Schadstoffe in München:"Das Feinstaub-Problem haben wir mehr oder weniger gelöst"

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Allein auf der Theresienwiese trafen sich Tausende Münchner, um an Silvester Raketen abzuschießen und Böller zu werfen. (Foto: Catherina Hess)

Alljährlich werden an Silvester die Höchstwerte für Feinstaub weit überschritten. Doch das ist ein Ausreißer, weiß Münchens Umweltreferent Lorenz. Tatsächlich hat sich die Situation deutlich verbessert, nur die Kaminöfen bereiten ihm Sorgen.

Von Dominik Hutter

Der Höhepunkt war erwartungsgemäß zwischen Mitternacht und ein Uhr erreicht: 1025 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft meldete die Messstelle am Stachus als Silvesterrekord. Was viel ist und gleichzeitig wenig. Denn das EU-weit geltende Tageslimit liegt bei durchschnittlich 50 Mikrogramm - und kann bei solchen Ausschlägen längst nicht mehr eingehalten werden.

Allerdings war bei früheren Jahreswechseln noch deutlich mehr Dreck in der Atmosphäre: Im Staub der Böller und Raketen hat das Landesamt für Umwelt auch schon 1400 bis 1700 Mikrogramm in München gemessen. Dass der Wert diesmal harmloser ausgefallen ist, liegt laut Behördensprecher Stefan Zoller nicht an einer neuen Knaller-Bescheidenheit, sondern eher am Zufall: an der Nähe heftig böllernder Partygruppen zum Messcontainer.

Der alljährliche Silvesterrekord verdeckt ein wenig, dass sich die Feinstaubsituation in der Stadt deutlich verbessert hat. Nach den bisher vorliegenden Messwerten hielt - wie schon 2012 - selbst die Landshuter Allee im vergangenen Jahr die Grenzwerte ein. Allerdings nur nach einem Zugeständnis aus Brüssel: Inzwischen dürfen Tage, an denen viel Streusalz verwendet wird, aus der Sünder-Statistik getilgt werden. Mindestens sechs waren das laut Zoller im Jahr 2013. Macht bei 39 Überschreitungstagen einen Eintrag von 33 Tagen ins Register. Erlaubt sind maximal 35.

Ein Fünftel des Feinstaubs stammt aus dem Kaminofen

Für die Landshuter Allee, die nach Einführung der EU-Grenzwerte deutschlandweit zum Synonym für schlechte Luft wurde, ist das ein sehr gutes Ergebnis. Zum Vergleich: 2005 war die Luft noch an 107 Tagen schlechter als von Brüssel erlaubt, im Jahr darauf wurde das Limit 92-mal gerissen. 2011 hingegen waren es 48 Tage, im besonders feinstaubarmen Jahr 2012 gar nur 27. Ähnlich verlief die Entwicklung an den anderen Münchner Messpunkten. Der ebenfalls nicht gerade verkehrsarme Stachus kam 2013 auf 20 Überschreitungen - weniger als in Oberaudorf an der Inntal-Autobahn. Die Lothstraße meldete elf, Johanneskirchen nur acht. Die Salzstreutage noch gar nicht abgezogen.

Zudem stammt ein Gutteil der Überschreitungen aus einem einzigen, meteorologisch außergewöhnlichen Monat, berichtet Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne). Dem Dezember nämlich. Da war es in München ziemlich windstill, was den Luftaustausch verlangsamt. Lorenz vermutet zudem, dass das milde Wetter zum Heizen per Kaminofen animiert hat. Diese vergleichsweise archaischen Anlagen schicken deutlich mehr Schadstoffe in die Luft als moderne Heizsysteme.

Laut Lorenz hat eine Untersuchung des Landesamts ergeben, dass etwa ein Fünftel des gesamten Feinstaubs von romantischen Wohnzimmer-Feuerchen stammt. Er plant daher, die Vorgaben für Kaminöfen nochmals zu verschärfen: Eigentlich genießen Alt-Anlagen bis 2024 Bestandsschutz. Diese Frist will Lorenz auf 2018 verkürzen - vorausgesetzt, der Stadtrat stimmt dem im Januar zu. In der Anfangsphase könnten Zuschüsse den Neukauf moderner Öfen versüßen. Aktuell genügt nur ein Drittel der 60.000 Münchner Kaminöfen den eigentlich strengen Abgasvorgaben der Stadt.

Ein weiterer Schritt, um die Luft sauberer zu bekommen, ist das bereits bei der Staatsregierung angemeldete Tempolimit von 50 Kilometern pro Stunde auf der Landshuter Allee. Lorenz verspricht sich davon vor allem Auswirkungen auf die Stickstoffdioxid-Belastung: Um bis zu 15 Prozent lasse sich dieser Schadstoff reduzieren, wenn statt der jetzt üblichen 70 oder 80 nur noch 50 Sachen auf dem Ring gefahren werden.

Für Lorenz bildet ohnehin das vor allem aus Autoauspuffen stammende Stickoxid die Herausforderung der Zukunft. "Das Feinstaub-Problem haben wir mehr oder weniger gelöst", versichert der Referent. Beim Stickoxid dagegen sei es "aussichtslos", vor 2020 die Grenzwerte einzuhalten. Dies könne erst erreicht werden, wenn der Großteil der Autos die neue Schadstoffnorm Euro 6 erfüllt.

© SZ vom 03.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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