Richterspruch zur Feierbanane:Wo niemand mehr wohnen soll

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Kneipenlärm - gehört zu einer Großstadt. Genauso wie Wohnungen in der Innenstadt, damit dort nicht nur tote Büroviertel entstehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Gibt es bald nur noch Büros und Geschäfte in Münchens Ausgehvierteln? Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass an der "Feierbanane" Wohnen nur ausnahmsweise erlaubt sei. Die Politik reagiert aufgeschreckt.

Von Dominik Hutter

Die Position des Verwaltungsgerichts, Wohnungen rund um die "Feierbanane" in der Münchner Altstadt seien wegen des Partylärms praktisch unvermietbar und dürften deshalb in Gewerberäume umgewidmet werden, sorgt für Unruhe in Politik und Verwaltung. "Unser politisches Ziel ist es, dass wir weiterhin Wohnungen in Innenstadtlagen haben", erklärte CSU-Fraktionschef Josef Schmid, der sich nicht vorstellen kann, dass es tatsächlich niemanden gibt, der sich in einem Kneipenviertel ansiedeln will. "Das gehört schließlich zu einer Großstadt mit dazu."

Auch der Mieterverein warnt vor Zuständen wie in Paris oder London, wo Mieter immer mehr gen Stadtrand gedrängt werden. Das Instrumentarium des Planungsreferats ist allerdings begrenzt: Um einen bestimmten Anteil an Wohnnutzung festzuschreiben, müssten für die Innenstadt Bebauungspläne ausgearbeitet werden. Und das, so Behördensprecherin Katja Strohhäker, würde viele Jahre in Anspruch nehmen.

Eine Münchner Hausbesitzerin hatte vor dem Verwaltungsgericht geklagt, weil ihr das Sozialreferat verboten hatte, eine angeblich unvermietbare Wohnung an der Ottostraße in Gewerberäume umzuwandeln. Zwar haben die Richter die Klage aus formalen Gründen abgewiesen. Die achte Kammer ließ allerdings durchblicken, dass sie den Bereich der "Feierbanane" als faktisches Kerngebiet betrachtet - Wohnen daher nur ausnahmsweise zulässig sei. Schlechte Karten also für die Stadt, die mit Verweis auf ihre Zweckentfremdungsverordnung auch in diesem Bereich möglichst viel Wohnraum erhalten will.

"Kerngebiet" ist ein Begriff aus der Baunutzungsverordnung und kennzeichnet ein Quartier, das "vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, Verwaltung und Kultur" dient. Klassisch Innenstadt also, und geht es nach den Münchner Rathauspolitikern, gehört auch das Wohnen untrennbar mit dazu. Das sieht die Verordnung jedoch anders: Wohnen könne nur "ausnahmsweise zugelassen werden" - das Gleiche gilt für den Betrieb von Tankstellen.

Allerdings bietet der Paragraf die Möglichkeit, "wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen", per Bebauungsplan im Kerngebiet einen bestimmten Wohnanteil je Gebäude festzuschreiben. Ein solches Regularium gibt es für die Ottostraße allerdings noch nicht.

"Wenn sich diese Haltung durchsetzt, weiß ich nicht, wie viele Wohnungen als nächstes unbewohnbar werden", bangt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, der notfalls alle Rechtsmittel ausschöpfen will, um Wohnraum in der Innenstadt zu erhalten. Auch Schmid fordert konkrete Vorschläge des Planungsreferats, wie mit der neuen Situation umzugehen ist - schließlich habe die Aussage des Gerichts "eine gewisse Präzedenzwirkung".

Anja Franz vom Mieterverein fürchtet, dass das Beispiel auch in anderen Ausgehvierteln Schule machen könnte. Irgendwann sei dann Wohnen in der Stadt nicht mehr möglich, weil alle Wohnungen zu Gewerbeeinheiten umgewidmet wurden.

FDP-Fraktionschef Michael Mattar hält die Lage für weniger dramatisch. Auch die Liberalen wollten verhindern, dass die Innenstadt zum toten Büroviertel werde - bei der Wohnung an der Ottostraße aber handle es sich um einen Einzelfall. Ähnlich sieht das Rudolf Stürzer vom Haus- und Grundbesitzerverein. "Man darf das nicht überbewerten."

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Denn eigentlich beobachte man gerade eine völlig entgegengesetzte Entwicklung: Dass nämlich immer mehr Immobilienbesitzer ihre Gewerberäume zu Wohnräumen umwidmen wollen. "Die Nachfrage nach Wohnungen ist momentan viel stärker als die nach gewerblichen Räumen."

© SZ vom 16.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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