Spielzeug für Erwachsene:Dieser Mann entwirft Einhorn-Masken - nicht nur für Kinder

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Oliver Hering in seinem Raubtierzoo: Er designt und faltet Löwenmasken und Dinosaurierschädel, die man anziehen oder an die Wand hängen kann. (Foto: Florian Peljak)

Die Papierkunstwerke von Oliver Hering aus Schwabing werden mittlerweile deutschlandweit verkauft. Sie funktionieren ganz ohne Kleber.

Von Franziska Schwarz, München

Mit Schminke, wie sie die Bandmitglieder von Kiss verwenden, kann man sich gut verkleiden. Schmiert halt nur. Eine Maske aus Plastik eignet sich auch - nur kommt man dabei schnell ins Schwitzen. Eine blickdichte Strumpfhose oder eine Socke? "Als Kind bin ich auch mit einer Gorilla-Maske aus Latex herumgelaufen", sagt Oliver Hering. "Aber unter Papier kann man nicht nur leichter atmen. Papier ist ein super Werkstoff, mit dem man auch gut regional produzieren kann."

Der 46 Jahre alte Münchner entwirft Papiermasken. Er sitzt in Jeans und Kapuzenpulli in seinem Schwabinger Laden-Atelier an einem großen Computer-Bildschirm, Photoshop und diverse andere Programme sind geöffnet. An den Wänden ringsherum hängen ein Hirschkopf mit Geweih, ein Dinosaurier-Schädel und der gefiederte Kopf eines Seeadlers, alle in 3 D, alle aus Papier. Auf seinem Schreibtisch liegen mehrere Einhorn-Masken.

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"Dass ich für den Einhorn-Hype zu spät dran bin, war mir spätestens klar, als eine Einhorn-Schokolade auf den Markt kam", sagt er. Trotzdem sind die Einhorn-Masken gerade sein Ding. Für manches Design braucht der Maskenmann nur eine Woche, bei den Einhörnern waren es mehrere Monate. In der Zwischenzeit kam da schon eine Einhorn-Bratwurst von einem Hersteller aus Mecklenburg-Vorpommern auf den Markt. Doch Einhorn-Partys sind heute das, was früher Grusel-Parties waren: Sie bleiben eine ganze Weile. Im Kino läuft ja gerade der Film "My Little Pony".

Die Einhörner von Hering sind, wie all seine Tiermasken, abstrahiert, aber dennoch realistisch. Am Beispiel des Dinosaurierschädels führt Hering vor, wie er arbeitet. Die Skizze hat er im Naturkunde-Museum angefertigt. "Wenn man etwas zu zeichnen versucht, versteht man irgendwann auch seine Form." Dann macht er einen Scherenschnitt des Schädels, mit Augen- und Nasenlöchern, Nebenhöhlen und allem, was dazu gehört. Den Schädel spiegelt er einmal und verbindet beide Schablonen am Oberkopf. Wenn er das Papier jetzt zusammen biegt, sieht er, wo für das dreidimensionale Objekt noch Stücke fehlen. Die restliche Arbeit erledigt er am Computer.

Hering ist Autodidakt. Nach der Schule wollte er "etwas mit 3 D und Neuen Medien" lernen. Es war die Zeit, als Pixar mit "Toy Story" den ersten vollständig computeranimierten Kinofilm herausbrachte. Leider war Hering zu früh dran: Ein Studium oder eine Ausbildung in dieser Disziplin gab es in Deutschland nur an wenigen Orten. Er fing stattdessen als Praktikant bei einer Filmproduktionsfirma im Raum von Ingolstadt, seiner Heimatstadt, an.

Es dauerte nicht lange, bis er in Interface- und Screendesign tätig war und mit Bekannten eine eigene Firma in München gründete. Das ist jetzt 18 Jahre her. Große Konzerne rissen sich damals um Menschen, die fortschrittliche Internetauftritte bauen konnten. Es lief gut, wenn auch "eher antizyklisch." Die notwendige Software brachte er sich selbst bei, "es gab ja meterweise Handbücher", sagt er und deutet mit den Armen an, wie viele Bände so eine Einführung beinhalten konnte.

Hering verkauft in mehr als 30 Geschäften deutschlandweit

Dass er eines Tages auf die Idee mit den Masken kam, dafür war mehr oder weniger sein heute neunjähriger Sohn verantwortlich: Der sollte vor fünf Jahren beim Krippenspiel den Esel darstellen. Hering bastelte die Maske aus Papier. Das gefiel anderen, es gefiel ihm selbst, und inzwischen verkauft er seine - in einer Münchner Stanzerei in Auftrag gegebenen - Papiermasken online und in mehr als 30 Einzelhandelsgeschäften deutschlandweit.

In der Nachbarschaft war Hering bald als der "Löwenmann" bekannt, weil immer diese Löwenmaske in seinem Schaufenster hing. Es kaufen keineswegs nur Eltern für ihre Kinder ein. Neulich haben drei junge Männer mehrere Exemplare bestellt. Aber nicht mit Tierfelldruck - "der es für Kinder interessanter macht", so Hering - sondern in reinem Weiß. Kann gut sein, dass sie sich die Masken an die Wand hängen, als "Paper Trophies", so heißen die überdimensionierten Exemplare.

Es gibt etliche Anbieter solcher verspielter Trophäen im Internet. Hering legt Wert darauf, dass bei ihm nichts geklebt werden muss, sondern alles zusammengesteckt werden kann. Seine Arbeitsweise ähnelt dem japanischen Kirigami. Das erlaubt, anders als beim Origami, neben Falten auch das Schneiden des Papiers. Aber eben keinen Kleber - "der tropft und frustriert die Kinder, das weiß ich aus eigener Erfahrung."

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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