Rechtsanwalt verklagt Türsteher:Frauen bevorzugt

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Ein Münchner Rechtsanwalt verklagt den Wirt des Café am Hochhaus, weil er vom Türsteher abgewiesen wurde. Er fühlt sich diskriminiert.

Ekkehard Müller-Jentsch

"Für die Zukunft werde ich nicht dulden, dass Männer nicht in Ihr Cafe dürfen, weil sie Männer sind." Mit markigen Worten fordert ein Münchner Rechtsanwalt Recht. Und Geld will er auch, wenigstens 1500 Euro. Diesen Betrag verlangt er als Entschädigung dafür, dass er an einem Abend im vergangenen Juli vom Türsteher des Cafés am Hochhaus abgewiesen wurde - nur, weil er ein Mann ist. Und wenn der Wirt weiterhin männliche Gäste benachteiligen sollte, soll er dafür mit bis zu 250 000 Euro Ordnungsgeld büßen, oder mit einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Das fordert der Anwalt in seiner Klage gegen den Gastronomen Michael Dietzel, über die im Januar verhandelt wird.

Wer ins Café am Hochhaus darf, entscheidet der Türsteher - die Abgewiesenen nehmen das nicht immer mit Gleichmut auf. (Foto: Foto: Rumpf)

Seit 2006 gibt es in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, früher auch Antidiskriminierungsgesetz genannt. Das Ziel ist klar: Es soll Benachteiligungen etwa wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Behinderung verhindern. Dieses Gesetz betrifft zwar vor allem die Arbeitswelt, doch es gibt auch Paragraphen für den normalen Alltag.

An jenem Freitag im vergangenen Sommer, kurz vor Mitternacht, passierte eigentlich nichts besonderes: Ein Türsteher wies zwei Männer ab, die ein Nachtlokal besuchen wollten. Er müsse sehen, "dass nicht so viele Männer rein kommen", soll der Zerberus gesagt haben. So schildert es der Anwalt. Er habe damals mit einem Kollegen im Café am Hochhaus den Abend ausklingen lassen wollen. Die stattdessen erlittene Abfuhr stellt in seinen Augen eine "Diskriminierung wegen des Geschlechts dar". Mit seiner Antidiskriminierungsklage will der Jurist eine "abschreckende Wirkung erzeugen". Dietzels Lokal sei eine traditionelle Bar in München, deren Personal "nachdrücklich vor Augen geführt werden muss, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts in einer modernen Gesellschaft nichts zu suchen hat", schreibt der Jurist in seiner Klage.

Dass er damit durchaus Erfolg haben könnte, schließen auch erfahrene Juristen nicht aus. Immerhin heißt es im Paragraphen 19 des AGG, dass "eine Benachteiligung aus Gründen . . . des Geschlechts" auch bei alltäglichen zivilrechtlichen Geschäften unzulässig sei. Münchens Türsteher-Szene könnte mit einem solchen Musterurteil einpacken.

Wirt Dietzel setzt seine ganze Hoffnung auf einen anderen Abschnitt des Gesetzes. Darin wird unterschiedliche Behandlung erlaubt, wenn sie etwa "der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient". Der Türsteher habe in Wirklichkeit auch etwas anderes gesagt, als der Anwalt behauptet, sagt der Wirt. Nämlich: "Die Bar ist derzeit überfüllt und der Männeranteil ist gerade zu hoch - bitte kommt später wieder." Daraufhin habe der Jurist in aggressivem Tonfall erklärt, dass diese Zutrittsverweigerung in Verbindung mit dem Hinweis auf sein männliches Geschlecht geltendes Recht verletze.

Doch die Aufgabe der Türsteher sei es, bei der Auswahl der Gäste darauf zu achten, dass eine angenehme und freundliche Atmosphäre im Lokal entstehe, erklärt Dietzel. "Daher achten sie darauf, dass der Männer- und Frauenanteil in der Bar ungefähr gleich hoch ist." Das diene der Vermeidung von Gefahren: "Wenn sich in einer Bar deutlich mehr Alkohol konsumierende Männer befinden, können von ihnen leicht Aggressionen, Belästigungen oder sexuelle Übergriffe ausgehen."

An diesem Abend sei das Hochhaus-Café mit rund 100 Gästen nahezu überfüllt gewesen - "die unterschiedliche Behandlung war also sachlich gerechtfertigt". Der Türsteher habe deshalb die Anweisung gehabt, bevorzugt Frauen einzulassen, wenn andere Gäste gehen. "Der männliche Anteil war zu diesem Zeitpunkt nämlich viel höher als der Frauenanteil."

Die ungewöhnliche Klage, die entweder das Nachtleben verändern oder auch wie das Hornberger Schießen ausgehen kann, wird am 20. Januar vor einer Richterin im Amtsgericht verhandelt.

© SZ vom 2.1.20109 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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