deutschland. Er ist amtierender Jockey-Champion, zum vierten Mal in seiner Karriere. Minarik sagt von sich selbst, er sei als Jockey geboren worden. Sein Vater Ferdinand war Jockey und arbeitete später als Trainer. Er brachte ihm das Reiten bei. Mit 15 startete Minarik zum ersten Mal in einem Rennen, wenige Monate später feierte er den ersten Sieg. Mit 20 kam er für ein Praktikum nach Deutschland, musste ganz unten anfangen - noch im gleichen Jahr durfte er seine ersten Rennen bestreiten. Die Münchner Rennbahn bezeichnet er als seine Lieblingsbahn in Deutschland: "Das Geläuf ist immer sehr gut, die Atmosphäre angenehm - und hier hatte ich meinen ersten großen Sieg."

Trotz früher Erfolge stieß Minarik in den ersten vier Jahren seiner Karriere nicht in die Spitze vor. Erst eine neunmonatige Sperre brachte die Wende: "Ich war wohl das Enfant Terrible des Rennsports, Die erste Sperre war eine schlimme Zeit, aber sie hat mich auch weitergebracht. Danach habe ich einen riesigen Karrieresprung gemacht." Er hatte Zeit nachzudenken, überdachte sein Verhalten und seine Einstellung zum Sport. In der folgenden Saison wurde er fünftbester Jockey Deutschlands. Seitdem verhinderte nur im Jahr 2007 eine weitere lange Sperre, nachdem er einen Jockey-Kollegen von der Bahn gedrängt hatte, einmal eine Top-10-Platzierung Minariks.

Vergangene Saison gewann Minarik den Preis von Baden, den Großen Preis von Bayern in Riem, sechs Gruppe- und 60 weitere Rennen, er erritt mehr als 1,1 Millionen Euro Preisgeld. Doch Minarik nennt sich nicht den besten Jockey Deutschlands. Er spricht von sich selbst ungern in Superlativen. Einen beansprucht er aber doch für sich: Er ist der fleißigste Jockey Deutschlands. "Es ist ganz einfach: Ich reite gerne und reise gerne", sagt Minarik. In den vergangenen 20 Jahren war er fast immer der Jockey mit den meisten Starts - 2013 verpasste er aufgrund eines akuten Erschöpfungssyndroms einen Großteil der Saison und ritt trotzdem über 300 Rennen, holte sich Platz acht im Championat.

Doch Minarik weiß, dass er nicht mehr lange so weitermachen kann. Bis er 50 wird, möchte er noch reiten: "Es wird vielleicht Zeit, meine Politik ein bisschen zu ändern. Die vielen Rennen zehren an der Substanz. Ich weiß, dass der nächste Sturz der letzte sein kann." In diesem Jahr wird er deshalb an weniger Rennen teilnehmen. Den Championatstitel wird er so wohl nicht verteidigen können. "Das wird sehr sehr schwierig, aber das ist auch nicht das Ziel. Ich hab ihn ja schon vier Mal gewonnen. Ich will einfach nur Rennen gewinnen", sagt Minarik.

Als er und Guiri im Bavarian Classics auf die Zielgerade einbiegen, haben sie Plätze verloren. Das Favoritenduo Pedroza und Royal Youmzain liegt vorne gleichauf mit dem französischen Nachwuchsjockey Clément Lecoeuvre auf Jimmu. Während die beiden Hengste Kopf an Kopf in Richtung Ziellinie fliegen, kann Guiri nicht mehr mithalten, verliert Meter um Meter. Royal Youmzain erkämpft sich kurz vor der Ziellinie einen kleinen Vorsprung und kommt knapp vor Jimmu ins Ziel. Minarik und Guiri werden Siebte. Enttäuschung? Nicht für Minarik, er winkt an: "So was gibt es jeden Tag", sagt er, "jeden Tag."

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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