Roy:In der Kuschelecke der Stars

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Schrill und schräg: Im Roy feierten Stars wie Tina Turner, Chris de Burgh oder Peter Ustinov. Heute führt Wirt Günther Grauer die legendäre Bar weiter.

Matthias Kolb

Dem Neuling stockt erstmal der Atem. Als türme sich hinter der Tür eine unsichtbare Wand vor ihm auf, bleibt er stehen und blickt sich um. Auf den Fotos an den Wänden entdeckt er Udo Jürgens, Peter Ustinov sowie Siegfried & Roy, die schon vor ihm da waren. An einigen der sechs Tische wird Champagner getrunken, an der Mahagoni-Bar sind Bier und Cocktails beliebter und auf der kleinen Bühne tanzen mehrere Damen um die fünfzig ekstatisch zu "Dancing Queen".

Schrill, schräg, schön: Im Roy singt Günther Grauer gerne für seine Gäste. (Foto: Robert Haas)

Die letzten Abba-Takte ebben ab, dann greift ein dunkelhaariger Mann hinterm DJ-Pult zum Mikrofon. "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an", singt Günther Grauer und heizt die Stimmung weiter ein. Zu diesem Zeitpunkt hat der Neuling längst einen Drink in der Hand und angelt sich Erdnüsse aus den Gläsern mit dickem Goldrand: Willkommen im Roy, dem letzten Plüsch-Lokal Münchens.

Grauer stört dieses Etikett nicht: "Als ich den Laden Ende 2006 gekauft habe, war mir klar, dass ich nicht alles ändern wollte." Der 44-Jährige kam zunächst als Künstler in die Herzog-Wilhelm-Straße 30: In den neunziger Jahren gehörte "der singende Wirt vom Starnberger See" mit Guildo Horn und Dieter Thomas Kuhn zu den Protagonisten des Neuen Deutschen Schlagers. "Gemeinsam mit Petra Perle bin ich damals hier aufgetreten. So entstand der Kontakt zum Roy", berichtet Grauer.

Mit Roy meint Grauer jenen Mann, der die Bar zum "zweiten Wohnzimmer der Stars" machte. Luciano Pavarotti, Claudia Schiffer, Andrew Lloyd Webber - sie alle kamen zu Roy Dubowy, der 1978 das Café seiner Mutter Helene übernahm. "Ich hatte seit 1970 ein Bistro in der Volkartstraße, doch da war um ein Uhr morgens Schluss", erinnert sich der 61-Jährige. Als die Mutter ihr 1959 eröffnetes Café aufgeben wollte, zog der Filius um und änderte den Namen des Lokals.

Über dem Roy hatte damals die Plattenfirma Ariola ihren Sitz und dank Monti Lüftner kamen die ersten Promis zu Dubowy. Sie trafen auf einen perfekten Gastgeber: Alle vier Wochen wurde neu dekoriert. "Man muss die Neugier der Gäste wecken, sonst kommen sie nicht mehr", erklärt Dubowy sein Credo. Im Keller lagern bis heute die handgemalten Plakate, die Michael Jackson oder Tina Turner begrüßten, wenn sie nach Konzerten zu Dubowy kamen. Er habe "sehr viel Geld" investiert, doch Dubowy weiß: "Wenn man oben nichts rauswirft, kann unten nichts reinkommen."

Es landete einiges in der Kasse: Der Schaumwein floss in Strömen, zeitweise besaß Dubowy den größten Champagnerkeller des Landes. Er setzte auf hohe Qualität, veranstaltete Motto-Abende wie "Eine Nacht in Venedig" und hatte gute Ideen: Er bot bis vier Uhr morgens warme Gerichte an und holte erstklassige Künstler für seine "Dinner & Show"-Abende. Für seine Gäste tat er alles: Mit Ustinov fuhr er in Urlaub und Chris de Burgh, der seine Frau im Roy kennenlernte, machte Dubowy zum Taufpaten seiner Tochter Rosanna, die 2003 zur Miss World gekürt wurde. "Natürlich habe ich Autogramme organisiert. Aber mir war wichtig, dass die Stars zuerst in Ruhe essen konnten", erzählt Dubowy.

Dabei ist ihm eines wichtig: "Alle Gäste wurden gleich behandelt. Sie mussten sich nur anständig benehmen." Dies war laut Dubowy, der die Bar 1999 verkaufte und heute in Italien lebt, das Erfolgsgeheimnis: "Es funktioniert immer, wenn Jung und Alt gemeinsam feiern." Das weiß auch Günther Grauer: "Ich habe zahlreiche Stammgäste um die dreißig. Hinzu kommen noch viele, die schon zu Roys Zeiten hier waren." Er hat "die Diva Roy" vor vier Jahren in ein neues Zeitalter geführt: Die Mahagoni-Bar wurde sorgsam renoviert, Stromleitungen erneuert und die geschwärzten Lampen so lange poliert, bis sie wieder golden glänzten.

Zwar ist die Zeit der großen Stars vorbei, doch das Roy ist wieder bekannt im Münchner Nachtleben - gerade zur Wiesn-Zeit muss der Türsteher viele abweisen. Sonst passt dieser laut Grauer nur am Wochenende auf, dass von der Partymeile Sonnenstraße keine Betrunkenen in seine Bar taumeln.

"Jeder ist willkommen", versichert er, der in den Roy-News über sein Programm informiert. Freitags und samstags geht es oft um 19 Uhr mit Kabarettisten oder Entertainern los, dazu wird ein Menü angeboten. Gegen Mitternacht geht mit Songs wie "I will survive" oder "Einmal um die Welt" von Mary Roos die Party los, bei der ordentlich gebaggert wird.

"Ich mag diese Mischung", sagt Martin Schäfer. Der Hausverwalter kommt fast jedes Wochenende ins Roy, denn im Gegensatz zu anderen Clubs sei die Stimmung nie aggressiv und man komme leicht ins Gespräch. "Jeder Abend ist anders", berichtet der 35-Jährige, der selbst nicht nur Schlager mag. Auch hierfür habe Grauer eine Lösung gefunden, berichtet Stammgast Schäfer: "Wer nicht dauernd Udo Jürgens hören will, der kann sich mit dem iPhone an den DJ-Computer einwählen und selbst auflegen." Auch dies dürfte so manchen Neuling überzeugen.

© SZ vom 21.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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